Buddhismus und Christentum

Lehrt der Dalai Lama dieselbe «Erkenntnis» wie die Bibel?

Das Thema Erkenntnis taucht in ganz verschiedenen Religionen auf. Es hiess früher «Gnosis». In den Lehren des Dalai Lamafindet es sich ebenso wie in der Bibel. Worin liegen die Unterschiede?

Um hier eine Antwort zu finden, ist es sinnvoll, einige Grundbegriffe zuklären. In dieser Tabelle sind diesbezügliche Aussagen des Dalai Lama denen der Bibel gegenübergestellt:

Dalai Lama

Bibel

Was ist Leiden?

«.... nichts anderes als eine von der Unwissenheit versklavte Existenz.»

Das deutlichste Zeichen dafür, dass die Welt sich von Gott entfernt hat; oft eine Auswirkung der Sünde.[1]

Was ist Erlösung?

Nirvana, «der Zustand jenseits von Kummer und Leid».

Die wiederhergestellte Gemeinschaft mit Gott.[2]

Wie kommt man dazu?

Durch einen «spirituellen Entwicklungsprozess», auf dem man «die Ursachen und Bedingungen» für Leid und Glück «klar kennen und verstehen» lernt.
Durch den Tod und die Auferstehung von Jesus, die man für sich selbst anerkennt und gelten lässt.[3]

Worin besteht dieser Prozess?

Indem man «den eigenen unreinen Körper, unreine Rede und unreines Bewusstseinin den reinen erhöhten Körper, reine Rede und reines Bewusstsein eines Buddha» verwandelt.[4]
Indem man seine eigenen Sünden und seine Not Jesus bekennt, der diese Gemeinschaft mit Gott wieder möglich gemacht hat.[5]

Wie ist das möglich?

Weil jeder Mensch den «Samen der Reinheit» in sich trägt, den er «zu voller Buddhaschaft» entwickeln kann und muss.
Wenn einem diese Botschaft ausgerichtet wird, gibt man ihr im eigenen Herzen Platz und lässt es zu, dass Vergangenes wirklich abgelegt und entmachtet wird.[6]

Die Unterschiede sind also beträchtlich. Verfolgen wir zunächst die Argumentation des Dalai Lama weiter. Wie erreicht man seiner Ansicht nach diese Buddhaschaft? Mit Hilfe von Lehrern, Lehrern wie demDalai Lama, den «Ozean der Weisheit» (so die Übersetzung dieses Titels).

Wurzeln im antiken Griechenland

Damit vertritt der Dalai Lama eine klassische Lehre des tibetischen Mahayana-Buddhismus: Erlösung durch Erkenntnis, vermittelt durch einen Lama[7]. Die Grundfassung dieser Lehre, die «Gnosis»,[8]entstand im 2. und 3. Jahrhundert nach Christus im griechischen Raum. In Indien verband sie sich mit dem älteren Buddhismus zum Mahajana-Buddhismus.

Wo der Dalai Lama heute von «Samen der Reinheit» spricht, die es zu entwickeln gilt, lehrten seine geistigen Ahnherrn von «gefangenen Lichtfunken», die wieder mit der «oberen Welt» verbunden werden müssten. Das geschieht über Geheimniswissen, das ein göttlicher Lehrer anderen mitteilt. – Nicht weniger verspricht heute der Dalai Lama.

Erlösung ohne das Kreuz

Mitder Bibel haben diese Lehren nicht viel zu tun. Im Gegenteil: Manche Forscher meinen, dass die ursprüngliche «Gnosis» sogar als Ersatz für das Christentum entwickelt wurde. Manche ihrer Lehren erinnert deutlich daran, wie zum Beispiel die Person eines Erlösers, die Vorstellung einer Welt, die ihre alte Reinheit verloren hat, und der Begriff «Erkenntnis».

