Der Coca-Cola-Santa macht Nikolaus seit 70 Jahren Konkurrenz

Bonn (Kipa) Er hat einen langen weissen Bart, trägt einen noch längeren roten Mantel und wuchtige schwarze Stiefel. Er lächelt in Schaufenstern, Supermärkten und Werbespots. Seine Leibesfülle vermittelt Wärme und Würde - der Weihnachtsmann ist Güte pur. Berühmt gemacht von Coca-Cola, vor genau 70 Jahren. Seither macht der gutmütige Dicke dem von vielen Christen über die Konfessionsgrenzen hinweg verehrten heiligen Nikolaus Konkurrenz.

Mittlerweile hätten sich Nikolaus und Weihnachtsmann regelrecht vermischt, kritisiert Eckhard Bieger, Mitglied der deutschen Nikolaus-Initiative mit Sitz in Frankfurt. Die Gruppe hat der Kommerzialisierung und Verkitschung des Heiligen den Kampf angesagt. Von der historischen Person Nikolaus gilt nur als sicher, dass er Bischof von Myra war - an der heute türkischen Mittelmeerküste - und wohl im vierten Jahrhundert lebte. Es ranken sich viele Legenden um ihn, auch wenn deren historische Ursprünge teils bei anderen Heiligen gleichen Namens liegen.

Höchst aktuelle Bezüge -
Die vielen Erzählungen hätten auch heute noch Aktualität, betont Bieger. Der "Patron der Kinder" habe zum Beispiel drei Mädchen heimlich Gold für die Aussteuer geschenkt und sie so vor der Tempelprostitution gerettet: mit Blick auf die vielen Fälle von sexuellem Missbrauch nach wie vor ein Thema. Nikolaus sei auch ein sozialer Heiliger, meint der Jesuitenpater: "Er sorgte dafür, dass die Getreidetransporte von der damaligen Kornkammer Ägypten nicht alle nach Konstantinopel in die Hauptstadt gingen, sondern die Provinzen auch etwas bekamen - angesichts des Welthungers eine aktuelle Frage."

- trotz Verkitschung
Nicht politisch, sondern niedlich wünschte sich das bürgerliche 19. Jahrhundert den Nikolaus - und kreierte immer süsslichere Darstellungen des Heiligen. Um 1900 tauchten die ersten verkitschten Abbildungen auf Postkarten auf. Die Nikolaus-Figur hat im Gefolge der Aufklärung zugleich häufig als Druckmittel einer autoritären Pädagogik dienen müssen. Berühmtes Beispiel: der rot gekleidete Nikolaus im "Struwwelpeter", der die Kinder ins Tintenfass steckt.

Wandlung
Den Wandel vom Nikolaus zum Weihnachtsmann machte "Santa Claus" schliesslich in den USA, weiss Buchautor Roman Mensing. Zunächst kam er bei Traditionsvereinen in Manhattan in Mode. Hatte man in den Niederlanden am Nikolausabend noch Holzschuhe aufgestellt, mit Heu und Stroh für Nikolaus' Reittier gefüllt, und als Gegengabe morgens Süssigkeiten erhalten, so hing nunmehr der leere Socken neben dem Kamin: Nikolaus wurde zum "Kobold, der im Rentierschlitten fährt und durch den Kamin kriecht", schreibt der Experte.

In Rot, Grün und Gold illustriert, tauchte der freundliche Mann bald in vielen amerikanischen Kinderbüchern auf. Bis sich 1931 Coca-Cola seiner bemächtigte, so Mensing. Die Company liess den Künstler Haddon Sundblom eine Nikolaus-Anzeige entwerfen. Vorbild waren die Santa-Claus-Karikaturen des Zeichners Thomas Nast, die zwischen 1863 und 1886 in der Zeitschrift "Harper's Weekly" erschienen waren.

Zum Fest kam schliesslich die Anzeige heraus, auf der der bärtige, rotwangige Alte im rot-weissen Outfit ein kleines Mädchen an sich drückt und ihm die koffeinhaltige Limonade anbietet - "Santa", die Galionsfigur des Weihnachtskaufrausches, war geboren und hielt von nun an Einzug in amerikanischen wie europäischen Geschäften und Konsumentenherzen.

Autorin: Viola von Melis, Redaktorin bei der Katholischen Nachrichten-Agentur KNA.

Datum: 22.11.2002
Quelle: Kipa

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