Es gibt Hoffnung!

Jens Kaldewey
Maria mit dem toten Jesus auf dem Arm. Bild: Siger Köder, Ellwangen.
Taube
Johannes mit der Vision des neuen Jerusalem. Bild: Siger Köder, Ellwangen, Deutschland.

Zum Jahreswechsel hat der Referent und Theologe Jens Kaldewey aus Riehen eine ermutigende Predigt gehalten. Nachfolgend finden Sie diese in Audio- und Textform.

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Gott selbst macht uns Hoffnung

"Denn ich kenne doch die Gedanken, die ich über euch hege, spricht der Herr, Gedanken des Friedens und nicht des Unheils, um euch Zukunft und Hoffnung zu gewähren. Ruft ihr mich an, geht ihr hin und betet zu mir, so werde ich auf euch hören. Sucht ihr mich, so werdet ihr finden. Ja, fragt ihr nach mir mit eurem ganzen Herzen, werde ich mich von euch finden lassen. Ich werde euer Geschick wenden." (Jer 29,11-14, leicht gekürzt)

Dieses hoffnungerweckende Wort soll über diesem Jahr stehen. Und über den nächsten Jahren! Möge dieses Wort dieses ganze Jahr und den Rest unseres Lebens immer wieder durchdringen. Es gibt Hoffnung!

Gott ist ein Gott der Hoffnung, der uns Hoffnung gibt und uns Hoffnung macht, der Gedanken des Friedens über uns hat und nicht des Unheils, ganz gleich, was auf uns zukommen mag in diesen oder in den nächsten Jahren.

Der Gott der Hoffnung steht dort vorne an unserem Lebensweg. Wir schauen nach vorne, einige von uns haben klare Sicht, andere sehen nur Nebel, wieder andere sehen einen riesigen Berg vor sich, der Mut und Hoffnung sinken lässt. Doch der Allmächtige steht da und winkt: "Geh voran! Ich werde immer da sein. Fürch-te dich nicht. Ich mache es am Ende gut."

Die leise Stimme der Hoffnung

Am 13. Juli 1998 wachte ich nach einer Woche Bewusstlosigkeit auf der Wachstation der neurochirurgischen Abteilung des Kantonsspitals Basels auf. Meine Frau saß neben mir am Bett und erzählte mir von einem schrecklichen Unfall, den ich gehabt hätte. Mein Rückenmark sei schwer beschädigt und man wüsste nicht, ob ich je wieder würde laufen können. Als ich wieder allein war und allmählich die Bedeutung des Geschehenen erkannte, stiegen natürlich bange Fragen in mir auf. Wird mein Weg abbrechen, mein Dienst? Werde ich noch predigen können? Werde ich meine Arbeit in Russland und Indien weiterführen können? Habe ich noch eine lohnenswerte Zukunft? Da geschah das Wunder, eine leise unhörbare Stimme tief in meinem "Bauch" raunte mir zu: "Es wird keinen bösen Knick in deinem Leben geben. Du wirst mir weiterhin dienen." Mehr wusste ich nicht, aber das genügte.

Sieger Köder, Pfarrer und Künstler stellt diese Hoffnung wunderbar dar im nebenstehenden Bild. Maria hält den toten Jesus im Arm. Alle Hoffnung scheint verloren. Sie ist zerschlagen, völlig zunichte gemacht.

Geht es uns nicht manchmal auch so? Als ob wir einen toten Jesus im Arm halten? Obwohl wir wissen, dass Jesus auferstanden ist, spricht unsere Seele, sprechen unsere Umstände ganz anders. Jesus ist wie tot! Er redet nicht, tut nichts, lässt mich im Stich, zeigt sich kraftlos und hilflos…
Aber beachten wir die Taube auf der Schulter von Maria. Es sieht aus, als ob sie mit letzter Kraft gelandet ist, ganz geschwächt. Aber sie hält einen Olivenzweig im Schnabel, der uns auf die Noah-Geschichte hinweist. Noah hatte nach der Flut zuerst einen Raben ausfliegen lassen, der nicht mehr zurückkam - unerfüllte Hoffnung. Später ließ er eine Taube ausfliegen, sie kehrte zurück mit einem Olivenzweig im Schnabel: "Noah, es geht weiter! Es wächst wieder etwas! Die Flut ist zu Ende!"

Hören wir auf die leise Stimme der Taube. Hören wir nicht auf das laute Krächzen des Raben…

Der Psalmbeter klagt: "...Meine Seele dürstet nach Gott, nach dem lebendigen Gott: Wann werde ich kommen und erscheinen vor Gottes Angesicht? Meine Tränen sind mein Brot geworden Tag und Nacht, da man den ganzen Tag zu mir sagt: Wo ist dein Gott?"

