Freikirche oder Sekte - der Unterschied

Wo Menschen sich zusammenschliessen, um gemeinsam eine Idee, Überzeugung oder Glauben umzusetzen, kann es zu Vorgängen kommen, die nicht mit dem Ideal übereinstimmen. Diese Mechanismen können stärker oder schwächer auftreten.


Was ist der Unterschied zwischen Freikirche und Sekte?

Solche Tendenzen müssen aber eine Gruppe nicht diskreditieren, sofern die Leitung für Kritik offen bleibt. Folgende Tendenzen und Verzerrungen können in Gruppen vorkommen, die sich mit geistigen und geistlichen Themen beschäftigen, also auch in freikirchlichen Gruppen und Gemeinden.

Separatistisch

Es stimmt, etliche Gemeinschaften und christliche Gruppierungen gehen in Distanz zu Volkskirchen und zur Gesellschaft überhaupt. Die scheinbare Indifferenz in den Landeskirchen gegenüber einem persönlich gelebten Glauben und die ethischen Zerfallstendenzen in der Gesellschaft führen zur Abgrenzung - oder positiver gesagt - zum Wunsch, den Glauben so zu leben, dass er Gottes Willen entspricht. Separatistisch wird eine Gruppe oder Gemeinde dann, wenn sie andern christlichen Gemeinden und Kirchen jede Legitimität abspricht und sich auch nicht an übergemeindlichen Zusammenschlüssen oder Verbänden beteiligen will. Ausgeprägt ist diese Tendenz bei Sekten, die sich oft als allein seligmachend verstehen.

Vereinnahmend

Sekten und Freikirchen haben die Tendenz, einen grossen Teil des Privatlebens ihrer Angehörigen zu besetzen. Während Sekten ihre Mitgliedern oft mit einem freizeitfüllenden Programm eindecken, kennen auch (Landes- und) Freikirchen ein Programm während der Woche, das einen Grossteil der Freizeit von Mitgliedern in Anspruch nehmen kann, die sich für bestimmte Aufgaben dauerhaft verpflichtet haben. Dies kann im Extremfall so weit gehen, dass kaum mehr andere Aussenkontakte gepflegt werden können. Solche Mitglieder sind oft einem starken Erwartungsdruck ausgesetzt sein, der so weit gehen kann, dass man nach dem geistlichen Befinden fragt, wenn ein Gottesdienst ausgelassen wird. Etliche Freikirchen betonen deshalb, dass die Pflege von Kontakten mit "Aussenstehenden", das Mitmachen in einem Verein oder einer politischen Partei auch Platz im Terminplan eines Christen haben muss.

Persönlichkeitsverändernd

Man merkt es Menschen in der Regel an, wenn sie sich für den Eintritt in eine Freikirche oder in eine Sekte entschlossen haben. Oft brechen sie Beziehungen ab und wirken irgendwie verändert. Während solche Veränderung in Richtung Rechthaberei und Fanatismus in sektiererischen Gruppen auftreten kann, darf man von Menschen, die in eine freikirchliche Gemeinschaft eingetreten sind, erwarten, dass sie etwas von der Liebe und Gnade ausstrahlen, die sie im Glauben an Jesus Christus gefunden haben. Probleme in Freikirchen ergeben sich dort, wo hohe geistliche und ethische Standards gelten, die von den Angehörigen kaum erfüllbar sind. Solche Menschen tendieren dazu, innerhalb der Veranstaltungen der Gemeinde künstliche "geistliche" Verhaltensweisen zu entwickeln, während im Alltagsleben der praktizierte Glaube fehlt. Wo ein befreiendes Christsein aus der Gnade Christi heraus gelebt und verkündigt wird, können die Mitglieder zu geistlichen Persönlichkeiten heranwachsen.

Missbrauchspotential

Sekten und Freikirchen können es nicht generell ausschliessen, dass Menschen in ihren Reihen unkompetent betreut und beraten oder auch instrumentalisiert werden. Das Thema "geistlicher Missbauch" wurde daher in den letzten Jahren intensiv bearbeitet und beschrieben. Wenn einerseits autoritäre und machtorientierte Leiter eine Gruppe führen und diese anderseits autoritätsgläubige Menschen mit schwacher Identität anzieht, kann es zu geistlicher Manipulation, Abhängigkeiten und schliesslich zu schweren Brüchen und Enttäuschungen kommen. Während in sektiererischen Gruppen immer wieder von Missbrauch der Autorität - bis hin zum sexuellen Missbrauch der Mitglieder - zu hören ist, sind die Freikirchen und christlichen Werke hierzulande für das Thema "geistlicher Missbrauch" sensibilisiert. Das schliesst nicht aus, dass es im Einzelfall zu Problemen kommen kann.

Siehe dazu: Geistlicher Missbrauch - Kann es in Freikirchen dazu kommen?

Datum: 08.02.2005
Autor: Fritz Imhof
Quelle: Jesus.ch

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