Neue Kraft für den Glauben

Das Geheimnis des aufgeweckten Jüngers

Sie schrecken aus dem Schlummer hoch und merken: Sie haben die «Stille Zeit» völlig verschlafen! Schuldbewusst blicken die Gefährten vor dem Meister auf den Boden. Dabei hatte er doch extra gesagt: «Bleibt wach und betet!» Aber die letzten Tage sind auch einfach ein bisschen zu viel gewesen. Der Meister hat sogar noch unverständlicher geredet als sonst manchmal. Es scheint gar, als bereite er sich auf seinen eigenen Tod vor! Aber was soll dann werden? Die Dinge spitzen sich zu, das spüren sie genau. Doch begreifen können sie nicht.
Gähnen

Dann kämpft Jesus den Kampf seines Lebens, als er in der Nacht mit dem Vater ringt, als ihn das Grauen packt vor der Erniedrigung, die ihm bevorsteht, vor der letzten und tiefsten Stufe seiner Passion, vor Schmerz, Gottverlassenheit und Tod.
Biblische Grundlage: Matthäus 26,36–46

Schlaf ist nicht alles

Gerne hätte er sie in dieser schweren Stunde an seiner Seite gehabt, seine engsten Vertrauten. Doch anstatt mit ihm auszuhalten, schlafen sie ein. Müde sind sie von Lammfilet und Rotwein, müde sind aber auch ihre Seelen aus lauter Sorge und Ungewissheit (vergleiche Lukas 22,45).

Müde Jünger. Damals – und heute. Hat die Müdigkeit körperliche Ursachen, wird sie in den meisten Fällen mit ausreichend Schlaf zu behandeln sein. Was aber tun bei geistlicher Müdigkeit? Wie kuriert man «Gebetskraftlosigkeit» oder «Gottesdienstunlust»? Oder andersherum gefragt: Was ist das Geheimnis des aufgeweckten Jüngers?

Das Geheimnis der Kraft

Die Antwort auf diese Fragen ist im Grunde altbekannt, und dennoch müssen wir sie manchmal ganz neu durchbuchstabieren: Das Geheimnis eines kraftvollen Christseins liegt in der engen Verbindung zu Jesus Christus. «Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viel Frucht, denn ohne mich könnt ihr nichts tun.» (Johannes 15,5) Also: Halten wir inne in unseren Programmen, verzichten wir auf all die Appelle, nun doch endlich wieder geistlich kraftvoll zu sein – und suchen wir die Verbindung zu Jesus, unserem gekreuzigten und auferstandenen Herrn.

Geistliche Müdemacher

Jedoch – ist dies nicht manchmal einfacher gesagt als getan? Hinderungsgründe gibt es genug. Über Ursachen geistlicher Müdigkeit sollten wir deshalb etwas genauer nachdenken:

Ganz oben auf der Liste der geistlichen Müdemacher stehen Wohlstand und materielle Sicherheit. Christen, die aus verfolgten Gebieten zu uns in den reichen Westen stossen, sind nicht selten erschüttert davon, wie bequem wir es uns gemacht haben und wie weit dadurch Gott schon aus der Mitte des Lebens verdrängt ist. Denn: Warum aus der Hand Gottes leben, wenn wir unser Leben auch selbst in die Hand nehmen können? Warum sich von Gott beschenken lassen, wenn wir uns die guten Dinge auch selbst kaufen können? Warum Geborgenheit bei Gott suchen, wenn wir uns auch selbst Sicherheiten aufbauen können?

Und so verliert der Glaube im Alltag an Bedeutung, wird zu einer «angenehmen Nebensache». Doch dabei ist geistliche Müdigkeit schon vorprogrammiert. Denn in einen solchen Glauben zu investieren lohnt sich nicht.

Klopf auf Holz

Neulich kam mir auf dem Bürgersteig vor dem Haus eine Passantin entgegen. Gleichzeitig fuhr ein Krankenwagen mit Blaulicht und Martinshorn vorbei. Und die Passantin sagte zu mir: «Klopf auf Holz, man ist ja nur froh, wenn man nicht selbst einmal in so einem Wagen liegt!»

Und wenn doch? Dann ist es gut zu wissen, wo man auch dann noch geborgen ist. Spätestens dann – aber meist schon viel früher – zeigt sich, ob wir auf trügerische Sicherheiten gesetzt haben oder auf den, der wirklich Halt gibt.

Der Braten wird verdaut

Beschäftigt mit der Verdauung des Bratens verschliefen die Jünger einen entscheidenden geistlichen Kampf. Bestimmt werden sie sich dafür später sehr geschämt haben. Vielleicht musste es aber auch so kommen, dass Jesus seine grösste Anfechtung allein meisterte. Für uns allerdings gilt die Warnung, dass wir uns nicht vom Wohlstand müde und schläfrig machen lassen. Denn dann wäre der geistliche Kampf um unsere Seele schon verloren.

Bitte mehr Distanz, Gott!

Geistlich müde werden wir auch, wenn Gott weit weg zu sein scheint, wenn der Weg zu ihm durch hohe Mauern versperrt zu sein scheint.

Doch so merkwürdig es klingen mag: Die Mauern haben wir selbst errichtet. Nämlich da, als wir Gott aus manchen Bereichen unseres Lebens ausschliessen wollten. Als wir auf Lieblingssünden nicht verzichten wollten. Als uns seine heilige Gegenwart bedrohlich erschien. Sicher: Eine Mauer hindert die Gemeinschaft. Aber war ein wenig mehr Distanz nicht das, was wir uns selbst gewünscht hatten?

Gott will uns befreien aus den Mauern, die wir um uns errichtet haben. Er vergibt gern und ermöglicht uns immer wieder einen neuen Anfang. Zum Beispiel einen neuen Anfang der Hingabe.

Warum lässt Gott das zu?

Auch nagende Zweifel können uns im Glauben müde machen. Zweifel, wenn wir Gott nicht verstehen, meinen, er tue nicht das Richtige. Warum erhört Gott mein Gebet nicht? Warum lässt Gott unverdientes Leid zu?

Die Jünger grübeln: Jesus wollte doch eigentlich ein Reich aufbauen, nun aber bereitet er sich auf seinen Tod vor! Wie kann das sein? Aber, wie schon Hiob lernen musste, der sein Leid nicht verstehen konnte: Gottes Pläne sind anders, grösser, sie sind für uns im wahrsten Sinne des Wortes unfassbar, bleiben uns manchmal ein Rätsel. Und dennoch: Gott ist da. In dieser gefallenen Welt bereitet er sein Heil vor und führt schliesslich alles zum Guten.

Das, was die Jünger für das Ende hielten, war bei Gott der Anfang. Jesus musste sterben, um für uns den Tod zu überwinden. Die scheinbare Niederlage war in Wirklichkeit der grösste denkbare Sieg.

Bleibt wach und betet

Jesus fordert seine Jünger auf: «Bleibt wach und betet!» Damals – und heute.
- Bleibt geistlich wach: Lasst euch nicht von schleichender Verweltlichung müde machen.
- Betet: Pflegt enge Gemeinschaft mit Jesus Christus, dem Gekreuzigten und Auferstandenen, dann wird er euch von Sünde reinigen und euch Kraft geben für jeden neuen Tag.

Autor: Julius Steinberg

Datum: 10.05.2005
Quelle: Chrischona Magazin

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