Mangel an Gottesfurcht

Lieber und heiliger Gott

«Ich erweise mich als der heilige Gott an denen, die mir nahen dürfen; und meine Macht und Hoheit zeige ich vor meinem ganzen Volk» (Die Bibel, 3 Mose, Kapitel 10, Vers 3b).
heiliger Gott

Isoliert betrachtet, wird uns dieses Bibelwort sicher erfreuen. Als Christen möchten wir ja noch viel mehr von Gottes Macht und Hoheit erleben. Doch Gott nimmt es genau. Im Zusammenhang des Textes kann uns dieses Wort erschrecken. Mose spricht es aus, nachdem kurz vorher die beiden älteren Söhne Aarons wegen eines ungehörigen Opfers durch ein Gottesfeuer getötet worden sind. Diese Begebenheit erinnert uns an die Ereignisse um Hananias und Saphira, wie sie in der Apostelgeschichte, Kapitel 5, Verse 1-12 berichtet werden. Offenbar nimmt es Gott sehr genau mit der Wahrheit und mit der Befolgung seiner Anweisungen – ganz besonders bei Verantwortungsträgern.

Wir reden heute gerne vom Gott der Liebe, der Vergebung, der Bewahrung und Führung – und dies mit vollem Recht. Gott rief ja Mose aus der Wolke auf dem Sinai zu: «Ich bin der Herr! Herr ist mein Name. Ich bin ein Gott voll Liebe und Erbarmen. Ich habe Geduld, meine Güte und Treue sind grenzenlos» (2 Mose, Kapitel 34, Vers 6). Und wenn wir vom heiligen Gott reden, meinen wir sicher vor allem seine Würde, Vollkommenheit und Ewigkeit.

Fehlende Gottesfurcht

In unserer Gesellschaft stelle ich einen verbreiteten Mangel an Gottesfurcht fest. Man findet Gott allenfalls interessant und einer Diskussion wert – oder auch nicht. Falls man seine Existenz für möglich hält, hängt ein weiteres Engagement davon ab, ob man sich davon einen Gewinn an Lebensqualität versprechen kann. Ein Erschrecken über den Zustand des eigenen Herzens und über die Arroganz, wie man mit Gott umspringt, entdecke ich selten.

Nun frage ich mich, ob bei uns Christen nicht der gleiche Mangel – wenn auch in leichterer und frommer Form – zu finden ist. Ist Gott für uns wirklich noch der Heilige, der es mit seinen Geboten und Anweisungen noch immer sehr genau nimmt und keine vom Zeitgeist bestimmten Änderungen durchgehen lässt?

Leider gibt es gerade auch unter Christen viel falsche – von Menschen verursachte – Angst vor Gott, welche nichts mit echter Gottesfurcht zu tun hat. Gerade diese Tatsache mag uns leicht dazu verleiten, dass wir die zu fürchtende Seite von Gott eher verleugnen. Wenn wir nun selber die Furcht vor Gott verloren und ihn zu unserem lieben Kumpel degradiert haben, müssen wir dann nicht mit der Umkehr bei uns selber anfangen, damit die Nichtchristen wieder neu ein Vorbild für echte Gottesfurcht erhalten?

Gott ist und bleibt gnädig und barmherzig mit unseren Fehlern und unserem Versagen, sofern wir ehrlich damit umgehen und uns dazu bekennen. Wenn wir uns jedoch wissentlich und willentlich über seine Anweisungen und Lebensordnungen hinwegsetzen, müssen wir die Konsequenzen dafür tragen. In dieser Hinsicht ist mit Gott nicht zu spassen. Der schnelle Tod der Söhne Aarons und von Hananias und Saphira sind Zeichen am Anfang eines neuen Wegabschnittes und Bundes von Gott mit seinem Volk (Auszug aus Ägypten bzw. Entstehung der Gemeinde). Ich verstehe sie als abschreckende Beispiele, welche uns zur Warnung überliefert worden sind: «So nicht!» lautet Gottes Botschaft an die Betroffenen, die Zurückgebliebenen und an uns Bibelleser. Verstehen wir diese Warnung, und beherzigen wir sie auch genügend?

Gott ist kein Kumpel

Die Bibel will uns sicherlich keine Angst einjagen. Deshalb ist diese Warnung nicht an übermässig gewissenhafte und skrupulöse Menschen gerichtet, die sich ohnehin dauernd hinterfragen und sich laufend fromm überbieten müssen oder wollen. Wenn wir unser eigenes Gewissen jedoch durch Ungehorsam, willentliche Übertretungen und Relativierungen abgestumpft haben, müssen wir uns die Warnung gefallen lassen. Wir können beispielsweise nicht die biblische Ehe- und Familienordnung abändern, einfach weil uns das besser passt und in der Gesellschaft als normal betrachtet wird. Wir können uns gleichfalls nicht der Habgier anbiedern, nur weil sie auch in frommer Form zu haben ist.

Gott will unser Schöpfer, liebender Vater, Hirte und Erlöser sein, nicht aber unser Kumpel, den wir mit unseren Leistungen in irgend einem Bereich oder mit einem gelegentlichen Schulterklopfen zufriedenstellen können. Gehorsam ist besser als Opfer, das musste sich schon König Saul von Samuel sagen lassen (Die Bibel, 1 Samuel, Kapitel 15, Vers 22). Vielleicht will der Bericht über den jähen Tod von Nadab und Abihu in unserem Leben einen heiligen und heilsamen Schrecken auslösen, damit wir zu echter Gottesfurcht durchdringen. Dadurch wird uns der gnädige und barmherzige Gott keineswegs verdunkelt, sondern vielmehr grösser und realer.

Datum: 10.10.2012
Autor: Rolf Lindenmann
Quelle: Bausteine/VBG

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