Umgang mit Angst

«Fürchtet euch nicht» vor der Vogelgrippe

Ist die Aufregung um die Vogelgrippe berechtigt? Steht uns tatsächlich eine Epidemie bevor, die Abermillionen von Menschen dahinraffen wird? Wie geht man in einer solchen Situationen mit der Angst um? Wer hilft einem dabei?
Maske
Dietrich Bonhoeffer

Die Vogelgrippe rückt gegen Westen vor. Täglich erreichen uns neue Meldungen aus der Türkei. Nach mehreren Erkrankungen bei Menschen und Tieren sind nun auch Verdachtsfälle im europäischen Teil des Landes aufgetreten.

Es gibt Ängste, die lassen sich mit dem Verstand aushalten. Andere nicht. Es gibt keinen Menschen, der noch nie Angst hatte. Stets aufs Neue begegnen uns Situationen, die wir als eine Gratwanderung erleben: Sind sie eine echte Gefahr oder wälze ich nur grundlose Befürchtungen?

«In der Welt wird euch zugesetzt», stellte Jesus fest. Mit anderen Worten: Es ist normal, dass manche Situationen bedrängen und Angst auslösen. Es gehört zu unserem Leben, zu spüren, dass man es nicht einfach so meistern kann. «Aber fasst Mut, ich habe diese Umstände hinter mich gebracht», fährt Jesus fort.

Cool bleiben genügt nicht

Es gibt 1000 Ratgeber gegen die Angst, als wäre die nur eine schlechte Angewohnheit, die man sich abgewöhnen sollte. Aber Jesus sagt nicht: «Habt keine Angst!», er sagt, Ja, in der Welt habt ihr Angst; er gesteht uns dieses Angst zu. Der Sohn Gottes rät: «Lasst Euch nicht gefangen nehmen von den bedrückenden Situationen. Schaut weg von der Angst!» Aber wohin soll man schauen? Jesus bietet sich selbst als Grund der neuen Sicherheit an. Man muss nicht so tun, als wäre die Angst nicht vorhanden. Angst ist ein Teil des Lebens. Wer meint immer alleine mit all den unerwarteten Ereignissen des Lebens ohne göttlichen «Mentor» zu bestehen, der sieht sich seinen Ängsten alleine ausgeliefert, muss selber wursteln und sehen wie er zurechtkommt. Wer ein Weltbild hat, wo es keinen liebenden Gott gibt, der muss die Situationen lösen wie sie kommen – begleitet von seinen Ängsten.

Auch Jesus fürchtete sich

Jesus hatte auch Angst, und wie! Als sein Tod nahte, betete er sogar dafür, ob es «möglich wäre», diesen schweren Gang in den Tod nicht antreten zu müssen. Er kam jedoch zum Schluss: «Nicht wie ich will, sondern wie du (Gott) willst». Auf diese Weise brachte er es fertig, seine Angst zu überwinden – er wandte sich an Gott. Dieser Blickwechsel ist eine erprobte Möglichkeit, mit der Angst fertig zu werden. Gott begleitet einen durch Jesus Christus in allen Nöten, Angriffen, Verletzungen, Verzweiflungen, in Krankheit und Todesangst.

Die Urangst der Menschen ist die Angst vor dem Lebensende, der letzten Grenze, die es im Tod zu überschreiten gilt. Die vielen anderen Ängste sind wie Zweige auf einem Baum, unterschiedlich gewachsen, verschieden geformt, aber alle aus demselben Holz. Sie alle sind Ableger der letzten eigentlichen Angst – der, das Leben zu verlieren.

Gott bewirkt Geborgenheit

Gott wirbt um unser Vertrauen. Wer oder was sollte man fürchten? Wie oft sagte Jesus zu denen, die ihm vertrauen: «Fürchtet euch nicht!» – «Euer Herz erschrecke nicht!» oder «Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden. Ich bin bei euch alle Tage.» Wenn mein Leben bei Gott geborgen ist, was soll mich dann dauerhaft einschüchtern?

