Wenn Gott Wunden zufügt

Der Mann mit der ausgerenkten Hüfte

Viele Jahre lang war ihm alles gelungen. Jakob hatte sogar unverschämtes Glück gehabt. Er hatte beruflichen Aufstieg erlebt und sich einen riesigen Besitz erworben. Aber plötzlich holte ihn das Schicksal ein.
Mann mit Rückenschmerzen (Bigstock: 30951419)

Zwei Frauen und 11 Kinder hat er. Sein ganzes Leben lang hat er es geschafft, das Glück auf seine Seite zu ziehen – mit ehrlicher Arbeit, aber manchmal auch mit krummen Tricks. Über 20 Jahre hat er im Ausland gelebt, jetzt kommt er heim – und hat zum ersten Mal Angst.

Es gibt da ein dunkles Geheimnis in seinem Leben. Vor vielen Jahren hat er seinen Bruder betrogen; um sein Leben zu retten, musste er ins Ausland fliehen. Jetzt kommt er zurück und kann vor Angst nicht schlafen. Wie wird sein Bruder reagieren?

Seine Familie hat Jakob schon vorausgeschickt und läuft ruhelos durch die Nacht. «Plötzlich stellte sich ihm ein Mann entgegen und kämpfte mit ihm bis zum Morgengrauen. Als der Mann merkte, dass er Jakob nicht besiegen konnte, gab er ihm einen so harten Schlag auf das Hüftgelenk, dass es ausgerenkt wurde» berichtet die Bibel.

Ein Wahnsinnsschmerz

«Das Ausrenken eines Gelenkes ist in der Regel eine sehr ernsthafte Verletzung. Und das dann erforderliche Einrenken ist auch nicht gerade ein angenehmes Erlebnis. Oft muß es unter Narkose erfolgen. Manchmal müssen die Einrisse in der Gelenkkapsel genäht werden, oder die ausgeleierten Bänder operativ gestrafft. Das Ausrenken des sehr starken Hüftgelenkes bei einem gesunden Mann ohne schon bestehende Verformung des Gelenkes ist etwas vom Schmerzhaftesten, was man sich vorstellen kann», sagt der Sportmediziner Jochen Melloh.

Gott ist es, mit dem Jakob da kämpft. Es ist, als wenn sich ein ganzes Leben in diesem Augenblick verdichtet. Jakob kämpft und lässt nicht los, bis er da verletzt wird, wo – nach alten Vorstellungen – bei einem Mann die Kraft sitzt. Das tut wahnsinnig weh, aber nach dieser Begegnung ist Jakob nicht mehr der Alte.

Jetzt oder nie

Gott ist nicht immer harmlos und sanft. Er kann uns auf eine Art begegnen, die weh tut. Wenn das nicht so wäre, wäre er wirklich nur eine Projektion unserer Wünsche. Hier verletzt Gott den alten Trickbetrüger Jakob, weil er etwas Neues aus ihm machen will. Und Jakob? Er lässt nicht los! Er spürt: Jetzt oder nie. «Segne mich, Gott», sagt er. Jakob spürt: Gott leistet mir harten Widerstand, aber er ist deswegen nicht gegen mich. Darum lässt er ihn nicht los.

Wenn ein Mensch so an Gott festhält, kann Gott nicht anders: er segnet ihn – mit einem neuen Namen. Aus Jakob wird Israel, auf deutsch «Gotteskämpfer». Wo Jakob sich bisher mit eigener Schlauheit durchgetrickst hat, bekommt Israel eine neue Autorität. Fortan gehört das Ringen mit Gott, aber auch das Kämpfen in der Kraft Gottes, zur DNA eines ganzen Volkes.

Gott – ein Sadist?

Wenn das Leben weh tut, denken wir schnell «Gott sitzt da im Himmel, er hat's gut, und uns hier unten tut's weh.» Ein naiv-positives Gottesbild kommt in die Krise. «Gott, wieso??» Aber Gott ist kein Sadist. Als es um die Erlösung der ganzen Welt ging, liess er sich selbst aufs Kreuz legen, im vollen Sinne des Wortes. Wir haben einen Gott, der sich selbst verletzen liess! Das ist das Neue; Gott sitzt nicht im Himmel und teilt seine Segnungen, Schläge und Ratschläge aus, sondern solidarisiert sich. Er liess sich selbst verwunden, ja töten. Gott konnte eine verwundete Welt nicht erlösen, ohne die Wunden selbst auf sich zu nehmen. Das ist neu. Immer, wenn es uns wehtut, können wir wissen: wir haben einen Gott, der aus eigener Erfahrung weiss, wie sich das anfühlt. Und immer, wenn ich ein Kreuz sehe, weiss ich nun: Durch Gottes Wunden wird die Welt heil.

Es wird hell

«Als Jakob weiterzog, hinkte er, weil seine Hüfte ausgerenkt war. Und die Sonne ging auf.» Jakob hinkte, aber die Sonne ging auf. Was für eine Verheissung für schmerzhafte Schlüsselerlebnisse in unserem Leben! Aus unseren Wunden kommt eine Autorität, die unser Leben sonst nicht gehabt hätte. Wenn Gott uns an unserer stärksten Stelle trifft, geht es immer um eine hellere Zukunft.

Datum: 14.02.2014
Autor: Reinhold Scharnowski
Quelle: Jesus.ch

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