Das leere Nest oder

Auf einmal sind sie flügge

Wenn die Kinder das Haus verlassen, ist das für die Eltern meist ein schmerzliches Erlebnis. Das leer gewordene Nest bietet aber auch die Möglichkeit, das eigene Leben und die Beziehung neu zu gestalten.
WG-Leben: oft die erste Station nach dem Auszug aus dem Elternhaus.
Leerstehendes Zimmer nachdem die Kinder flügge geworden sind.

Anna (20) packt ihre Sachen. Sie studiert in Basel und hat dort in einer WG ein Zimmer gefunden. Lange umarmt sie ihre Mutter, küsst ihren Vater auf die Wange und geht langsam die Treppe hinunter. Unten auf der Strasse winkt sie noch einmal lachend und steigt ins Auto ihres Freundes. Dann ist sie weg. Mutter und Vater stehen immer noch am Fenster und wischen sich die Tränen aus den Augen.

 

Verlustgefühle

Das Nest ist nun leer; die Tochter hat die Wohnung verlassen. Was bleibt, sind Verlustgefühle und eine tiefe Traurigkeit. Doch die Mehrheit der Mütter akzeptiert den Auszug der Kinder und nutzt den neuen Freiraum gerne für persönliche Interessen, wie neuere Forschungen gezeigt haben.

Wie gut das gelingt, hängt stark davon ab, wie zufrieden die Mutter schon vorher war. Frauen, die bereits während der Elternzeit berufstätig waren, können erwiesenermaßen besser loslassen. Sie trauern weniger lang über den Auszug der Kinder als Hausfrauen. Ihre Bindung zu den Kindern war im großen und ganzen weniger intensiv.

Was wird aus mir?

Frauen, die ihr Leben ganz den häuslichen und familiären Aufgaben gewidmet haben, stehen deutlicher vor der Frage: Was will ich eigentlich? Wer braucht mich jetzt noch? Schwierige Fragen stellen sich in diesem Lebensabschnitt, und niemand gibt Antwort. Einerseits freuen sich die Mütter über die Entlastung und die endlich einkehrende Ruhe. Andererseits vermissen sie den kindlichen Überschwang und das liebenswerte Chaos aus Kinderzeiten.

Neue Plattform für Gespräche

Damit ein Paar nach dem Auszug der Kinder wieder zu einer glücklichen Beziehung findet, ist es wichtig, daß sie alles neu miteinander absprechen. Nach Jahren beruflicher und finanzieller Enge und den Herausforderungen durch pubertierende Jugendliche müssen Paare sich und ihr Leben neu entdecken dürfen. Wichtige Themen sind in den vergangenen Jahren kaum diskutiert worden oder ganz verlorengegangen. Jetzt ist die Gelegenheit, um wieder wesentliche Gespräche zu führen. Doch wappnen Sie sich am besten schon im voraus für diese Zeit der Ablösung.


Tipps für die Partnerschaft

  • Pflegen Sie das Gespräch mit dem Partner, noch während die Kinder zu Hause sind.
  • Suchen Sie sich mit dem Partner ein gemeinsames Hobby, das sich ausbauen lässt, wenn Kinder ausfliegen.

  • Überlegen Sie zusammen, welche neuen Welten sich ohne Kinder auftun: Gemeinsames Reisen, ein Cabrio anstelle eines Kombi, mehr Ruhe beim Bibelstudium, spontane Besuche bei Freunden, regelmässige Theater- und Konzertbesuche usw.

Tipps für Familienfrauen

  • Versuchen sie schon während der Erziehungsphase, teilzeitlich einer Tätigkeit ausserhalb des Hauses nachzugehen: im Beruf, in der Gemeinde, in der Schulpflege usw.

  • Bauen Sie diese Tätigkeit sogleich aus, wenn die Kinder ausziehen.

  • Bereichern Sie noch vorher Ihr Leben mit den Interessen, die Ihnen wichtig sind: Bücher, Kino, Freundinnen, Sport, Bildung usw. Darauf werden Sie bald aufbauen können.

  • Suchen Sie einen Berufsberater auf. Er zeigt Ihnen andere Perspektiven und rät Ihnen unter Umständen zu einer passenden Weiterbildung. - Horchen Sie in Ihr Inneres: Wie sehen Ihre Träume aus?

Tipps für Eltern und Kinder

  • Erkennen Sie die Autonomie Ihres flügge gewordenen Kindes unbedingt an. Das ist sehr wichtig für eine gesunde Beziehung zwischen Ihnen beiden.

  • Unterstützen Sie Ihr Kind auch weiterhin mit kleinen Finanzspritzen und praktischen Hilfen wie Wäsche waschen usw.; natürlich im richtigen Mass ....

  • Seien Sie zurückhaltend mit Ratschlägen. Wenn Eltern erkennen, dass Ihnen die Kinder durchs Ausfliegen nicht verlorengehen, sondern jeder neuen Freiraum gewinnt, dann kann diese Zeit zu einem wunderbaren Erlebnis werden.

Datum: 17.08.2006
Autor: Iris Muhl
Quelle: Jesus.ch

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