Ein Jude, der Jesus liebt

«Das Vaterunser kann Juden und Christen näher zusammenbringen»

Anatoli Uschomirski wuchs als Sohn jüdischer Eltern in der Ukraine auf. Obwohl ein Teil seiner Verwandten durch die Nazis getötet wurde, setzt er sich heute für die Versöhnung zwischen Deutschen und Juden ein. Anatoli, der selbst zum Glauben an Jesus fand, hilft zudem Christen, die jüdischen Wurzeln ihres Glaubens zu entdecken – so auch Anfang Mai bei einer Vortragsreihe über das «Vaterunser aus jüdischer Sicht» in der Basler Gellertkirche.
Anatoli Uschomirski

Als Jugendlicher begann Anatoli Uschomirski, die Geschichte seiner Familie und seiner jüdischen Herkunft zu erforschen und machte eine furchtbare Entdeckung: Verschleiert als «Umsiedlungsmassnahme» wurden 1941 alle sich in Kiew befindenden Juden aufgefordert, sich in Babi Jar einzufinden, einer Schlucht nahe Kiew. In einem grausamen Massaker wurden binnen weniger Tage 33’771 Juden hingerichtet – darunter auch einige von Anatolis Verwandten. Er begann daraufhin, die Deutschen zu hassen, bis ein Erlebnis sein Leben veränderte…

Durch das Lesen eines Buches kam Anatoli in Kontakt mit einer jüdisch-messianischen Gemeinde, in der er nach einiger Zeit durch einen jüdischen Evangelisten aus Israel zum Glauben an Jesus fand.

Jüdische Wurzeln des Glaubens entdecken

Kurz darauf reiste der Ukrainer als sogenannter «messianischer Jude» (Jude, der an Christus glaubt) mit seiner Frau nach Deutschland aus. Seine Frau und er fingen an, im Wohnheim anderen Juden von Jesus zu erzählen. Heute setzt sich der messianische Jude vor allem für die Versöhnung zwischen Deutschen und Juden ein und hilft Christen, die jüdischen Wurzeln ihres Glaubens zu entdecken.

Bei einem mehrtägigen Seminar Anfang Mai in der Gellertkirche in Basel verfolgte er genau dieses Herzensanliegen. Dabei stellte er das «Vaterunser» ins Zentrum. Dieses Gebet sei nicht nur für Christen sehr wichtig, sondern ganz besonders auch für Juden. Als «Brückenbauer» zwischen Juden und Christen sieht er in diesem Gebet eine Möglichkeit, Juden und Christen näher zueinander zu bringen. Cornelia Wartenweiler war bei diesem Seminar dabei und fasst die wesentlichen Erkenntnisse hier für Livenet zusammen:

Juden kennen Gott als Vater

«Mit dem Gebet verbindet man sich grundsätzlich mit dem Himmel», so Anatoli. Die Aussage vieler Christen, Juden würden Gott nicht so als Vater kennen wie Christen, stimme so nicht. Er verweist dazu auf den jüdischen Gebetsruf «Avinu Malkenu», wo Gott in jeder Zeile mit «unser Vater, unser König» angesprochen wird. Das Gebet, das Jesus im Matthäusevangelium spreche, sei das Gebet der Kinder Gottes. Kind Gottes zu sein, heisse, eine enge Beziehung zu Gott zu haben, was vor allem für die Juden gelte. Die Bibelstelle in Jeremia Kapitel 31, Vers 20, wo Gott Ephraim «mein liebes Kind» nennt, sei hier sehr klar.

Auch die Heiligung des Namens Gottes sei für die Juden von grosser Bedeutung. Anatoli Uschomirski: «Der Jude heiligt den Namen Gottes, um die verborgene Herrlichkeit Gottes sichtbar zu machen. Bei den Christen ist es Gott, der sich durch seinen Sohn Jesus sichtbar gemacht hat.» Der Ruf des Namens Gottes sei gleichbedeutend mit dem Zugang zu Gott. Hier gäbe es einen grossen Unterschied.

Das Sehnen nach dem Reich Gottes

In der biblischen Zeit durften nur einzelne Leute Gottes Herrlichkeit aus der Nähe erleben, erzählt Anatoli weiter. Dass Gott seine Herrlichkeit bei Jesu Geburt gerade den Hirten offenbarte, wäre für die orthodoxen Juden eine Überraschung, wenn sie das Neue Testament lesen, deute aber auf das erste Merkmal des Reiches Gottes hin: Durch Jesus wird die Manifestation Gottes sichtbar für alle Menschen!

Klar werde auch im Kaddisch (eines der wichtigsten Gebete im Judentum) vom Reich Gottes gesprochen, das mit dem Kommen des Messias beginne. Dazu der messianisch-jüdische Theologe: «Beide Gebete, das Vaterunser wie auch das Kaddisch, drücken Hoffnung und Sehnen nach einer zukünftigen Erlösung aus, nach dem Reich Gottes, ohne Sünde und Verfehlungen. Diese Welt ist für den Juden wie für den Christen nicht frei von Versuchungen, doch das befolgen der Tora und der Gebote, aber vor allem das Vertrauen zu Gott helfen uns, die Sünde zu überwinden.»

Zur Person
Anatoli Uschomirski, geboren 1959 und aufgewachsenen als Sohn jüdischer Eltern in Kiew, wanderte vor über 30 Jahren nach Deutschland aus und ist dort als messianischer Leiter für den Evangeliumsdienst für Israel tätig. Sein Anliegen ist es, Jeschua (Jesus) als jüdischer Messias zu verkündigen und Brücken zwischen Juden und Christen zu bauen. Sein Buch «HILFE, JESUS, ich bin Jude» beschreibt die spannende Biografie seines beeindruckenden Lebens.

Zum Thema:
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Datum: 15.05.2019
Autor: Cornelia Wartenweiler
Quelle: Livenet

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