Glaube

Darf man sich nicht vorstellen, wie Gott ist?

«Du sollst Dir kein Bild, kein Götterbild machen.» So steht es im zweiten Buch der Bibel, dem Buch Exodus. Wegen dieses Gebotes wurden vor fast 500 Jahren viele römisch-katholische Kirchen vor allem in der Schweiz und in den Niederlanden gestürmt.
Wie ist Gott wohl?

Mit Gewalt schafften Anhänger der Reformation alle bildlichen Darstellungen von Gott, aber auch von Jesus, den Jüngern und Heiligen weg - meistens wurden sie zerstört. Das Bild in der Kirche gilt im Verständnis der meisten Reformatoren als Verstoss gegen das Gebot Gottes, wie es Mose verkündete, als er vom Berg Horeb kam. Wie ist dieses Gebot zu verstehen?

Etwas Neues und Besonderes

Liest man dieses Gebot heute, muss man sich klar machen, was es in der damaligen Zeit bedeutete. Es war ein drastischer Bruch mit dem Götterglauben der umliegenden Völker. Ein Bruch dahingehend, dass hier ein Gott redete, der keine, absolut keine anderen Götter neben sich duldete. In der damaligen Zeit war es völlig normal, viele verschiedene Götter anzubeten.

Der Gott, der hier durch Mose sprach, wollte auch keine kostbaren Standbilder. Er wollte etwas Neues und Besonderes für sein Volk: Nicht Menschen, die vor kostbaren Standbildern aus Gold niederfallen oder opfern, sondern ein Volk, das zu einem Bund mit dem lebendigen Gott gerufen ist.

Gott erleben ist immer ein Ausschnitt

Bei der Frage, wie man das Gebot weiter verstehen kann, soll es hier vor allem um einen zentralen Gedanken gehen: Menschen neigen dazu, wenn sie Gott, sein Reden und sein Handeln erleben, die Erfahrung im nachhinein zu bedenken, und zwar so, dass sie daraus Prinzipien, manchmal sogar geradezu Rezepte, erkennen und formulieren und an andere weitergeben. Etwa nach dem Motto: Man tue oder bete dies oder das, und dann wird Gott so oder so handeln.

Offen sein, dass Gott auch anders ist

Natürlich lassen sich auch in der Bibel viele Hinweise darüber finden, wie Gott den Menschen des Alten Testamentes und Jesus den Menschen seiner Zeit begegnet ist. Das setzt auch einen Rahmen, denn hier soll keinem beliebigen Gottesglauben das Wort geredet werde. Mir scheint dennoch der Gedanke wichtig, dass wir Gott nicht festlegen oder gar fixieren, selbst wenn die Erfahrung, die wir gemacht haben, noch so stark und nachhaltig war! Denn dann sind wir nicht mehr offen dafür und bereit, Gott auf eine ganz andere Art kennenzulernen oder zu erleben. Fehlt uns aber diese Offenheit für Neues und Anderes, laufen wir auch Gefahr, die Erfahrungen, die andere mit Gott machen, mit unserem Massstab zu messen und zu bewerten.

Das Alte Testament zeigt eine riesige Bandbreite, wie es Gott beschreibt: Gott, der kämpft, der zürnt und der hart ist, aber auch ein Gott, der sich selbst mit einer gebärenden und fürsorglichen Mutter vergleicht oder mit einem über beide Ohren verknallten Liebhaber einer jungen Frau. Auch das sind Bilder, Vergleiche, wie Gott ist oder sein kann. Wer will also diesen lebendigen und grossen Gott mit einem Bild beschreiben oder gar erfassen?

Datum: 08.06.2011
Autor: Norbert Abt
Quelle: Jesus.ch

Verwandte News
Werbung
Werbung
Livenet Service