Kennen wir die Stimme des schwarzen Raben, der uns auf unsere unmöglichen Umstände hinweist, auf unsere Sünden und Probleme und laut krächzt: "Wo ist dein Gott? Du siehst doch, dass er nicht da ist! Gott ist tot! Jedenfalls für dich!"

Aber glücklicherweise hört der Beter auf jene leisere, liebevollere Stimme, die Stimme der Wahrheit, die Stimme der Taube, die sich auf seine Schulter setzt und er setzt sein Gebet plötzlich ganz anders fort:

…Was bist du so aufgelöst, meine Seele, und stöhnst in mir? Harre auf Gott! - denn ich werde ihn noch preisen für das Heil seines Angesichts. (Ps 42,3-6)

Mitten im Gebet kommt die Taube, mitten im Gebet schaltet etwas um, Hoffnung kehrt zurück. "Ich will euer Geschick wenden!" Aber wir können die leise, unaufdringliche Stimme der Taube leicht unterdrücken, wegargumentieren, übertönen.

Kurzfristige, längerfristige und langfristige Hoffnung

Es ist hilfreich, die kurzfristige, längerfristige und langfristige Hoffnung zu unterscheiden.

Bei der kurzfristigen Hoffnung geht es darum, dass Gott uns aus einer schweren, akuten Not herausholt, weil unsere Zeit auf der Erde und unser Dienst für Gott noch nicht zu Ende ist, weil Gott noch etwas vorhat mit uns - und weil er uns einfach besonders beschenken will. Paulus beschreibt das einmal so:

...Denn wir wollen euch nicht in Unkenntnis lassen, Brüder, über unsere Bedrängnis, die uns in Asien widerfahren ist, dass wir übermäßig beschwert wurden, über Vermögen, so dass wir sogar am Leben verzweifelten. Wir selbst aber hatten in uns selbst das Urteil des Todes erhalten, damit wir nicht auf uns selbst vertrauten, sondern auf Gott, der die Toten auferweckt. Und der hat uns aus so großer Todesgefahr errettet und wird uns erretten; auf ihn hoffen wir, dass er uns auch ferner erretten werde; (2. Kor 1,8-10)

Für Paulus war "alles aus". Und doch hat Gott ihn gerettet! Paulus lernte daraus: Gott wird uns auch weiterhin erretten. Diese Erfahrung gab ihm Mut und Hoffnung auch für kommende schwere Notsituationen.

Der Januar 1983 war für unsere Familie, wir hatten damals vier kleine Kinder, eine besonders schwere Zeit. Am 31.März würde mein Arbeitsverhältnis beendet sein und gleichzeitig würden wir aus unserer (Dienst-)Wohnung ausziehen müssen. Die Tage vergingen, es zeigten sich weder offene Türen für eine Arbeitsstelle noch für eine Wohnung. Zwischendurch traten Panikattacken auf und wir hörten das laute Krächzen des Unglaubens und der Hoffnungslosigkeit: Wo ist nun dein Gott? Dann anerbot sich ein älteres Ehepaar, bewährte "Kämpfer", jeden Abend zu uns zu kommen und mit uns eine halbe Stunde zu beten. Ich erinnere mich genau an den ersten Abend. Worte der Bibel wurden lebendig. Die Taube kam, mit dem Olivenblatt im Schnabel, Glauben und Hoffnung wuchsen in unseren Herzen. Im April ging ich von der neuen Arbeit nachhause, beglückt über die tolle Arbeitsatmosphäre. Es war ein herrlicher Frühlingstag. Ich ging durch das große Holztor unserer alten, aber urgemütlichen 9-Zimmer Villa, die wir ganz kurzfristig für einen unglaublichen Preis mieten konnten, vorbei an den riesigen Buchen im Garten mit ihrem frischen Grün. Einen Moment dache ich, ich träume…

Es gibt diese Erfahrungen, aber wir dürfen daraus keine Regel, keinen Anspruch machen. Wir dürfen damit rechnen, sollten aber die anderen Arten der Hoffnung ebenfalls berücksichtigen. Bei der längerfristigen Hoffnung müssen wir oft länger warten, manchmal Jahre, manchmal Jahrzehnte.

