Stadtmission

Die «Stami» wächst und wächst

Gebäude machen noch nicht Kirche aus, auch wenn sich Kirchen gerne in solchen aufhalten. Die St. Galler Kirche «Stami» hat sich davon aber nicht beeindrucken lassen. Die stets wachsende Besucherzahl in ihrem neuen Gebäude scheint ihr Recht zu geben.
Gust Ledergerber in seinem Büro der Stadtmission „Stami“ St. Gallen.
Aussenansicht der St. Galler „Stami“ mit dem eindrücklichen Glasfenster.
Das Logo der „Stami“.

Die zum Bund der Freien Evangelischen Gemeinden (FEG) gehörende Stami (Stadtmission) hat im November 2008 ihr neues Zuhause eingeweiht. Kostenpunkt: rund fünf Millionen Franken. Möglich wurde die Finanzierung dank dem Verkauf der Kirche St. Katharinen sowie der Liegenschaft im Stadtzentrum, ihrem bisherigen Zuhause. Seither hat sich, sagt ihr Leiter Gust Ledergerber, einiges getan.

Jeden Sonntag «neue Köpfe»

Wie der 53-jährige Gust Ledergerber zu Beginn des Gesprächs darlegt, könne man fast jeden Sonntag 20 bis 30 neue Besucher begrüssen. Die «neue Stami» übe nach wie vor eine grosse Anziehungskraft auf St. Gallen aus. Dies liege einerseits bestimmt am neuen Gebäude mit seiner modernen Architektur. Andererseits aber auch an ihrer heutigen und besucherfreundlichen Art, Gottesdienste zu feiern, etwa dank der Begrüssungsteams oder dem «Welcome-Bistro» für Neubesucher. Die Predigten greifen Fragen des heutigen Menschen auf; schriftgemäss vom Inhalt und zeitgemäss im Stil.

Mit speziellen «Impulsgottesdiensten» viermal pro Jahr will man Aussenstehende auf attraktive Weise ansprechen. Neu werden alle 14 Tage Simultanübersetzungen ins Englische angeboten. Von den 450 Sitzgelegenheiten im Gottesdienstraum seien oftmals bis 90 Prozent belegt. Den Allianz-Gottesdienst in der Stami vom Januar hätten bis 700 Erwachsene und über 100 Kinder besucht, was absolut rekordverdächtig sei. Die Evangelische Allianz St. Gallen wird von Gust Ledergerber präsidiert und besteht aus neun Landes- und -Freikirchen.

Immer noch am Einleben

«Trotz des rasanten Besucherzuwachses im neuen Gemeindezentrum sind wir immer noch dran, hier anzukommen», stellt Ledergerber klar. Es mache Sinn, gewachsene Strukturen nicht leichtfertig aufs Spiel zu setzen und alles auf den Kopf zu stellen.

«Schön ist es zu sehen, wie viele Leute sich voller Hingabe für die Stami einsetzen», zeigt sich Gust Ledergerber begeistert. Jeder ordne sich einer grösseren Vision unter, es herrsche ein toller Teamgeist, von «Futterneid» sei nichts zu spüren. «Es gibt doch nichts Attraktiveres als Menschen, die christuszentriert leben», ist er überzeugt. Fest stehe auch, dass Eigeninteressen bei der Stami wohl nicht lange überlebten.

Der postmoderne Mensch

Der «unaufhaltsame Wachstum» gehe aber einher mit der Gefahr, dass es schwieriger werde, gute Beziehungen zu pflegen. Und der postmoderne Mensch brauche und suche Beziehungen. Der «Flucht in die Anonymität innerhalb der Masse» will man mit der Aufwertung von Kleingruppen entgegenwirken. «Dies ist unser Kernprojekt 2010 und besitzt oberste Priorität», sagt Gust Ledergerber.