Der wesentliche Unterschied zum christlichen Glauben ist das Kreuz von Jesus. Nach der biblischen Lehre trug Jesus stellvertretend die Schuld der Menschen und befreite, die sich ihm anvertrauen.[9]Der Dalai Lama sieht das anders. Er rät sogar ausdrücklich, man solle «nach Buddhaschaft [d.h. nach erlösender Erkenntnis] nicht ausserhalb seiner selbst suchen». Jeder könne sie vielmehr aus eigener Kraft erreichen. Meditationen, Anweisungen eines bereits «erleuchteten» Lehrers und bestimmte Rituale würden das möglich machen.

Die Bibel nennt das Scheinerkenntnis.[10] Mit gescheiten Worten lenkt sie davon ab, dass tatsächlich dieses Opfer am Kreuz nötig war.[11]Es befreit von den eigenen Anstrengungen, selber die Erlösung zu schaffen. Niemandem würde das je gelingen. Sie war aber dann geschehen, als Jesus vom Kreuz herunterrief: «Es ist vollbracht».[12]

Erleuchtete «Augen der Herzens»

Die Erleuchtung, die es jetzt noch braucht, ist die Einsicht in diese Liebe von Jesus,[13] damit die «Augen der Herzens» erkennen, was Jesus am Kreuz bereits vollbracht hat.[14]

Zum Thema:
Dalai Lama Dossier


[1]Das Wort für Sünde, das im Neuen Testament verwendet wird (griechisch «hamartia») bedeutet «Zielverfehlung» und stammt aus demTrainingsjargon der Speerwerfer. Seit der ersten Sünde im Paradies verfehlt der Mensch sein Leben.
[2]Jesus hat die Mauer eingerissen, die zwischen Gott und den Menschen und zwischen menschlichen Gruppen stand. Das ist nach der Bibel der Inhalt von Frieden; Epheser 2,14-18.
[3] «Lasst euch mit Gott versöhnen», ruft es aus dem Neuen Testament (2. Korinther 5,20).
[4]aus einer Rede des Dalai Lama in einem buddhistischen Zentrum von NewJersey, USA, 17. März 1959; veröffentlicht unter www.ringdesbuddha.de
[5] «Wenn wir unsere Schuld eingestehen, dürfen wir uns darauf verlassen,dass Gott Wort hält: Er wird uns dann unsere Verfehlungen vergeben undalle Schuld von uns nehmen, die wir auf uns geladen haben»; 1. Johannes1,9.
[6] «Gebt auch, jetzt ist die Zeit der Gnade! Heute ist der Tag der Rettung», lautet die Mahnung und der Ruf in 2. Korinther 6,2.
[7] Es ist dasselbe Wort, das im indischen Sanskrit «Guru» heisst.
[8] Griechisch für «Wissen, Erkenntnis»
[9]Dass jemand für die Schuld eines Menschen hatte sterben müssen, an diesem Gedanken stösst sich der menschliche Verstand, damals wie heute. Man umgeht diesen Anstoss, indem man den Verstand selber für göttlich erklärt. Weit genug entwickelt, erlöst er sich schliesslich auch selbst.
[10] vergleiche 1. Timotheus 6,20
[11] 1. Korinther 1,17 «Redeweisheit»
Mancher kluge Kopf hörte auf sie, und darum gehörten zu den ersten christlichenGemeinden mehrheitlich einfache, von anderen herabgesetzte Menschen; Leute, die nie aus eigener Kraft einen «Pfad der Erleuchtung» hätten gehen können. Umso dankbarer waren sie, dass jemand anderes den Weg ans Kreuz gegangen war: Jesus, Gottes Sohn. «Während nämlich die Juden ein Zeichen fordern und die Griechen Weisheit verlangen, verkündigen wir Christus, den Gekreuzigten; den Juden ein Ärgernis, den Griechen eine Torheit»; 1. Korinther 1,22.23.
[12] Johannes 19,30; siehe auch Johannes 3,16: «So sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen einzigen Sohn gab, damit jeder, der an ihnglaubt, nicht verloren geht, sondern ewiges Leben hat.»
[13] Epheser 2,19
[14] Epheser 1,17.18

Datum: 09.08.2005
Quelle: Livenet.ch

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