Bindungsforscherin

Wie Kinder stark werden

Während sich Pädagogik und Psychologie mit den vielen Defiziten heutiger Kinder beschäftigen, zeigte eine Fachtagung der VBG, unter welchen Umständen sich Kinder positiv entwickeln können und zu Menschen mit einem gesunden Selbstvertrauen aufwachsen.
Positives Familienklima macht Kinder stark.

Die Hauptreferentin der Tagung, die Bindungsforscherin Monika Wertfein, untersucht am Staatsinstitut für Frühpädagogik in München das Verhalten von Kindern beim Eintritt in den Kindergarten. Aufgrund ihrer Erfahrungen schilderte sie am Wochenende vom 26. – 27. August 2011 in Basel, was Kinder in ihrer Entwicklung beeinträchtigt und was sie stark macht.

Positives Familienklima

Vor Fachleuten aus den Bereichen Pädagogik, Psychologie, Psychiatrie und Beratung wies Wertfein darauf hin, was Eltern tun können, um ihre Kinder «stark zu machen». Entscheidend sei ein positives Familienklima: Dieses sei von einer hohen «Positivität» geprägt, das heisst von einem guten Umgang mit Gefühlen, einem konstruktiven Umgang mit Konflikten und «Distress» sowie einem hohen familiären Zusammenhalt. Dies ermögliche, dass Kinder und Jugendliche mit ihren Erfahrungen und Fragen, welche sie beschäftigen, zu den Eltern kommen.

Weiter sei das Familienleben von der Feinfühligkeit der Eltern geprägt. Sie nehmen die Gefühle der Kinder wahr und interpretieren sie richtig. Sie vermitteln ihnen damit emotionale Sicherheit.

Monika Wertfein stellte dabei geltende Überzeugungen in Frage, wenn sie zum Beispiel sagte: «Man kann kleine Kinder nicht verwöhnen, indem man sich ihnen widmet, wenn sie schreien.»

Von den Vätern wünscht sie sich eine «väterliche Spielfeinfühligkeit.» Während die Mütter Schutz und Geborgenheit vermitteln, seien die Väter vor allem für die «Exploration» zuständig; sie helfen den Kindern spielerisch, die Umgebung und die Welt zu entdecken.

Zu einer gesunden Erziehung gehört laut der Bindungsforscherin ein «Emotionscoaching». Die Eltern vermitteln dem Kind vorerst: Alle Gefühle sind o.k., aber nicht jedes Verhalten. Ihre Aufgabe ist es, die Gefühle des Kindes wahrzunehmen und zu respektieren. Wenn sie einfühlsam zuhören, helfen sie dem Kind, seine Gefühle auszudrücken und zu benennen.

Auf dieser Grundlage können sie dem Kind auch helfen, seine Probleme zu bewältigen, aber auch Verhaltensgrenzen zu setzen. Sie sollen ihm dabei auch die Botschaft vermitteln: «Ich traue dir zu, dein Problem selbst zu lösen.»

Schliesslich fordert Wertfein die Eltern auch auf, von den Kindern zu lernen, zum Beispiel von der Unmittelbarkeit, mit der Kinder ihre Gefühle äussern. Sie sollten Gefühle als Beziehungskompass werten, aber auch das Staunen und die Neugier des Kindes wertschätzen.  

Was können Pädagogen tun?

Für die Pädagoginnen und Pädagogen ist es laut Wertfein wichtig, das Selbstbewusstsein der Kinder zu stärken, denn viele Verhaltensprobleme lägen in einem geringen Selbstwertgefühl des Kindes. Ihnen müsse geholfen werden, sich selbst zu akzeptieren. Pädagoginnen und Psychologen sollten auch die Selbstkompetenzen fördern.

Der Weg dazu führe über den Aufbau einer guten Beziehung gerade zu Kindern mit problematischem Verhalten. Das Lernen stehe unter dem direkten Einfluss der Beziehung zwischen Lehrperson und Kind. Gerade bei verletzlichen Kindern erleichtere eine sichere Basis aufgrund einer guten Beziehung das Lernen. Wenn die Beziehung stimme, lasse sich der Schüler auf die Lehrperson ein und frage auch um Rat und Hilfe.

Veranstaltet wurde die Fachtagung von den beiden Fachgruppen Psychologie und Pädagogik der VBG.


Datum: 31.08.2011
Autor: Fritz Imhof
Quelle: Livenet.ch

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