Liebe und Gericht

Können wir zu viel von der Liebe reden?

«All you need is love» – du brauchst nur Liebe. So texteten die Beatles in einem ihrer bekanntesten Lieder. Liebe ist auch einer der zentralen christlichen Begriffe. Doch sobald sie wiederholt betont wird, regen sich auch Gegenstimmen: Und was ist mit Gerechtigkeit und Gericht? Ist Liebe wirklich alles, was wir brauchen?
Wolken in Herzform
Redaktor Hauke Burgarth

Ein Pastor predigt von der Liebe. Wovon auch sonst, möchte man meinen. Eine Woche später spricht er von unserer Liebe zu Gott, dann von unserer Liebe zu den anderen Menschen und dann … hat er bereits mehrere Anfragen, wann er wieder in eine gewisse Ausgewogenheit zurückkommen will. Schliesslich darf man die Liebe ja nicht auf Kosten des Gerichts überbetonen. Oder doch? Doch, das darf, soll und muss man, denn Liebe ist etwas völlig anderes – behauptet Hauke Burgarth.

Ohne Liebe ist alles nichts

Die Beatles und ihre aktuellen Musiker-Kollegen unterstreichen immer wieder, dass ohne Liebe nichts geht. Hollywood und seine Filme wären nichts ohne die Liebe. Auch von der aktuellen bis in die antike Literatur zurück wäre ohne die Liebe nicht besonders viel Papier beschrieben worden. Klar, es geht hierbei nicht unbedingt um «göttliche» Liebe, das Spektrum reicht von Sexualität über Freundschaft bis hin zu selbstloser Liebe – eigentlich so wie in der Bibel selbst. Trotz allem Klischeehaften, was der Liebe anhaftet, trotz allen Verirrungen, die sie manchmal fast ins Gegenteil verkehren: Ohne Liebe ist alles nichts. Genau diesen Gedanken unterstreicht Paulus in seinem «Hohelied der Liebe», das in der Aussage gipfelt: «Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; aber die Liebe ist die grösste unter ihnen.» (1. Korintherbrief, Kapitel 13, Vers 13)

Das Wesen Gottes ist Liebe

Jeder Mensch kennt und braucht Liebe. Jede Religion kennt und propagiert bis zu einem gewissen Grad Liebe. Allerdings hat der Glaube an den Gott der Bibel eine Besonderheit: Hier spielt die Liebe nicht nur eine Rolle, hier bildet sie das Zentrum. Wenn man den christlichen Glauben kurz zusammenfassen würde, dann ginge es darin nicht in erster Linie um Gebote, um geschriebenes Wort Gottes, sondern genau darum: Das Wesen Gottes ist Liebe. Das steht wörtlich so in der Bibel: «Gott ist die Liebe.» (1. Johannesbrief 4,8) Und es steht noch viel häufiger zwischen den Zeilen da. Diese Tatsache muss gar nicht an jeder Stelle wiederholt werden: Die ganze Bibel atmet diesen Geist. Alles, was Gott ist und tut, lässt sich auf diese Grundaussage zurückführen. Weil es eben nicht nur eine einmalige Handlung ist, sondern Ausdruck seines Wesens.

Wir können nie zu viel von der Liebe reden

Weil die Liebe Ausdruck von Gottes Wesen ist, deshalb ist der anfangs konstruierte Widerspruch (zum Beispiel zum Gericht) in der Realität gar keiner. Die Bibel nennt uns zahlreiche Bilder, Vergleiche und Namen Gottes: Vater, Retter, Richter – sogar Mutter. All dies sind Eigenschaften Gottes, die einen Aspekt in unsere Wirklichkeit hinein «übersetzen» sollen. Sie sind nicht Gottes eigentliches Wesen. Kann Gott zornig sein? Natürlich. Er hat allen Grund dafür und er ist es auch – wenn auch nicht so blindwütig wie wir als Menschen. Doch nirgendwo bezeichnet die Bibel ihn als «Zorn in Person». Macht dies das Verhältnis deutlich? Es geht weder darum, Gott auf ein Göttchen zu reduzieren, noch darum, Eigenschaften und Handlungen Gottes wegzudiskutieren, weil sie unmodern oder unbequem klingen. Vielmehr geht es darum, Gottes Eigenschaften als das zu begreifen, was sie sind: Ausprägungen seiner Liebe. Natürlich ist das Reden über Gott als Vater legitim, doch es ersetzt nicht das Reden über die Liebe, es malt diese nur aus. Natürlich ist eine Predigt über den Zorn Gottes manchmal einfach dran. Aber es geht nicht darum, dass Gott jetzt aufhören würde zu lieben und jetzt eben einmal «auf den Tisch hauen und aufräumen» müsste. Gottes Richten ersetzt nicht die Liebe, es malt sie nur aus. Alle Eigenschaften Gottes sind Ausdruck seines Wesens – und das ist Liebe. Können wir also irgendwann zu viel von Gottes Liebe reden?

Zum Thema:
Schwer verständlich: Warum bringt Gott im Alten Testament Menschen um?

Datum: 05.07.2015
Autor: Hauke Burgarth
Quelle: Livenet

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