Alcopops

Einsteigerdroge für Kinder

Der Alkohol-Konsum unter Jugendlichen steigt. Jeder zweite 15jährige hatte schon zwei und mehr Rauschzustände. Untersuchungen zeigen, dass sogenannte Alcopops schon 11jährige ans regelmässige Trinken heranführen.
Trotz Verbot: Es gibt zahlreiche Berichte über die Abgabe von Alcopops an Kinder und Jugendliche.

Alcopops im engeren Sinne sind Mischgetränke aus Limonaden und Spirituosen. Sie enthalten deutlich mehr Alkohol als Mischungen von Limonaden mit Bier. Das Wort «Alcopop» setzt sich zusammen aus den englischen Begriffe „alcohol" und „pop" für „sprudelndes Getränk".

Was im einzelnen darunterfällt, ist nicht einheitlich definiert. Auch Premix-Getränke, Partydrinks oder RTDs (Ready to Drinks) werden darunter gezählt. Die meisten alkoholhaltigen Limonaden werden fertig gemixt angeboten.

Problematisch sind Alcopops vor allem deshalb, weil ihr Alkoholgehalt durch die Süsse und das saftartige Aroma kaum wahrgenommen wird und ihre Werbung und Aufmachung vor allem Jugendliche anspricht.

Rasant steigender Konsum

Seit 1993 gibt es die sogenannten Alcopops auch in Europa. Sie werden auch in Deutschland immer beliebter, vor allem bei Jugendlichen. Schon im Jahr 2003 haben die 14- bis 19-Jährigen am meisten davon konsumiert (4), und zwar fast fünfmal soviel wie noch 1998. Der Absatz dieser Mischgetränke in Deutschland hat sich allein zwischen 2002 und 2003 verdoppelt (8).

Was genau fällt darunter?

Zwei Gruppen von fertig gemixten Mischgetränken lassen sich unterscheiden:

Limonaden mit Zusatz von destilliertem Alkohol in Form von Spirituosen, z. B. Tequila, Rum,Wodka oder Whisky. Hierzu zählen beispielsweise die Produkte Bacardi Breezer und Rigo, Smirnoff Ice und Puschkin Vibe. In einigen Ländern gibt es auch Alcopops, deren Alkoholanteil aus vergorenem Fruchtsaft stammt (fermentierter Alkohol).

Biermischgetränke, die geschmacklich so verändert wurden, dass der säuerliche Gerb- bzw. bittere Hopfengeschmack durch einen süssen Geschmack überdeckt wird. Häufig erfolgt ein Zusatz von Limonaden mit Zitronen-, Orangen- oder Colageschmack. Als Beispiele seien Karlsberg Mixery, Köstritzer bibop und Veltins V+Lemon/V+Cola genannt.

Der Markt entwickelt sich rasch. In Grossbritannien erfreuen sich alkoholische Getränke mit angeblich aphrodisierenden Kräutern, so genannte Viagrapops, derzeit grosser Beliebtheit. Dort sind ebenfalls bereits die ersten „Light"- bzw. Diät-Varianten mit reduziertem Energiegehalt erhältlich.

Schwacher Jugendschutz

Limonaden mit Zusatz von destilliertem Alkohol gehören zu den branntweinhaltigen Getränken. Diese dürfen laut Deutschem Jugendschutzgesetz (§ 9) an Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren weder abgegeben noch darf ihnen der Konsum gestattet werden. Biermischgetränke dürfen nicht an unter 16jährige abgegeben werden, ausser sie werden begleitet von einem sorgeberechtigten Erwachsenen.
In der Realität werden diese Bestimmungen selten eingehalten. Es gibt zahlreiche Berichte über die Abgabe von Alcopops an Kinder und Jugendliche (5, 11, 12 im untenstehenden Literaturverzeichnis). Nach heftiger Kritik an den Herstellerfirmen haben einige angekündigt, ihre spirituosenhaltigen Produkte freiwillig mit dem Hinweis „ab 18 Jahren" kennzeichnen zu wollen.

Deklarationspflichten

Ein Alkoholgehalt von über 1,2 Volumen-Prozenten muss auf der Dose oder Flasche vermerkt werden; ebenso der Zusatz von Antioxidanzien, Farb-, Konservierungs- und Süsstoffen. Bei einem Koffeingehalt von mehr als 150 mg pro Liter ist der Warnhinweis „hoher Koffeingehalt" erforderlich sowie die genaue Angabe der Menge. Eine genaue Zutatenliste ist nur für Getränke auf Basis von Bier vorgeschrieben, nicht für Spirituosen-Mixgetränke.

Wer trinkt wie häufig?

In den Jahren 2001/02 wurde in 35 Ländern Europas und Nordamerikas sowie in Israel die Untersuchung «Health Behaviour in School-aged Children (HBSC)» durchgeführt. Man befragte dafür über 5000 Kinder und Jugendliche zwischen 11 und 15 Jahren.
Für Deutschland zeigte sich, dass in dieser Altersgruppe Alcopops nach Bier die beliebtesten alkoholischen Getränke sind; sie wurden von 10,6 Prozent der Jungen und 6,7 Prozent der Mädchen regelmässig konsumiert, das heisst täglich oder mindestens einmal wöchentlich; Wein und Sekt sowie Spirituosen deutlich seltener.