...Denn ich kenne ja die Gedanken, die ich über euch denke, spricht der HERR, Gedanken des Friedens und nicht zum Unheil, um euch Zukunft und Hoffnung zu gewähren. Ruft ihr mich an, geht ihr hin und betet zu mir, dann werde ich auf euch hören. Und sucht ihr mich, so werdet ihr mich finden, ja, fragt ihr mit eurem ganzen Herzen nach mir, so werde ich mich von euch finden lassen, spricht der HERR. Und ich werde euer Geschick wenden… und euch sammeln aus allen Nationen und aus allen Orten, wohin ich euch vertrieben habe, spricht der HERR. Und ich werde euch an den Ort zurückbringen, von dem ich euch gefangen weggeführt habe. (Jer 29,11-14)

Diese Verheißung wurde hineingesprochen in die Zeit der Belagerung Jerusalems durch die Babylonier, in eine Zeit von Verzweiflung, Hungersnot, Pest und Gottlosigkeit. Nach dieser Verheißung wurde es nicht besser. Die Israeliten mussten in die Gefangenschaft, siebzig Jahre. Doch die Verheißung erfüllte sich. Israel kehrte zurück. Und 1948 kehrte es wieder zurück! Manchmal dauert es länger als wir denken, bis eine Hoffnung sich erfüllt. Aber sie erfüllt sich!

Edgar und Joke Ramsler freuen sich so sehr auf ihr erstes Kind. In der 22. Woche wird festgestellt, dass es schon eine Weile tot ist. Ein verwestes Kind wird unter Qualen geboren. Eine zerschlagene Hoffnung. Sie nennen das Kind Joel. Joke wird erneut schwanger. Eine Untersuchung in der 21. Woche stellt beim Kind einen Nierenfehler fest. Die Ärzte raten zur Abtreibung, was die Eltern ablehnen. Die Prognose erhärtet sich, doch die Edgar und Joke hoffen auf Gott. Sie gehen durch Trauer, Zweifel und Hoffnung. In der 27. Woche stirbt das Kind. Es ist ein Mädchen. Sie erhält den Namen Jessica. Zum zweiten Mal ist eine große Hoffnung zunichte gemacht worden.

Zahlreiche genaue genetische Untersuchungen ergeben keinen Befund. Joke wird ein drittes Mal schwanger. Es wird gebangt und gehofft und gebetet. Auch dieses Kind stirbt in der 21. Woche. Eine lange, schwere Trauerarbeit folgt. Anbetungslieder können fast nicht mehr gesungen werden. Dreimal ist die Hoffnung gestorben.

Anderthalb Jahre später beginnt Joke eine Krankenschwesterausbildung. Sie stellt sich um, die Hoffnung auf Kinder wird begraben. In dieser Situation treffe ich ihren Mann auf einem gemeinsamen Einsatz in Russland, er erzählt mir diese Geschichte. Wir sprechen über Hiob, seine Not und den Ausgang seines Lebens. Jahre später höre ich die Fortsetzung ihrer Geschichte: Joke wird ein viertes Mal schwanger, unerwartet. Sie bricht ihre Ausbildung ab. Nathanael wird gesund geboren. Anderthalb Jahre später bekommt er noch einen gesunden Bruder. Joke schreibt später:

"Meine Kinder sind bei Gott, und das tröstet mich. Jetzt denke ich sehr selten an unsere ersten drei Kin-der, an die Schwangerschaften und Geburten schon gar nicht. Wir wissen uns in Gottes Hand geborgen. Seine Wege sind zwar manchmal unerklärbar aber sicher gerecht, auch wenn ich nicht verstehe, warum wir das alles erleben mussten. Wir haben jetzt zwei kleine goldige Buben und wer weiss, wann wir das Dritte "zurückbekommen" werden?"

Wieder einmal hat es sich bewahrheitet: "Ich werde euer Geschick wenden."
Und nun stoßen wir auf eine weitere Wahrheit über die Hoffnung, die an Kraft und Schönheit über die bisherigen "Hoffnungsarten" hinausgeht: Es gibt noch eine langfristige, "schlussendliche" Hoffnung.

Sie gilt für jeden, der auf Gott vertraut, der sich ihm anvertraut hat: "...Denn ich denke, dass die Leiden der jetzigen Zeit nicht ins Gewicht fallen gegenüber der zukünftigen Herrlichkeit, die an uns geoffenbart werden soll. Denn das sehnsüchtige Harren der Schöpfung wartet auf die Offenbarung der Söhne Gottes." (Röm 8,18-19)

Sieger Köder hat diese schlussendliche Hoffnung wunderbar ins Bild gesetzt in seinem Gemälde von Johannes, bekleidet mit dem grünen Gewand der Hoffnung, der das himmlische Jerusalem sieht, wie es von Gott herabkommt. In der Mitte der Stadt ist ein Brautpaar zu sein im vollen Glück ihrer Liebe: Jesus und seine Braut, die Gemeinde, die nun als frisch vermähltes Paar in ihre Stadt einziehen werden, in eine vollkommen Stadt, in die Stadt der Erfüllung aller Hoffnungen!

