Der Blick durchs Guckloch

Wo wohnt Gott?

Wohnt Gott eigentlich im Himmel oder in der Kirche – oder wo? Was wie eine Kinderfrage daher kommt, ist in Wahrheit eine existenzielle Frage für alle Menschen.
Haustüre

«'Gott wohnt, wo man ihn einlässt.' Wohnt Gott denn nicht überall? Füllt er nicht das ganze Universum aus? Ja, und gleichzeitig ist er ein Gott, der den persönlichen Kontakt mit seinen Geschöpfen sucht und bei ihnen um Einlass bittet. Doch gilt das auch in umgekehrter Richtung: 'Menschen sind eingeladen, sich mit Gott 'einzulassen', bei ihm einzukehren, zu ihm nach Hause zu kommen.'» (Stücklin)

So steht es in der Ausschreibung der Kurswoche, die ich nächstens besuchen werde. Es ist ganz klar: Gott will! Er will bei uns «wohnen»! So steht es an einigen wichtigen Stellen in der Bibel:

  • «Ich will meine Wohnung unter euch haben und will euch nicht verwerfen.» (3. Mose, Kapitel 26, Vers 11) – Gott nennt also im Alten Testament seinen Tempel «Wohnung». «Ich wollte, ich wüsste, wie ich Gott finden und zu seiner Wohnung kommen könnte.» Das sagt Hiob (Kapitel 23, Vers 3) in einer äusserst schwierigen Situation. – In jedem Herzen wohnt eine Sehnsucht, die nur Gott stillen kann.
  • «Es gibt viele Wohnungen im Haus meines Vaters, und ich gehe voraus, um euch einen Platz vorzubereiten. Wenn es nicht so wäre, hätte ich es euch dann so gesagt?» – Diese Mut machenden Worte sagt Jesus in seiner Abschiedsrede (Johannes, Kapitel 14, Vers 2) und zeigt damit, dass «wohnen» nicht auf unser irdisches Leben begrenzt ist, sondern Ewigkeitswert hat.
  • «Durch Christus, den Eckstein, werdet auch ihr eingefügt und zu einer Wohnung, in der Gott durch seinen Geist lebt.» (Epheser, Kapitel 2, Vers 22) – Gott will nicht nur «unter uns» wohnen, sondern «in uns».

Durchs Guckloch gesehen?

Wie aber kann dieses «Einlassen» geschehen? Es geht nur persönlich und nicht theoretisch. Jesus will nicht nur hin und wieder zu Besuch kommen, er will bei uns, mit uns und in uns leben. Mir hilft das Bild von meiner Haustüre. Sie hat ein Guckloch. Manchmal schaue ich zuerst hinaus: Wer ist da? Ich kann entscheiden, wen ich wann in meine Wohnung einlassen will. Lassen wir Gott nicht «vor der Haustüre» stehen – weder in guten, noch in schlechten Zeiten –, bitten wir ihn vielmehr in unser Denken, Fühlen und Handeln hinein. Das öffnet neue Türen.

Vielleicht haben Sie Gott auch schon mal eingeladen, Ihnen zu helfen und bei Ihnen zu sein? Dann kommt die nächste Frage: Ist Gott unterdessen im Keller meiner Gedanken eingesperrt worden? Oder ist er auf dem Estrich bei den vielen Schachteln mit Unerledigtem gelandet, das einen reut, fortzuwerfen, weil man es später einmal vielleicht noch lesen oder gut gebrauchen könnte?

Der Hinterhof

Kürzlich fiel mir ein ziemlich verwahrloster Hinterhof auf. Es machte mich irgendwie traurig, als ich daran dachte, was man daraus Schönes gestalten könnte. Vielleicht hatte niemand die Kraft und den Mut, mit Aufräumen anzufangen. Ein paar Tage später staunte ich: Jemand hatte tatsächlich begonnen, diesem Chaos ein Ende zu bereiten: Die Steinplatten waren aufgeschichtet, das Holz sortiert, das Gras gemäht...

Das Geschehen wurde mir zu einem Bild für mein Innenleben. Habe ich vielleicht auch so einen Hinterhof, wo ich froh bin, wenn keiner hineinblicken kann? Wo ich zerbrochene Dinge hinwerfe? Und was, wenn Gott nicht nur auf dem Estrich oder im Keller wäre, sondern sogar im Hinterhof meines Lebens? Was, wenn er helfen würde, den Plunder und das Zerbrochene aus meiner Seele zu räumen und Platz für Neues zu schaffen? Mir kommt dazu ein Buchtitel in den Sinn: «Im Chaos werden Rosen blühen». Ich wünsche Ihnen eine reiche Blütezeit – drinnen und draussen.

Auszug aus zwei Artikeln von Helene Maurer aus dem Sonntagsblatt des «Berner Oberländer», bearbeitet von Livenet.

Datum: 27.08.2013
Autor: Helene Maurer
Quelle: Oberländer Sonntagsblatt

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