Was ist Gebet?

Ist das Gebet eine religiöse Pflicht?
Schwester Anna-Maria aus der Wiesche.

Ist beten eine religiöse Pflicht? Gewissensberuhigung? Eine komische Angewohnheit? Wir wollten wissen, was es mit Gebet auf sich hat und haben jemanden gefragt, der es wissen muss. Schwester Anna-Maria aus der Wiesche lebt seit 33 Jahren in der Kommunität Christusbruderschaft und betet mehrmals täglich.

Jesus.ch: Warum beten Sie?
Schwester Anna-Maria aus der Wiesche:
Ich glaube, dass es Gottes Wunsch ist, dass wir eine Herzverbindung zu ihm, zu Jesus Christus haben. Er möchte, dass wir unsere Bitten und unsere Sorgen vor ihm aussprechen. Er hat eine Lust, uns zu erhören und zu helfen. In einem Gebet, das in der Bibel in den Psalmen steht, heisst es: „Rufe mich an in der Not, so will ich dich erretten.“ Das Gebet verankert unser Herz in Gott. Dadurch wird unser Glaube gestärkt.

Wie beten Sie?
Ich lebe in einer Evangelischen Kommunität. Wir feiern die Stundengebete. Das sind feste liturgische Gebete, in denen auch Raum für freie Fürbitten ist. Jeden Tag haben wir dann noch eine Stunde für das persönliche Gebet. Das besteht bei mir aus der Meditation der Bibel, und daraus wächst das Gebet: Fürbitte, Dank und Herzensgebet.

Was ist ein Herzensgebet?
Das ist ein altes Gebet, dass der Christenheit aus der Orthodoxie geschenkt ist. Man betet mit dem Atem den Namen Jesus Christus. Beim Einatmen bete ich Christus, beim Ausatmen Jesus. Wenn Sie mit Ehrfurcht vor dem beten, dessen Namen Sie aussprechen, werden Sie erfahren, dass Christus gegenwärtig ist. Dieses Gebet gibt eine starke innere Herzenskraft.

Beten durch Atmung – das gibt es auch in anderen Religionen.
Ja, doch es ist ein wesentlicher Unterschied, in wessen Namen ich bete. Ich nenne den Namen Jesus Christus. In der Bibel steht: „Alle, die den Namen Jesus anrufen, werden errettet werden.“ Der Name Jesus hat eine starke Kraft, die alles in uns mit ihm verbindet. Er ist Wirklichkeit, Realität. Wir Christen glauben, dass Gott uns bei Erschaffung der Welt seinen Atem eingehaucht hat. Atmen ist etwas ganz Natürliches. Solange wir leben, atmen wir. Dieses Gebet braucht die Übung; wenn wir dann mit ihm vertraut sind, können wir es im Herzen überall beten: in der Bank, bei einem Geschäftstermin, auf Fahrten. Es ist sehr einfach und sehr stark.

Wenn man jeden Tag betet, ist das dann nicht immer die gleiche Leier?
Es macht gar nichts, immer das Gleiche zu beten, wenn das Herz dabei ist. In allen Gebetslehren heisst es: „Lieber du wiederholst ein tragendes Gebet Tag für Tag, als dass du dich zwingts, etwas Neues zu beten.“ Wir alle brauchen tragende Gebete, die wir in allen Lebenslagen beten können. Ich bete morgens als erstes „Luthers Morgensegen“. Es sind immer die gleichen Worte, aber ich bete sie jeden Tag. Abends bete ich „Luthers Abendsegen“. Wiederkehrende Gebete verankern unser Leben in Gott. Wir dürfen lernen, im Vertrauen auf Gott zu wachsen, dann wird unser Gebet frisch.

Durch ein Grundgebet, das wir jeden Tag beten, finden wir auch zum persönlichen, freien Beten. Wichtig ist: Ich darf Gott gegenüber ehrlich sein. Ich muss ihm nichts vorbeten. Das Gebet ist eine Einladung, Beziehung auszudrücken. Nicht anders, wie wir mit einem Freund reden. Manchmal sind wir einfach müde und sagen nur „Hallo“, trotzdem ist es ehrlich. Aber ich rate auch sehr dazu, ein Grundgebet zu haben. Das man entfaltet, einübt und immer mit sich trägt. Das „Vater Unser“ ist so ein Gebet, das Jesus uns geschenkt hat.

Wie kann man das „Vater Unser“ entfalten und üben?
Da gibt es viele Möglichkeiten. Zum Beispiel, indem man es mit kurzen Zwischenmeditationen betet: „Vater unser im Himmel. Dein Name werde geheiligt - hier in meiner Arbeit. Dein Reich komme - hier in meinem Wohnzimmer. Dein Wille geschehe – hier in meinem Geschäft...“ Man kann das „Vater Unser“ sehr konkret beten. Und Gott wird uns hören!

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Datum: 23.12.2008
Autor: Miriam Hinrichs
Quelle: Jesus.ch

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