Gesund und glücklich – darum dreht sich doch alles. Und zwar jetzt, in diesem Leben. So sind wir unweigerlich Glückssucher, sehnsüchtig Ausschau haltend und haschend nach dem, was echt Sinn macht.
Die Glückssuche ist uralt, aber noch nie sassen so viele Menschen auf dem Karussell, das die hinreissenden Melodien spielt. Goldene Strände, phantastische Landschaften: Heute können wir (der kleine wohlhabende Teil der Weltbevölkerung) last minute auf andere Kontinente verreisen – oder aber uns in eine andere Person verwandeln, wenigstens virtuell. Für die wirklich Gutbetuchten sind Weltraumflüge im Angebot.
Den Traum leben
Komfortabel eingerichtet, folgen die einen dem TV-Traumschiff in paradiesische Häfen, die anderen steigen aus der Normalo-Existenz tatsächlich aus, um sich in der Gefahr, der Extrem-Erfahrung neu zu spüren. Die immer noch zunehmenden Möglichkeiten des Zeitvertreibs könnten begeistern – wenn nicht die Frage sich meldete, was das alles soll – und was davon bleibt.
Die Frage meldet sich erst leise, denn das Karussell dreht sich unaufhörlich; immer neue Kicks locken, lenken ab. Sie meldet sich lauter, wenn Freunde weggehen oder Beziehungen zerbrechen oder eine Krankheit angreift. War es das? Wir wenden uns nach innen, suchen Halt im Gebet oder meditieren. Das Angebot an spirituellen Büchern, Kursen und Konferenzen ist überwältigend. Ausgeglichenheit und mentale Balance sind hohe Ziele; wer sie konsequent anstrebt, dem winken bei allen Abbrüchen und Wechselfällen starke Glücksmomente.
Genuss als Droge
Ulrich Eibach
Gibt es auch zu viel des Guten? Der westdeutsche Ethiker Ulrich Eibach hat die Frage gestellt: Was wenn wir uns als Suchende überfordern? Kann man bei der Glückssuche krank werden? Krankhaft wäre, wenn alle Mitmenschen, auch unsere Liebsten, unserer Glückssuche dienen müssten, dafür instrumentalisiert würden. Oder wenn wir uns keine Ruhe gönnten, immer höhere Ziele, stärkere Erlebnisse oder feinere Genüsse anstrebten. Wenn in diesem Leben – in den Jahrzehnten, da ich fit bin – der Sinn durch Glückserlebnisse hergestellt werden muss, befinde ich mich auf der Rutschbahn zur Sucht.
Glück – oder Gerechtigkeit?
Gott will das Glück. Ihr Glück und meines. Dass wir im Kleinen etwas von bleibendem Wert realisieren und dass wir Sinn erleben – etwas, das uns nicht innerlich leer zurücklässt. Zugleich will er, dass Gemeinschaften und Völker einander helfen, menschlich zu leben und Hunger und Ausbeutung hinter sich zu lassen. Gerechtigkeit beginnt damit, dass wir nicht von uns aus – und nicht nur an uns – denken.
Jesus von Nazareth war kein Mensch der Moderne. Doch hat er vor zweitausend Jahren modellhaft diese Spannung ausgehalten: Die Popularität, die aus seinen Heilungswundern wuchs, und der Kreis vertrauter Freunde waren ihm nicht genug. Er wies sie an, die Botschaft von Gottes Güte, Vergebung und Nähe allen Menschen weiterzugeben und dabei klar zu sagen, was er selbst verkündigte: dass nur durch eine Umkehr zu ihm das vergebliche, sinnlose Leben überwunden wird. Schliesslich opferte er sich selbst auf für seine Botschaft, die auch das endgültige Nein Gottes zu Unrecht und Heuchelei beinhaltete.
Happiness im Staub
Für unsere Sinnsuche gibt der Weg von Jesus einiges her.
Für unsere Sinnsuche gibt der Weg von Jesus einiges her. In seiner Definition von Happiness kommt das Wort selbst bezeichnenderweise nicht vor: „Niemand hat grössere Liebe als wer sein Leben einsetzt für seine Freunde.“ Sein Glück fand er darin, den Willen des Vaters im Himmel auszuführen, auch wenn ihm, dem Wanderprediger, die steinigen, staubigen Wege zwischen Jordan und Mittelmeer Mühe bereiteten: „Meine Speise ist es, den Willen dessen zu tun, der mich gesandt hat, und sein Werk zu vollenden.“ Da war keine Suche nach Sinn in Ausnahme-Erlebnissen, sondern das tiefe Bewusstsein, dass Gott etwas Gutes durch ihn bewirken wollte. Jesus suchte intensiv die Nähe des Vaters, um seine Stimme zu hören und kraftvoll inspiriert zu werden. Anders hätte er nicht Gelähmte und Taubstumme heilen und Tote auferwecken können.
Über das Leben hinaus
Vor allem aber: Jesus war gewiss, dass er nach diesem Leben im Jenseits, bei Gott dem Vater, leben würde. Er konnte über die wachsenden Widerstände und den tödlichen Hass seiner Gegner hinaus auf das sehen, was zählt: dass Gott am Ende seines Wegs ihn zu sich nehmen würde. Im Brief an die Hebräer wird deutlich, dass er seine Auferweckung, Auffahrt und Inthronisierung im Himmel im Glauben vorwegnahm: „Wir wollen hinschauen“, schreibt der Autor, „auf den, der unserem Glauben vorangeht und ihn vollendet, auf Jesus, der im Blick auf die vor ihm liegende Freude das Kreuz erduldet, die Schande gering geachtet und sich zur Rechten des Thrones Gottes gesetzt hat.“
Worauf sind wir fokussiert? Wonach sehnen wir uns eigentlich? Was treibt uns an in der Sinnsuche? Es stimmt: Der Reichtum an schönen Erlebnissen ist ein wunderbarer Schatz, der uns über manches hinweghilft. Doch die Tür zum ewigen Leben mit Gott stösst er nicht auf. Das gelingt nur mit Jesus. Der treibt die Herausforderung auf die Spitze mit dem Satz: „Wer sein Leben retten will, wird es verlieren; wer aber sein Leben verliert um meinetwillen, wird es finden.“
Die Bibelzitate finden sich in Johannes, Kapitel 15, Vers 13; 4,34; Hebräer 12,2 und Matthäus 16,25.