Globalisierungsgegner Lafontaine: Kirchen sind zu zahm

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Saarbrücken. Der frühere SPD-Parteivorsitzende Oskar Lafontaine hat zum Widerstand jedes Einzelnen gegen die negativen Folgen der Globalisierung aufgerufen. „Man muss vor den Mächtigen das Haupt erheben“, forderte der als Globalisierungsgegner bekannte Buchautor in Saarbrücken.

Auch die Kirchen seien in dieser Frage zu zahm, so der Ex-Politiker. Er erwarte von ihnen ein entschiedeneres Eintreten gegen Waffenlieferungen und für mehr Entwicklungshilfe. Bei einer Diskussion mit Jugendlichen beim Jugendcamp der Evangelischen Kirche in Rheinland forderte Lafontaine eine Umorientierung des Westens. Allen Menschen müsste die Chance auf ein menschenwürdiges Leben offen stehen. Davon könne durch die ungerechten Handelsbeziehungen derzeit aber keine Rede sein. Auf der Welt gehe es zu wie auf dem Schulhof, wenn der Lehrer nicht hinguckt: Die Starken setzten sich durch. Europa habe die Chance gegen die Globalisierung einzutreten, versicherte Lafontaine. Wenn es gelinge, sich auf gemeinsame Positionen verständigen, könne im Internationalen Währungsfonds die Sperrminorität der Amerikaner durchbrochen werden.

„Ein Grund für meinen Rücktritt als Finanzminister war, dass ich mich an diesem Punkt unzureichend unterstützt fühlte“, bekannte er auf Anfragen der Jugendlichen. Der Ex-Politiker verteidigte seinen Rückzug aus der Parteipolitik: Politische Rücktritte seien manchmal nötig. Doch während Gustav Heinemann bei seinem spektakulären Rücktritt wegen der Wiederaufrüstung der Bundesrepublik noch eine Gewissensentscheidung zugebilligt wurde, werde er mit dem Vorwurf konfrontierte, „die Baustelle verlassen zu haben“.

Wiederholt kritisierte Lafontaine die Politik der Vereinigten Staaten. 4,5 Prozent der Weltbevölkerung bräuchten 45 Prozent der weitweiten Militärausgaben, um sich zu verteidigen. Dabei gehe es nicht nur um Freiheit und Demokratie, sondern auch um Erdöl und Absatzmärkte. Die Luftangriffe der USA auf Afghanistan prangerte er als Verbrechen an. Auch in der Weltpolitik müsse die moralische Verpflichtungen zum Schutz unschuldiger Menschen gelten. Wer, wie die USA, für 50 Prozent der weltweiten Waffenexporte verantwortlich sei, müsse auch die Verantwortung für das Morden übernehmen und können nicht behaupten, Frieden und Freiheit zu schützen.

Datum: 04.06.2002
Quelle: Epd

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