Bei den 11jährigen zeigte sich ein etwas anderes Bild. Wer unter ihnen regelmässig Alkohol trank, griff viel häufiger zu Alcopops als zu Bier. Diese Mischgetränke führen also Kinder und Jugendliche, denen Bier oder harte Spirituosen sonst nicht schmecken würden, an den Alkohol heran. Das ist auch der Grund, warum Mädchen beim Alkoholkonsum gegenüber Jungen aufholen.

Und der wächst insgesamt weiter. Schon Ende 2003 trank knapp die Hälfte der 14- bis 17jährigen mindestens einmal pro Monat Alcopops, gefolgt von Bier (35 Prozent), Wein bzw. Sekt (24 Prozent) und Spirituosen (22 Prozent). Die höherprozentigen Mischgetränken sind in dieser Gruppe beliebter sind als Bier- oder Weinmischungen (5).

Saufen wurde salonfähig

Wegen der Alcopops hat seit 1993/1994 hat der regelmässige Alkoholkonsum unter den 13- und 15jährigen ständig zugenommen. Immer mehr von ihnen betrinken sich. Bereits 2001/2002 hatte fast die Hälfte der 15jährigen Jungen und ein Drittel der Mädchen schon mehr als zweimal in ihrem Leben einen Alkoholrausch durchgemacht. (9)

Jeder fünfte Jugendliche zwischen 14 und 19 hatte im Jahr 2003 in den letzten 30 Tagen an mindestens einem Tag fünf oder mehr Flaschen Alcopops konsumiert, sprich: einen Alkoholrausch provoziert, 11 Prozent sogar an drei und mehr Tagen.

Literatur:
(1) A. Bornhäuser, Alkoholabhängigkeit bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Huber, Bern (2001)
(2) G. Buhringer et al., Alkoholkonsum und alkoholbezogene Störungen in Deutschland. Band 128. Schriftenreihe des Bundesministeriums für Gesundheit (Hrsg.). Nomos, Baden-Baden (2000)
(3) Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR). Alkoholhaltige Mischgetränke mit Koffein und koffeinhaltigen Zutaten. Stellungnahme des BfR vom 19. Aug. 2003
(4) Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklarung (BzgA). Bekanntheit, Kauf und Konsum von Alcopops in der Bundesrepublik Deutschland 2003. Ergebnisse einer repräsentativen Befragung. Köln (2003a), URL: http://www.bzga.de/bzga_stat/studien/material/Alcopops_Endbericht.pdf Zugriff Januar 2004
(5) Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklarung (BzgA). Bekanntheit, Kauf und Konsum von Alcopops bei Jugendlichen 2003. Ergebnisse einer Repräsentativbefragung bei Jugendlichen im Alter von 14 bis 17 Jahren. Köln (2003b), URL: http://www.bzga.de/bzga_stat/studien/material/Alcopops_Jugendliche.pdf, Zugriff Januar 2004
(6) Deutsche Gesellschaft für Ernährung, Österreichische Gesellschaft für Ernährung, Schweizerische Gesellschaft für Ernährungsforschung, Schweizerische Vereinigung für Ernährung (Hrsg.): Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr. 1. Auflage. Umschau/Braus, Frankfurt am Main (2000)
(7) H. Kasper: Ernährungsmedizin und Diätetik. Urban & Fischer, München (2000)
(8) Lebensmittel-Zeitung. Alcopop-Party vor dem Aus. LZ 48 vom 28. Nov. 2003, S. 36
(9) M. Richter, W. Settertobulte: Gesundheits- und Freizeitverhalten von Jugendlichen. In: Jugendgesundheitssurvey. Hurrelmann K, Klocke A, Melzer W, Ravens-Sieberer U (Hrsg.), Juventa Verlag,Weinheim (2003)
(10) SW. Souci, W. Fachmann, H. Kraut: Die Zusammensetzung der Lebensmittel. Nährwerttabellen. 6. Auflage. medpharm Scientific Publishers, Stuttgart (2000)
(11) WDR-Sendung «Monitor» vom 10. Juli 2003. Designerdrinks für Kinder und Jugendliche.  Zugriff am 08. Jan. 2003
(12) WDR-Sendung «Servicezeit» vom 22. Okt. 2003. Rauschtrinken: Jugendliche und Alkopops.  Zugriff am 08. Jan. 2004
(13) M. Burger, A. Brönstrup, K. Pietrzik: Alkoholkonsum und Krankheiten: Abschlussbericht zum Forschungsvorhaben im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit (Hrsg.). Nomos, Baden-Baden (2000)


Quelle: DGE, Deutsche Gesellschaft für Ernährung

Bearbeitung: Livenet

Datum: 14.09.2009

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