Wer in seinen Nöten von Gott und Jesus nichts erwartet, der wird wohl skeptisch bleiben. Sehr viele Menschen haben jedoch erfahren, dass Jesus und Gott der menschlichen Not – egal an welchem Ort und auf welche Weise – immer nahe sind, um die Angst in Vertrauen zu verwandeln.

Jemand hat es einmal so ausgedrückt: Die Ehrfurcht vor Gott ist die einzige Furcht, die alle Ängste überwindet. In der Bibel finden sich hilfreiche Hinweise, wie man mit der Angst umgehen kann. Eine regelrechte Lektion über Angst enthält die Bergpredigt: «Wer von euch fügt durch Angst seinem Leben auch nur eine einzige Stunde hinzu? Warum sorgt ihr euch um Kleider? …Also sorgt euch nicht um morgen… jeder Tag sorgt für sich selbst.»

Tipps gegen die Angst

Ob jetzt Vogelgrippe, Terrorismus oder Naturkatastrophen, vielleicht werden Sie in Zukunft einmal persönlich damit konfrontiert, vielleicht aber auch nicht. Es bringt jedoch nichts, sich auf «Vorrat» Sorgen zu machen.

Machen Sie täglich kleine Mutproben. Nehmen Sie beispielsweise die oben genannten Bibelworte für sich in Anspruch. Das ist auch eine Mutprobe: Probieren Sie aus, wie Gott darauf reagiert.

Machen sie Ihre Gedankenwelt Stück für Stück positiver. Setzen Sie Stopp-Sätze, wenn Sie sich beim negativen Denken ertappen. Bibelworte fördern positives Denken.

Beten Sie zu Gott, damit er Ihnen die Angst nimmt. Ängste verlieren viel von ihrer lähmenden Macht, wenn sie offen ausgesprochen werden. Wer seine Angst vor Gott ausspricht, mobilisiert aber nicht eigene seelische Kräfte zu ihrer Überwindung. Der mobilisiert den, der die Angst kennt und sie uns nehmen will – Gott selbst. Gebet mobilisiert Gottes Liebe, seine Fürsorge und seinen Schutz. Mehr zu diesem Aspekt: Gibt es ein Rezept gegen Ängste?

Nehmen Sie fachliche Hilfe an. Erwägen sie eine seelsorgerliche Beratung, wenn Sie ihre Ängste nicht allein angehen können.

Ein Beispiel von Pfarrer Dietrich Bonhoeffer, wie er im Konzentrationslager mit seinen Ängsten umgegangen ist. Dort hat er folgendes Gebet verfasst:

Von guten Mächten

Von guten Mächten treu und still umgeben
behütet und getröstet wunderbar, –
so will ich diese Tage mit euch leben
und mit euch gehen in ein neues Jahr;

noch will das alte unsre Herzen quälen
noch drückt uns böser Tage schwere Last.
Ach, Herr, gib unsern aufgeschreckten Seelen
das Heil, für das Du uns geschaffen hast.

Und reichst Du uns den schweren Kelch, den bittern
des Leids, gefüllt bis an den höchsten Rand,
so nehmen wir ihn dankbar ohne Zittern
aus Deiner guten und geliebten Hand.

Doch willst Du uns noch einmal Freude schenken
an dieser Welt und ihrer Sonne Glanz,
dann woll'n wir des Vergangenen gedenken
und dann gehört Dir unser Leben ganz.

Lass warm und hell die Kerzen heute flammen,
die Du in unsre Dunkelheit gebracht,
führ, wenn es sein kann, wieder uns zusammen!
Wir wissen es, Dein Licht scheint in der Nacht.

Wenn sich die Stille nun tief um uns breitet,
so lass uns hören jenen vollen Klang
der Welt, die unsichtbar sich um uns weitet,
all Deiner Kinder hohen Lobgesang.

Von guten Mächten wunderbar geborgen
erwarten wir getrost, was kommen mag.
Gott ist bei uns am Abend und am Morgen,
und ganz gewiss an jedem neuen Tag.
Dietrich Bonhoeffer

Datum: 11.01.2006
Autor: Bruno Graber
Quelle: Livenet.ch

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