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Depressive Menschen erleben eine grosse Not. Für das Umfeld ist oft kaum nachvollziehbar, was mit der betroffenen Person geschieht. Die Veränderungen lösen bei Angehörigen Verunsicherung und Hilflosigkeit aus.
Wir alle kennen Tage, an denen uns die Decke auf den Kopf fällt oder an denen wir ohne erkennbaren Grund verstimmt und niedergeschlagen sind. „Ich bin heute richtig depressiv“, sagen wir dann gerne. Doch erst, wenn von zehn bestimmten Symptomen vier erfüllt sind, spricht der Arzt von einer leichten Depression. Wenn sechs erfüllt sind von einer mittelschweren und wenn acht Symptome vorliegen von einer schweren Depression. Dazu muss dieser Zustand mindestens zwei Wochen hinweg konstant vorhanden sein.
Depressive Menschen verlieren das Interesse und die Freude an fast allen Aktivitäten. Sie fühlen sich leer und tief traurig; in ihnen ist es nur noch dunkel. Dieser Gefühlszustand kann begleitet sein von heftigem Weinen, das nicht mehr aufhören will. Manche fühlen sich trotz der Leere innerlich rastlos. Die Gedanken kreisen unaufhörlich und werden schwer: Betroffene sehen alles schwarz, das heisst, ihre Gedanken sind von negativen Erwartungen geprägt, von Selbstkritik und Wertlosigkeit. „Ich schaff es nicht! Ich bin ein Versager, ich müsste doch funktionieren!“ Sie verlieren sich in irrationale Vorstellungen, die zu Ängsten führen können. Meist treten Todeswünsche oder auch Selbstmordgedanken auf.
Auch am Körper drückt sich die Depression aus: Grosse Müdigkeit und Kraftlosigkeit; die Haltung bleibt gebeugt, der Gang schleppend. Der Appetit und das Interesse an Sexualität gehen verloren. Es können Schlafstörungen, Verdauungs- und Herzbeschwerden auftreten. Oft sind stark ausgeprägte körperliche Symptome der Grund, warum Betroffene den Hausarzt aufsuchen; doch nicht immer werden diese dann als Symptome einer Depression erkannt. Für depressiv Erkrankte ist ihr eigener Zustand so schwer, dass sie sich sozial isolieren und sich oft auch von Freunden und Verwandten zurückziehen.
Oder wir sehen Elia, wie er sich kraftlos und zerschlagen unter einem Ginsterstrauch verkriecht. Er macht sich selber Vorwürfe und am liebsten möchte er sterben: „Es ist genug. Herr, nimm mein Leben hin! Denn ich bin nicht besser als alle meine Väter!“ (2. Könige, Kapitel 19, Vers 4) Wenn gläubige Menschen an einer Depression erkranken, leiden sie nicht nur an den allgemeinen Symptomen. Für sie kommt erschwerend hinzu, dass auch der Glaube, der sie sonst trägt, durch die Depression verdunkelt wird. Oft bringen sie ihren Zustand mit ihrem veränderten Glaubenserleben in Zusammenhang. Die für die Depression typische Selbstkritik und die verstärkten Schuldgefühle werden vor Gott als sehr belastend erlebt: „Ich tue ja nichts mehr für Gott. Ich habe keine Kraft mehr zum Bibellesen und Beten.“ Sie spüren Gottes Gegenwart nicht mehr. Das Gefühl, von Gott verlassen zu sein, macht alles schlimmer. Dies kann zum Verlust jeglicher Glaubensgewissheit führen.
Man weiss heute, dass die Anfälligkeit für depressive Reaktionen durch erbliche Faktoren begünstigt sein kann. Doch braucht es noch weitere Faktoren, die schliesslich zu einer Depression führen. Fast immer spielen starke Belastungssituationen oder lang andauernde Belastung eine Rolle. Zum Beispiel, wenn die emotionalen und physischen Kräfte über Jahre bis zum Limit gefordert wurden. Begünstigt wird das durch eine Einstellung, alles perfekt im Griff haben zu müssen. Wenn nun im sozialen Umfeld zusätzliche Stresssituationen gleichzeitig auftreten, sind die Ressourcen erschöpft und es kommt zum depressiven Einbruch.
Die gute Nachricht lautet: Es gibt Hoffnung – es gibt Wege aus der Depression. Diese können zwar anstrengend und sehr verschieden sein. Aber man weiss heute, welche Schritte hilfreich sind.
