Katastrophen und die Frage nach der Schuld

In letzter Zeit haben die massiven Katastrophenmeldungen stark zugenommen. Überall in den Medien wird sofort die Frage nach den Schuldigen gestellt. Doch wie gehen wir überhaupt mit Schuld um?
Betende Frau

Naturkatastrophen in der Schweiz, in New Orleans – wer ist schuld? Wirtschaftskrisen in Europa, ein Unfall mit einer Gondelbahn – an wem war es gelegen? Usw., usw. Die Schuldfrage steht schnell einmal im Mittelpunkt – wieso? Warum interessiert uns das so brennend?

Zunächst einmal, weil es dahinter auch um Verantwortung geht. Wenn tatsächlich menschliches Versagen und Schuld zu einer Katastrophe geführt haben, dann ist es wichtig, die Verantwortlichen herauszufinden. Das fordert unser Empfinden für Gerechtigkeit. Vertuschen wäre keine Lösung.

Die Schuld der anderen

Doch irgendwie scheint es, als würden wir uns von der Frage nach dem Schuldigen auch ein befriedigendes Gefühl erhoffen. Wir vergleichen uns mit denen, über die berichtet wird, und sagen uns dann guten Gewissens: So schlimm bin ich nicht! Ich bin unschuldig!

Das ist typisch Mensch. Aber es bringt einen aber absolut nicht weiter. Denn an diesem Muster wird schon seit Adam und Eva gestrickt. «Die Frau ist schuld», meinte Adam auf Gottes Rückfrage hin. – «Nein, nicht ich, die Schlange», verteidigte sich Eva. Und so geht es bis heute weiter.

Wäre man selber wirklich besser?

Echte Schuld und Verantwortung beim Namen nennen wäre das eine. Sie abschieben und sich über andere Menschen erheben ist das andere. Aber anscheinend kennen wir keinen rechten Weg, um mit Schuld und Kritik umzugehen. Nicht einmal beim Bibellesen ist man davor gefeit. «Ach, der böse Pharisäer, der sich immer so selbstgerecht hinstellt.» «Ach, der böse Judas, der böse Pilatus. Das hätte ich nie gemacht.» Oder bei der Petrus-Geschichte: «Ich hätte Jesus nie verleugnet.» Ja, genauso sagte es dieser Petrus auch und fiel auf den harten Boden der eigenen Unzulänglichkeit. Und dort unten musste er sich eingestehen: «Ich bin schuld.»

Kurz darauf wird derselbe Petrus von Jesus neu angesprochen und zum Hirten ernannt; gerade nach dieser Verleugnung, als er in seine eigenen Abgründe schauen musste. Jesus will dem Schuldigen helfen. Genau für solche ist er gekommen – nicht für die, die andern be-schuldigen. Jesus ent-schuldet, er vergibt, versöhnt und macht einen Neuanfang möglich.

Ein Ausweg für den Beschuldigten

Wer im Leben die andern vor den Richter stellen möchte, dessen eigenes Leben wird hart und selbstgerecht. Dann blasen wir ins gleiche Horn wie viele Medien und suchen nur Sündenböcke, denen gegenüber man sich innerlich brüsten kann.

Aber der ehrliche Mensch, der sich eingesteht, «auch ich bin schuldig geworden», der wird barmherziger werden. Er kann mit Schuld anderer besser umgehen. Und er wird sogar anfangen, für die Beschuldigten zu beten. Damit öffnet er ihnen eine Tür, damit auch sie zu ihrem Versagen stehen und um Vergebung bitten können.

Bearbeitung: Jesus.ch

Datum: 08.09.2005
Autor: Dick Leuvenink
Quelle: FEG Basel

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