Mauer des Schweigens durchbrochen

Es schien die Sprache der Liebe zu sein ...

Sie hatte selbst ein Kind, um das sie sich sorgen machte. Doch dann gewann die albanische Mutter, die aus Angst um ihr Kind weinte, ihre Aufmerksamkeit.
Die Liebe Gottes gilt Babys und Müttern.

Angstvoll hatte Mareike am Bettchen ihres Kindes gesessen. Es war unheimlich gewesen. Das halbdunkle Krankenhauszimmer, die Stille der Nacht, immer wieder unterbrochen von den Pieptönen der Apparate. Dann war die erlösende Nachricht gekommen: « Es ist nichts Schlimmes. Ihre Kleine ist auf dem Weg der Besserung.» Vor Erleichterung kamen Mareike die Tränen. Jetzt wollte sie nur noch zur Ruhe kommen. Einfach in Leonis Gesicht schauen in der Gewissheit: Es wird besser.
 
Noch ein Kind lag im Zimmer. Ein kleiner Junge. Er gehörte zu einer albanischen Familie. Hoffentlich kommen die morgen nicht mit der ganzen Sippe. Sonst wird es hier unruhig. Leoni und ich brauchen Ruhe. « Und der Kleine wohl auch », dachte Mareike bei sich.
 
Der Junge lag ganz apathisch in seinem Bettchen. Die Mutter hielt seine kleine Hand in ihrer Hand. Und plötzlich hörte Mareike unterdrücktes Schluchzen. Das Schluchzen einer Mutter, die um ihren kleinen Sohn bangte. Ich kann ihr nicht helfen, dachte Mareike. Ich kenne ihre Sprache nicht. Und sie versteht kein Deutsch. Deshalb war ja wohl am Nachmittag auch die albanische Frau mitgekommen, die den Arzt übersetzen konnte. Wieder hörte sie ein Schluchzen. Ich bin nicht für sie verantwortlich.

Ich habe selbst genug hinter mir, ging es Mareike durch den Kopf. Das Schluchzen der anderen Mutter ging über in ein leises Wimmern. Das war wirkliche Angst.
 
Plötzlich wusste Mareike, was sie tun konnte. Leoni ging es besser. Sie verliess den Platz am Bettchen ihrer kleinen Tochter und ging zum Bettchen des albanischen Jungen. Sie legte ihre Hand auf die Schulter der Mutter und redete einfach irgendetwas. Dass alles gut werden würde, dass sie ihr gern helfen würde. Dass sie verstände, dass es schwer für sie sei: das kranke Kind, die fremde Sprache. Das Schluchzen der albanischen Frau liess nach. Es war, als ob sie verstände. Vielleicht verstand sie auch mit dem Herzen, was Mareike sagte. Es schien die Sprache der Liebe zu sein, die plötzlich die unsichtbare Mauer zwischen ihnen durchbrach.
 
Die dunkelhaarige Frau lehnte ihren Kopf an den Arm, der um ihre Schulter lag. Und plötzlich hatte Mareike das Gefühl, als sei da noch jemand im Raum. Jemand mit offenen Armen für sie beide. Sie fühlte fast, wie sich liebende Arme um die beiden Mütter legten.
 
«Jesus ? Bist du es? », fragte Mareike leise. Ja, er wird es sein. Er kann es nur sein, sagte ihr ihr Gefühl. Sie wünschte sich, dass seine Liebe diese Frau erreichte. War das nur ihr Eindruck oder wurde es gerade im Raum plötzlich heller?

Dieser Artikel wurde uns freundlicherweise von TextLive zur Verfügung gestellt.

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Datum: 24.11.2011
Quelle: Textlive

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