Erreichen will man dies durch verstärktes Schulen und Unterstützen von Gemeindemitgliedern, um zusätzliche «Hauskreise» aufzubauen und zu leiten. Und dadurch, dass sich die Kleingruppen neu wöchentlich und nicht mehr alle vierzehn Tage treffen. Zudem werde das 50 Prozent-Pensum des Kleingruppen-Pastors im Sommer verdoppelt.

Stärken und Schwächen

Neben dem grossen Einsatz vieler Mitglieder nennt Gust Ledergerber den grossen «Teamspirit» als eine der Stärken der Stami. «Unsere Vision ist, Menschen für Jesus zu gewinnen. Seit 2001 sind gut 120 Leute zum Glauben an Jesus gekommen», erklärt Ledergerber. Seelsorge werde grossgeschrieben. Neues Gaben-Potential komme zum Vorschein.

So sei die Qualität der Musikteams für die Lobpreiszeit bei den Gottesdiensten rasant gestiegen. Auch Drucksachen und Internetangebote seien jetzt viel professioneller und zeitgemässer als früher. Das Zusammengehörigkeitsgefühl unter den Besuchern könne hingegen noch besser werden. Auch deshalb mache die Aufwertung des Systems mit den Kleingruppen Sinn.

Ganzheitliche Hilfe

Gust Ledergerber erzählt das Beispiel einer Frau, die aus völlig kaputten Verhältnissen komme. Man habe ihr schon seelsorgerlich helfen können. Es habe sich aber auch gezeigt, dass sie in grossen finanziellen Schwierigkeiten stecke. Deshalb werde sie jetzt von der Stami finanziell, steuerlich und diakonisch unterstützt. Diese Art der Hilfe gehöre ganz klar dazu. Man habe ihr Geld geborgt, einen Teil davon habe sie bereits zurückbezahlt.

Ein Mann habe über Jahre Hilfe angenommen und sei jetzt bei der Heilsarmee gelandet, nachdem sein Leben vorher ziemlich ruiniert war. Ein Diakonieteam der Stami helfe Leuten bei alltäglichen Dingen wie etwa beim Zügeln. Manche Überstunde werde hier ehrenamtlich geleistet.

Nachhaltige Diakonie ausbaubar

Trotz bereits grossem Einsatz vermisst Gust Ledergerber die Nachhaltigkeit bei gemeinnützigen Einsätzen für die Stadt. Der «Stadt in Aktion»-Tag werde voraussichtlich weiter durchgeführt; dabei würden mit anderen Christen zusammen etwa gratis Velos geflickt oder älteren Menschen geholfen. Das «kids camp Ost» anlässlich der Projektwoche im Oktober (Sport- und Freizeitcamps, organisiert von der Kirche Bild) wolle man dieses und nächstes Jahr deutlich ausbauen.

Am liebsten sähe Gust Ledergerber, wenn Dienste am Nächsten wie «Stadt in Aktion» während 365 Tagen im Jahr stattfänden. «Solche Aktionen werden von der Stadt gesehen und überzeugen», sagt er dazu. Überhaupt wolle man gute Beziehungen zu Vertretern der Stadt nutzen und ausbauen, auch indem man sie zu Gebetstreffen während der Allianzwoche einlade.

Blick über den Tellerrand und in die Zukunft

Gemäss Gust Ledergerber ist die Zahl der Christen, die «abtauchen» und keine Gemeinde mehr besuchen, am Zunehmen. «Dies ist eine geistliche Katastrophe!», ereifert er sich. In der Schweiz, aber auch in der Stadt St. Gallen, gebe es Kirchen mit vielen Konflikten, müsse er als Allianzpräsident leider bestätigen. Was bestimmt auch an «unreifer Leiterschaft» liege. Hier sieht er eine echte Not und entsprechend grossen Handlungsbedarf.

Webseiten:
www.stami.ch
www.projektwoche.sg
www.praisecamp.ch

Autor: Rolf Frey
Quelle: Livenet.ch

Datum: 24.02.2010

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