Der mich liebt

Jesus im Blick

"Jesus sagt: Ich werde euch nicht verwaist zurücklassen; ich komme zu euch. Noch eine kurze Zeit, so sieht die Welt mich nicht mehr; ihr aber seht mich, denn ich lebe, und ihr werdet leben. An jenem Tage werdet ihr erkennen, dass ich in meinem Vater bin und ihr in mir und ich in euch. Wer meine Gebote hat und sie hält, der ist es, der mich liebt. Wer aber mich liebt, wird von meinem Vater geliebt werden, und ich werde ihn lieben und mich ihm offenbaren" (Joh 14,18-21).

Jesus will persönlich zu mir kommen.

Ich muss ihn nicht mit vielen Worten mühsam dazu überreden. Es ist offenbar sein eigenes innerstes Anliegen. Das will ich mir immer wieder bewusst machen, weil ich mich dieser zugesprochenen Tatsache keineswegs würdig fühle und deshalb leicht dem Irrtum verfalle, ich müsste dafür etwas tun und nachhelfen. Nein, ich darf zurücklehnen und ihn empfangen, oder besser: mich erinnern, dass er ja schon lange bei mir ist. Manchmal fühle ich mich fern von Jesus. Ein Gefühl von Leere erfüllt mich. Ich kämpfe jeweils nicht dagegen, weil das auf die Dauer ohnehin nichts bringen würde. Jedenfalls ist dies meine Erfahrung. Ich relativiere in diesen Situationen mein Gefühl, indem ich ihm das Versprechen von Jesus entgegenhalte. Er ist da; das muss genügen. Und es genügt auch. Wie oft bin ich schon allen Gefühlen von Leere und Zweifel zum Trotz gesegnet und gestärkt worden.

Das innere Jesus-Bild

Sein Kommen empfange ich zuerst in "blindem" Vertrauen aufgrund seiner Verheissung. Doch die Blindheit bleibt nicht. Ihr aber seht mich! Das tönt so selbstverständlich. Warum erlebe ich das noch nicht so alltäglich? Offenbar sind meine inneren Augen zu sehr gehalten und von vielerlei Eindrücken überlastet. Jesus vor Augen zu haben, das ist mir zur grossen Sehnsucht geworden. Deshalb suche ich mehr als früher einfach sein Angesicht, seine Gegenwart, und bedränge ihn nicht ständig mit all dem, was mich gerade beschäftigt, obwohl er dafür zweifellos grosses Interesse hat und mir auch gerne hilft. Ihn sehen heisst, dass ich sein Wesen und seinen Willen erkenne und in der Folge auch mich und meine Lebenssituation besser verstehen und deuten kann. Dieses innere Bild von Jesus hat keine klaren Gesichtszüge und auch kein bestimmtes Temperament. Das ist wohl auch richtig so. Und dennoch leitet es mich zunehmend in meinem Denken, Fühlen und Handeln und tut mir vor allem tief innen wohl.

Den Vater sehen

Die persönliche Liebesbeziehung zum dreieinen Gott ist und bleibt mir ein grosses Geheimnis. Dieses Ineinander von Vater, Sohn und mir kann nur der heilige Geist wirken und lebendig erhalten. Durch Jesus erkenne ich mehr und mehr den Vater, wie er wirklich ist. Das korrigiert mein verzerrtes Vaterbild und heilt die alten Vaterwunden, die ich noch mit mir herumschleppe und die mir den himmlischen Vater entstellen. Das betrübt und belastet nicht nur mich, sondern auch ihn. Deshalb ist Jesus unermüdlich daran, mir seinen Vater über alles lieb zu machen. Er will mit mir seinen geliebten Vater teilen, ihn nicht einfach für sich behalten (Johannes 20,17). Und dazu hat er durch seinen Geist in mir Raum eingenommen. Ich spüre, wie diese brennende Liebe von Jesus zu seinem Vater mich mehr und mehr ansteckt und mir eine ungeahnte Lebensdimension eröffnet.

Mit Liebe verbundener Gehorsam

Meine Gegenliebe soll sich im Gehorsam gegenüber seinem offenbarten Willen zeigen. Mich spricht diese Verbindung von Gehorsam und Liebe sehr an. Seine Liebe weckt in mir Vertrauen und Gegenliebe. Und diese Liebe erleichtert den Gehorsam. Wer sich als geliebt erfährt, kann leicht gehorchen. Im Gegensatz dazu fällt es schwer zu gehorchen, wenn man sich eingeengt und erniedrigt fühlt. Das kann nur zu Trotz oder zu unterwürfigem und resignativem Gehorchen führen. Jesus will, dass ich ihm gerne gehorche. Und ich tue es auch immer lieber, was mich selber sehr beglückt. Er wird mir sicher auch in neuen und vielleicht unangenehmen Situationen den freudigen Gehorsam aus Liebe erwecken.

Jesus zeigt sich

Jesus will sich mir offenbaren, oder anders übersetzt: mir zeigen, wer er ist. Es geht also noch einmal darum, ihn zu sehen. Offenbarung will mir Jesus in eine ganz bestimmte Situation hinein geben, indem er mir zeigt, wie sich seine Gegenwart auswirkt. Je länger ich als Christ lebe, umso bewusster wird mir meine Bedürftigkeit nach Offenbarung. Das Wort aus Sprüche 29,18a ist mir zur tiefen Überzeugung geworden: "Ohne Offenbarung verwildert das Volk" ("Gute Nachricht": "Ohne prophetische Weisung wird ein Volk zügellos".) Auch die christlichen Gemeinden und Werke werden zügellos und geraten ohne Offenbarung durcheinander. Offenbarung ist für mich kein Luxus, sie ist mir zur absoluten Notwendigkeit geworden. Obwohl ich mich nach wie vor als Anfänger fühle und mir der möglichen Fehlinterpretationen meinerseits voll bewusst bin, bitte ich Jesus um seine Offenbarungen. Er kennt ja mein Unvermögen und wird es entsprechend mitberücksichtigen. Das nimmt mir die Angst vor Fehlern - allen Enttäuschungen zum Trotz. Die beglückenden Erfahrungen machen mir Mut, gerade auch in den Alltäglichkeiten seine Offenbarung zu erwarten. Wie er es tun wird, ist allein seine Sache!

Datum: 26.03.2002
Autor: Rolf Lindenmann
Quelle: Bausteine/VBG

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