Vielleicht haben Sie schon einmal einen betroffenen Menschen im Loch der Depression erlebt: Er ist kaum ansprechbar und für gutes Zureden nicht empfänglich. In solchen Situationen kommt ein therapeutisches Grundprinzip zur Anwendung: Je schwerer ein Mensch betroffen ist, desto „körpernaher“ muss die Hilfe sein. Zum Beispiel Freiraum schaffen für Essen, Trinken und Schlafen. So handelte Gott auch an Elia (nachzulesen in der Bibel in 1. Könige, Kapitel 19, Vers 6).
Körpernah heisst in der Regel auch: Darreichen von Antidepressiva, welche der Arzt verschreibt. Antidepressiva sind keine „Drogen“, die eine „künstliche“ Freude herstellen. Auch eine Einnahme über längere Zeit macht nicht süchtig. Sie wirken ausgleichend auf den Stoffwechsel bestimmter Wirkstoffe in unserem Gehirn, der bei einer Depression durcheinander geraten ist. Antidepressiva bilden somit eine Art „Stützverband“, bis unser Körper die natürliche Balance selber wieder herstellen kann. Sie sind eine Gabe Gottes, durch die er uns in solchen Zeiten seinen Beistand zukommen lässt.
Auch für die geistliche Begleitung im Loch der Depression gilt: Gottes Zusagen müssen mehr zeichenhaft über die Sinne vermittelt werden als mit vielen Bibelworten. Der Betroffene soll spüren: „Gott bleibt bei dir, auch wenn du nicht einmal mehr zu beten vermagst. Du bist und bleibst sein Kind!“ Im Loch begleiten heisst auch, mit dem Betroffenen sein, bei ihm sitzen, meist schweigend; ihn vielleicht umarmen, für ihn beten, für ihn hoffen, für ihn da sein und für ihn glauben!
Wichtig wird jetzt auch die Bewegung. Möglichst täglich eine halbe bis dreiviertel Stunde so gehen oder leicht joggen, dass der Puls etwa 130 Schläge erreicht. Auch hier können Begleiter unterstützend wirken und die gewonnene Beziehung verstärken. Eine gute Beziehung zu den Wegbegleitern ist auch deshalb wichtig, weil dies zusätzlich zu den notwendigen Medikamenten helfen kann, schwere Gedanken an Selbstmord oder daran, sich selbst zu schädigen, zu überwinden.
Die Gedanken sind stark von typisch depressiven Denkmustern geprägt: Alles-oder-nichts-Denken, übertriebene Verallgemeinerungen, alles auf sich persönlich beziehen, usw. Nun geht es um Gedankenhygiene: das depressiv verzerrte Selbstgespräch bedarf der Korrektur. Ein schönes Beispiel dafür finden wir in einem Gebet von Dietrich Bonhoeffer: „In mir ist es finster – aber bei dir ist das Licht. Ich bin einsam – aber du verlässt mich nicht. Ich bin kleinmütig – aber bei dir ist Hilfe. Ich bin unruhig – aber bei dir ist der Friede. In mit ist Bitterkeit – aber bei dir ist Geduld. Ich verstehe deine Wege nicht – aber du weisst den Weg für mich. Gott, zu dir rufe ich!“
Bonhoeffer grenzt seine belastenden Gedanken ein und korrigiert sie dadurch, dass er ihnen bewusst die Realität Gottes entgegenhält. Ähnliches finden wir auch in der Bibel. In Psalm 40, Vers 18 sagt der Beter: „Ich bin arm und elend.“ Doch dann stoppt er das Verweilen bei diesem Gedanken und hält ihm entgegen: „Der Herr aber sorgt für mich.“ Für die Korrektur des depressiven Selbstgespräches ist wichtig, dass die spontanen Bewertungen identifiziert und festgehalten werden. Dann können sie bewusst hinterfragt und schliesslich neu formuliert werden. Dass dieser Prozess nicht im Loch der Depression geleistet werden kann, ist einsichtig.
Mit dem Ausklingen der Depression steht die Frage nach der künftigen Lebensgestaltung an. Dazu gehört die Klärung, welche Lebens- und Glaubenseinstellungen die Entstehung der Depression gefördert haben. Dies dient der Prävention, um nicht wieder ins gleiche Fahrwasser zu geraten. Ebenso wichtig ist das Entwickeln einer neuen Perspektive: Welche Lebensbereiche mehr Gewicht erhalten sollen und welche Aufgaben die betreffende Person künftig wahrnehmen möchte.