Risus pascalis – das Osterlachen

Lachen

In der Kirche lachen? Das scheint den einen respektlos, den andern lachhaft. Doch ausgerechnet zu Ostern gibt es den alt hergebrachten Brauch, in der Kirche Witze zu machen und ausgelassen zu lachen. Seltsam, oder doch nicht?

Worüber wurde denn gelacht? Darauf kam es eigentlich gar nicht an. Über fromme Witze, über ganz normale bis seichte Witze, auch über Witze, die sich über die politischen und kirchlichen Behörden lustig machten. Das Osterlachen war seit dem 14. Jahrhundert bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts hinein eine beliebte Möglichkeit, auch Kritik an der einen oder anderen Sache zu üben. Doch hörte man auch Klagen, dass kirchliche Autoritäten in vielen Fragen „nicht den geringsten Spass“ verstünden und unter Christen „mehr gezittert und gezetert als gelacht wird“.

Klar. Kirche ist doch eine ernste Sache. Nun, das Osterlachen könnte man als eine Art ganzheitlicher Glaubenserfahrung bezeichnen, nach der Devise: Wer lacht, spürt Lebenslust und ist – so die Hoffnung früherer Pfarrer und Priester – empfänglicher für die Osterbotschaft, die den Sieg des Lebens über den Tod, Befreiung und Erlösung der Menschen in Jesus Christus verheisst. Das Lachen lockert die Muskeln und stimmt das Gemüt empfänglicher. Nachrichten, die wir mit heiterer Erfahrung verbinden, nehmen wir lieber in unseren Alltag auf.

Andere erklären das Osterlachen damit, die Christen lachten den Teufel aus, weil dieser meinte, er habe Jesus Christus besiegt, weil er ihn ans Kreuz schlagen konnte – und sich nun nach der Auferstehung plötzlich selbst besiegt sah. Die Auferstehung Christi, lasse sich als „Ausdruck von Gottes Gelächter über den Tod“ verstehen, erklärt der Tübinger Theologe Karl-Josef Kuschel.

Nicht allen Pfarrherren – Pfarrerinnen gab es damals noch nicht – fiel das Witze Erzählen an Ostern gleich leicht. Einzelne kannten auch die Grenzen nicht und verfielen in den Bereich der schlüpfrigen Witze. Meister in der Disziplin Osterwitze soll Abraham a Santa Clara, ein Wiener Hofprediger gewesen sei. Er habe es geschafft, mit seiner witzigen Osterpredigt eine Kirchenhälfte zum Weinen und die andere durch Gesten und Mimik zum Lachen gebracht zu haben.

Natürlich gab es auch Kritiker. Strenge Protestanten und Aufklärer bekämpften die Auswüchse des frommen Spasses. Doch für viele Pfarrer war das Osterlachen ein willkommenes Geschenk, an ihren Vorgesetzten Kritik zu üben und ihrem Ärger Luft zu machen. Versteht sich, dass kirchliche „Obrigkeiten“ sich veranlasst sahen, da und dort mal einzuschreiten.

Ab dem 17. Jahrhundert wurde es darum ruhiger um den lustigen Brauch. Im 18. und 19. Jahrhundert konnten sich nur noch die „Ostermärlein“ halten, skurril- humorige Geschichten, die das Herz der Gläubigen für Gottes Wort öffnen sollten. Doch auch diese Geschichten verstummten schliesslich. 1853 verbannte ein Regensburger Erlass „Fabeln, gereimte Dichtungen und Obskures“ aus den Predigten. Nun gab es an Ostern nichts mehr zu lachen.

Heute wird das Osterlachen da und dort wieder entdeckt. Ob es bald ein neues Osterlachen in unseren Kirchen und Kapellen gibt? Christen sind doch fröhliche Menschen – oder nicht?

Quelle: www.roehrner.de (bearbeitet und ergänzt durch Jesus.ch)

Datum: 15.04.2003

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