Das ist die größte, die verlässlichste, die schönste Hoffnung: Die Hoffnung auf das ewige Leben in der Herrlichkeit Gottes. "Ich werde euer Geschick wenden." Alles wird umgedreht, alles wendet sich!

o Leid wird gewendet zur Freude.
o Schmerz wird gewendet zum unendlichen Wohlgefühl.
o Die scheinbare Abwesenheit Gottes wird gewendet zur überwältigenden Anwesenheit Gottes.
o Die Sterblichkeit wird gewendet zur Unsterblichkeit.
o Die Vergänglichkeit wird gewendet zur Unvergänglichkeit.
o Die Unsichtbarkeit Gottes wird gewendet zur Sichtbarkeit Gottes.
o Unterdrückung, Knechtschaft und Zwang werden gewendet zu Würde und Freiheit
o Banges, ängstliches Fragen wird gewendet zu triumphierenden Ausrufen.
o Hunger und Mangel werden gewendet zu ständig neuer Sättigung ohne Neben- und Nachwirkungen, ohne Überdruss.

...Aber der Pfad der Gerechten ist wie das glänzende Morgenlicht, heller und heller erstrahlt es bis zur Tageshöhe. (Sprüche 4,18)

Eines Tages kommt diese volle Tageshöhe! Vorher wird es Phasen geben von Kälte und Dunkelheiten. Aber ebenso einige Morgensterne, die den vollen Tag ankünden: Die Erfüllung kurzfristiger und mittelfristiger Hoffnungen.

Doch manchmal ist es zugegebenermaßen schwer, zu hoffen, manchmal spricht alles gegen die Hoffnung. Thomas konnte nach dem Tod seines geliebten Herrn Jesus Christus nicht mehr glauben und hoffen, selbst dann nicht, als seine Freunde ihm bezeugten: "Wir haben ihn gesehen!" So ist er als der "ungläubige Thomas" in die Geschichte eingegangen. Jesus hat sich ihm dann besonders offenbart und jeden Rest von Zweifel ausgeräumt. Aber er hat ihm auch gesagt: "Weil du mich gesehen hast, hast du geglaubt. Glückselig sind, die nicht gesehen und doch geglaubt haben! (Joh 20,29)

Dieses Wort spricht Jesus auch zu uns: "Glückselig bist du, wenn du die Hoffnung nicht aufgibst, auch ohne spezielle Offenbarungen und Gefühle. Glück-selig bist du, wenn du der Schrift vertraust, den Ermutigungen deiner Freunde, deinen früheren guten Erfahrungen und der leisen Stimme der Taube, die ich dir schicken werde."

Meisterhaft und kraftvoll formuliert das der Hebräerbrief. "Ich wünsche nur sehnlichst, dass jeder und jede von euch genau denselben Eifer auch an den Tag legt, wenn es darum geht, die Hoffnung auf das, was Gott uns versprochen hat, mit voller Kraft bis zum Ende durchzuhalten. Ihr dürft darin nicht nachlassen! Nehmt euch ein Beispiel an denen, die Vertrauen und Ausdauer bewahrt und darum empfangen haben, was Gott versprochen hat." (Heb 6,11-12, Gute Nachricht)

Gott hält für jeden von uns die richtige Mischung bereit an kurzfristige, mittelfristige und schlussendlicher Hoffnung.

"Denn ich kenne doch die Gedanken, die ich über euch hege, spricht der Herr, Gedanken des Friedens und nicht des Unheils, um euch Zukunft und Hoffnung zu gewähren. Ruft ihr mich an, geht ihr hin und betet zu mir, so werde ich auf euch hören. Sucht ihr mich, so werdet ihr finden. Ja, fragt ihr nach mir mit eurem ganzen Herzen, werde ich mich von euch finden lassen. Ich werde euer Geschick wenden."

Mehr zum Thema Jahreswechsel:
www.jesus.ch/index.php/D/article/643-Jahreswechsel/
www.jahreswechsel.livenet.ch/

Webseite von Jens Kaldewey: www.jenskaldewey.ch

Datum: 04.01.2006
Autor: Jens Kaldewey
Quelle: Livenet.ch

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