Sonntagsruhe

Erstes Entgegenkommen an Sudans Christen

Der in Khartum nach dem Sturz von Langzeitdiktator Omar al-Baschir regierende Militärrat hat Kontakte zu den sudanesischen Christen aufgenommen. Als erstes Entgegenkommen verkündete er die Wiedereinführung der Sonntagsruhe an den kirchlichen Schulen.
Christen beten in der All Saints Cathedral in Khartoum (Bild: christianpost.com)

Baschir hatte 2017 auch christlichen Lehrern und Schülern den islamischen Freitag als einzig unterrichtsfrei aufgezwungen. Viel schlimmer war allerdings die von seinem Regime verfügte Schliessung vieler Kirchen. Sie wurden meist abgerissen, Pfarrer und Gemeindeleiter wegen Verletzung der «Bauordnung» verhaftet und zu oft mehrjährigen Gefängnisstrafen verurteilt. Sudans Christen wurden so in die Opposition gedrängt. Sie verhielten sich jetzt während des Umsturzes zwar schweigend. Doch zeigt sich der neue Militärrat sichtlich bestrebt, sie in den demokratischen Wandel im Sudan einzubauen.

Fülle christlicher Reformanliegen

Der mit «sozialen Belangen» betraute General Schams ed-Din Kabbaschi traf sich daher Ende April mit einer Kirchendelegation, der Methodisten, Presbyterianer, Anglikaner, Vertreter der evangelikalen «Afrikanischen Inlandskirche» sowie Katholiken und äthiopische Orthodoxen. Sie brachten neben dem Thema der Kirchenwegnahmen noch eine Fülle anderer Anliegen vor. Schliesslich hatte Baschir den Sudan an Platz Sechs auf der Weltverfolgungsliste hochgetrieben. Christen machten in den letzten Jahren überaus schwierige Zeiten durch.

Kinder zum Islam «wegregistriert»

Abgesehen von den zerstörten Kirchen und ihren verfolgten Gemeinden hatte die islamistische Diktatur von Khartum systematisch das Land christlicher Bauern enteignet und sie zu einem Nomadenleben gezwungen. Am meisten litten christliche Familien darunter, dass ihnen neugeborene Kinder als «Muslime» wegregistriert und damit früher oder später auch weggenommen wurden, um sie bei Zieheltern korangemäss heranwachsen zu lassen.

Signal für mehr Freiheit an die Kirchen...

General Kabaschi versprach den Kirchenvertretern Abhilfe. Die könne aber nicht von einem Tag auf den anderen erfolgen. So einigte man sich als Sofortmassnahme auf die neuerliche Freigabe des unterrichtsfreien Sonntags an den christlichen Privatschulen. Neben verschiedenen katholischen Ordensgemeinschaften wie den «Missionaren von Afrika» und den Comboni-Schwestern sind auf schulischem Gebiet besonders die Evangelikalen aktiv. Die Abkehr vom «Zwangsfreitag» wurde so zum Signal für weiteres Entgegenkommen.

...und Beschwichtigung des Auslands

Dem Militärrat ging es mit diesem Zeichen für bessere Zeiten auch darum, dem Ausland seinen guten Willen zur Demokratisierung unter Beweis zu stellen. So hatte die Organisation für Afrikanische Einheit (OAU) Khartum ein bis Ende April befristetes Ultimatum gestellt. Sollte es bis dahin keine handfesten Lockerungsmassnahmen der weiter andauernden Offiziersherrschaft geben, so wollte der allafrikanische Dachverband Sanktionen verhängen. Das hätte sich vor allem auf das Ausbleiben europäischer und amerikanischer Hilfe ausgewirkt.

Gespenst eines neuen Politislams

Bisher haben sich nur Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate bereit erklärt, den Sudan vor neuen Teuerungs- oder gar Hungerunruhen zu bewahren. Der Boden sozialer Not für die Volkserhebung gegen Baschir ufert sogar weiter aus, wenn nicht bald Lebensmittel geliefert oder dank Hilfsgeldern gekauft werden können. Für die Saudis war das bisherige Regime Lieferant von Soldaten als Kanonen- und Bombenfutter im Jemen-Krieg. Jetzt sind sich Militärs und zivile Politiker in Khartum schon einig: Mit finanzieller Abhängigkeit von den Ölstaaten darf im Sudan kein neuer Politislam einziehen.

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Datum: 06.05.2019
Autor: Heinz Gstrein
Quelle: Livenet

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