Im Gespräch mit dem Betreuer

Erwartungen älterer Patienten

Hinter jedem Gespräch und jeder Begegnung stehen bestimmte Erwartungen. Sie machen den Austausch nicht immer leichter. Umso wichtiger ist es darum, dass sich beide Seiten über ihre jeweiligen Einstellungen im Klaren sind.
Alter

Welche Erwartungen bringt der Patient mit, wenn er Rat sucht? Was bedeuten sie für den Arzt oder Betreuenden?

«Körperliche Besserung, längeres Leben»
bedeutet für die andere Seite,
dass sie sich einem Erwartungsdruck ausgesetzt sieht.

«Abwendung von Leiden und Tod»
bedeutet für die andere Seite,
dass vielleicht unrealistische Hoffnungen im Spiel sind.

«Aufmerksame Zuwendung, geduldiges Zuhören, gründliche Untersuchung»
bedeutet für die andere Seite,
dass sie sich viel sehr Zeit nehmen und viel Geduld aufbringen sollte, vor allem bei vergesslichen und umständlichen Patienten.

«Er wird mir helfen!»
bedeutet für die andere Seite
die Gefahr einer zu starken Abhängigkeit.

«Er lässt mich nicht im Stich! Bei ihm bin ich gut aufgehoben.»
bedeutet für die andere Seite,
dass sie mit dem Betreffenden längerfristig plant und einen Folgetermin rechtzeitig festlegt.

«Ich erhalte neue Zuversicht und werde wieder aufgemuntert.»
bedeutet für die andere Seite
eine Herausforderung an den eigenen psychischen Zustand und die Kraftreserven.

Erwartungen der Betreuenden

Umgekehrt haben natürlich auch die Betreuenden unausgesprochene Vorstellungen vom Patienten.

«Er wird sein Anliegen konzis und geordnet vorbringen.»
Dem gegenüber steht oft
eine Vergesslichkeit und Angst. Der Patient kann sich vielleicht nur umständlich und langsam äussern.

«Er wird mich nach angemessener Zeit wieder loslassen.»
Dem gegenüber steht oft
die Haltung: «Ich klammere mich an die Betreuenden, weil ich Angst habe, sie nähmen mich sonst nicht ernst genug.»

«Er wird meine Anweisungen genau befolgen.»
Dem gegenüber steht oft
mangelndes Vertrauen des Betreuten. Oder er vergisst die Ratschläge ganz einfach.

«Der Patient wird offen zu mir sprechen, wenn ich ihn dazu auffordere.»
Dem gegenüber steht oft
die Unfähigkeit gerade älterer Patienten, offen über ihr Seelenleben zu sprechen. Sie hatten das kaum je gelernt und haben darum Mühe, ihre Bedürfnisse und Probleme auszudrücken.

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Zum Dossier: www.depression.jesus.ch

Datum: 29.11.2004
Autor: Dr. med. Samuel Pfeifer
Quelle: seminare-ps.net

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