Sind Bibelleser aggressiver?

Die Debatte um die Auswirkungen von gewaltsamen Computerspielen wird schon lange geführt. In diesen Tagen machten Berichte über eine Studie amerikanischer Wissenschaftler die Runde, wonach sogar das Lesen gewaltsamer Stellen in der Bibel Aggression hervorrufen soll.


Macht das Lesen der Bibel agressiv?

"Gehört Gott auf den Index?", fragte die "Süddeutsche Zeitung" angesichts der Ergebnisse des Experiments. "Ist die Bibel ein Fall für die Freiwillige Selbstkontrolle?" Die alttestamentarische Lektüre soll nach einer aktuellen Studie die Gewaltbereitschaft steigern.

Brad Bushman, renommierter Aggressions- und Medienwirkungsforscher und Professor für Psychologie und Kommunikation an der Universität von Michigan, veröffentlichte mit seinem Kollegen Robert Ridge seine Ergebnisse unter dem Titel "Wenn Gott Töten anordnet. Effekte biblischer Gewalt auf Aggression".

Gewalt von Gott angeordnet

Den Versuchspersonen wurde ein Text der Bibel aus dem "Buch der Richter", (Kapitel 19 bis 21) zum Lesen vorgelegt. Die eine Hälfte der Versuchspersonen wurde darüber informiert, dass es sich um einen Bibeltext handelt, die andere nicht. Anschliessend sollten sie anderen Teilnehmern, die sie in einem Reaktionstest besiegt hatten, per Knopfdruck Lärm über Kopfhörer abspielen, wobei sie die Lautstärke selbst bestimmen konnten. Die Höhe der Lautstärke werteten die Forscher als Hinweis auf die Höhe der Aggressivität.

Das Ergebnis: Die Versuchspersonen, egal ob gläubig oder nicht, die von der Rechtfertigung durch Gott für die Gewalt gelesen hatten, zeigten sich "aggressiver"; sie liessen den lauteren Lärm ertönen. Bei den Gläubigen war die Aggressivität sogar noch ein wenig höher.

Keine Rechtfertigung für die Gewalt

Er selbst sei Christ, sagte Bushman gegenüber "ABC News": "Ja, ich glaube an Gott und an die Bibel. Ich lese jeden Tag darin." Was ihm Sorge bereitet, sei, "wenn Menschen Gott als Rechtfertigung für ihre Gewalt nehmen. Die Schrift sagt an manchen Stellen, man solle Gottes Namen nicht lästern. Das ist aber die extremste Art, Gottes Namen zu lästern."

„Negativer Effekt“

Sein Kollege Ridge erklärt: "Wir sagen nicht, dass Bibellesen schlecht ist, aber wir stellten fest, dass wenn jemand diese Gewalt in einem Text liest, es einen negativen Effekt auf ihn haben kann. Wir wollten der Religion oder der Schrift keinen Fehler nachweisen, aber wenn man an Terroristen denkt, die sagen 'Gott wird richten' und sich dabei auf eine Schrift beziehen, dann ist die Frage: Kann das eine Person wirklich aggressiver machen? Die Antwort lautet: ja, es kann."


Untersuchte das Gewaltpotenzial der Bibel: Brad Bushman.

Schon einmal wollte man die Bibel indexieren

Schon vor einigen Jahren reichten ein paar Eltern, bei der damaligen Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Christine Bergmann, ein rechtliches Verfahren ein. Zielsetzung: „Alle blutrünstige und menschenrechtswidrige Passagen in der Bibel zensieren.“ Das Ministerium lehnte den Antrag mit Schreiben vom 2. August 2000 ab.

Hier gab man dem öffentlichen Interesse – nämlich die Rolle, welche die christliche Religion und mit ihr die Bibel in der Gesellschaft spielt – den Vorrang vor dem Jugendschutz. Grundsätzlich darf auch was Wissenschaft, Forschung und Lehre dient nicht indiziert werden.

Autor: Bruno Graber
Quellen: Süddeutsche Zeitung/Pro/Kep/ABC News/Deseret Morning News/Das weisse Pferd

Kommentar

Die Botschaft der Bibel ist nicht der Krieg

Von Bruno Graber

Studienleiter Brad Bushman und seine Kollegen stellen klar, dass die Ergebnisse nicht bedeuteten, dass allein das Lesen der Bibel aggressiver mache. "Gewaltsame Geschichten, die moralische Standards lehren, oder die Leiden von Opfern beschreiben oder die Reue des Aggressors können wichtige Lektionen erteilen", sagt Bushman. Allgemein würden Extremisten aber dazu neigen, über längere Zeit nur bestimmte Textabschnitte zu lesen, die sich mit von Gott gerechtfertigter Gewalt gegen Ungläubige beschäftigen – nicht nur im Juden- und Christentum.

Gläubige sollen durch das Lesen der Bibel aggressiver werden? Ja und warum verhalten sich Atheisten oft noch aggressiver? Die schlimmsten Verbrechen im 20. Jahrhundert wurden von Atheisten begangen. Das waren Leute wie: Stalin, Pol Pot, Mao... um ein paar zu nennen. Mindestens 200 Millionen Tote haben diese Leute auf dem Gewissen.

Ist es nicht auch ein Ausdruck von Ehrlichkeit und Wirklichkeit? Wer könnte sich die Bibel ohne Gewaltschilderungen überhaupt vorstellen? Alle Horrorschilderungen im Alten Testament zeigen die Folgen eines gottlosen und bösen Handelns auf. Würde die Bibel lediglich aus positiven Botschaften bestehen, hätte sie noch weniger Akzeptanz. Die Bibel würde als weltfremd gelten – zurecht.

Die Bibel zählt einige Gründe auf, weshalb „Völker gestraft“ wurden. Beispielsweise sagt Gott sagt zu Abraham: „Sie (seine Nachkommen) sollen erst nach vier Menschenaltern wieder hierherkommen (Richtung Israel); denn die Missetat der Amoriter ist noch nicht voll.“ Krieg ist immer böse. Aber manchmal ist das Mass bei einem Volk voll – bei allen Völkern war irgendeinmal in der Geschichte das Mass voll.

Die entscheidenden Aussagen der Bibel zum Thema Krieg und Gewalt sind jedoch im Neuen Testament zu finden. Jesus hat eindeutig die Gewalt abgelehnt. Er lehrte die Wange hinzuhalten und nahm Petrus das Schwert der Selbstverteidigung aus der Hand.

Spätestens seit dem Tod von Jesus haben alle Kriege ihren Sinn verloren. Wenn später in seinem Namen Kreuzzüge veranstaltet wurden, dann liegt das in der Verantwortung der Kriegstreiber.

Die zentrale Botschaft der Bibel war nie Krieg sondern ist die Liebe Gottes zu jedem einzelnen Menschen. Das „Richterbuch“ ist unter diesem Blickwinkel zu lesen. Betrachtet man diese Texte isoliert, müsste man sie tatsächlich auf einen Index setzen.

Warum hat man eigentlich nicht auch untersucht, wie das Gewaltpotenzial bei anderen Büchern steigt? Haben Sie schon einmal Grimms-Märchen unter diesem Aspekt gelesen?

Datum: 03.04.2007

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