Starke Opposition

Gambia: Neuer islamischer Staat in Afrika?

Wenn es nach Yahya Jammeh, dem Präsidenten Gambias,
Haus in Gambias Hauptstadt Banjul
Präsident Yahya Jammeh von Gambia
Redaktor Hauke Burgarth

geht, dann ist sein Land in Zukunft der zweite islamische Staat Afrikas. Doch es regt sich Widerspruch.

Gerade hat die westafrikanische Republik Gambia ihren 51. Jahrestag gefeiert. Der kleine Staat hat in etwa so viele Einwohner wie Hamburg, 1,7 Millionen. Gambia hat praktisch keine Bodenschätze und gehört zu den ärmsten Ländern der Erde. Und es wurde gerade zum zweiten offiziell islamischen Staat Afrikas erklärt.

Islamischer Staat oder nicht?

«Allahs Religion als Religion und Lebensstil zu akzeptieren ist nicht verhandelbar», unterstrich der gambische Präsident Yahya Jammeh (50) im Dezember 2015 und erklärte sein Land zum islamischen Staat «im Einklang mit der religiösen Identität und den Werten des Landes». Damit reihte der Präsident Gambia zwischen Pakistan, Iran und dem afrikanischen Mauretanien ein, die sich ebenfalls als islamische Staaten definieren. Allerdings blieb diese Ankündigung nicht unwidersprochen: Die Opposition und die Zeitungen des Landes stellten die Gültigkeit der Behauptung infrage, weil über jede Änderung der Verfassung erst abgestimmt werden müsse. «Dies ist ein Angriff auf die gambische Verfassung, die auf säkularer Tradition beruht, und es nicht unterstützt, dass irgendeine Religion als Staatsreligion festgeschrieben wird», betonte ein Oppositioneller laut «Christianity Today».

Minderheiten in Gefahr

Bei einer Sitzung Anfang dieses Jahres beeilte sich Jammeh zu versichern, dass die christliche Minderheit ihren Glauben weiterhin ungefährdet ausüben dürfe. Fünf Prozent der Bevölkerung Gambias sind Christen, gut die Hälfte davon ist katholisch. «Christen sollen respektiert werden und dürfen die Art, wie sie Weihnachten oder was auch immer feiern, einfach fortsetzen. In der Beziehung zwischen den Religionen hat niemand das Recht, die Lebensweise des anderen zu stören.» Der Präsident erklärte auch, dass es keinerlei Kleidungsvorschriften geben werde – nicht einmal für Muslime. Doch nur wenige Wochen nach seiner Erklärung erliess Jammeh eine Bestimmung, nach der es allen weiblichen Angestellten während der Arbeitszeit verboten wurde, ihre Haare offen zu tragen. Erst nach heftigem Protest der Opposition und anderer demokratischer Gruppen zog der Präsident seine Anordnung vorerst zurück. Er erklärte, dass Frauen seine «besten Freunde» und «Schwestern» seien und dass das Verbot «nichts mit Religion zu tun» hätte. Beobachter fürchten jedoch weitere Repressalien und Einschränkungen.

Überraschende Ursachenforschung

Jammeh sieht die Erklärung Gambias zum islamischen Staat als Antwort auf die Situation der ehemaligen britischen Kolonie. 1965 wurde Gambia unabhängig. Yahya Jammeh putschte sich 1994 an die Macht. Der flächenmässig kleinste Staat Afrikas kann ohne starke Partner ausserhalb kaum existieren. Da die westlichen Nationen sich aufgrund fehlender Bodenschätze und grassierender Korruption von Gambia zurückgezogen haben, suchte der Präsident die Nähe und Unterstützung der arabischen Welt. Jeffrey Smith von «Human Rights Watch» sagte laut Christianity Today dazu: «Indem er seine Entscheidung als 'Kampf gegen den Kolonialismus' darstellt, rückt er näher an die Teile der Welt heran, die anti-westliche Ressentiments hegen.»

Bereits im Jahr 2007 schrieb der US-Autor Philip Yancey über Lamin Sanneh, einen in Gambia geborenen Historiker und Missiologen der Universität Yale. Er erklärte dabei die Folgen des Kolonialismus: «Merkwürdigerweise betont Sanneh, dass aus muslimischer Perspektive der 'Kolonialismus den Islam stärker unterstützt hat als jeder Dschihad'. Die Beauftragten Königin Victorias in Afrika sahen Imame und Muftis als sozial stabilisierende Kräfte und bauten deren Macht aktiv mit aus. Selbst wenn das bedeutete, dass sie dann Gesetze gegen den Übertritt zum Christentum erliessen.»

Und die Zukunft Gambias?

Bis jetzt war Gambia noch nicht auf der Liste des Weltverfolgungsindex von Open Doors und galt als religiös tolerant. Das scheint sich mit der Erklärung zum islamischen Staat gerade zu ändern. Allerdings sind die Signale keineswegs einheitlich. Denn noch im November letzten Jahres verurteilte Jammeh die weibliche Genitalverstümmelung scharf, die von vielen Muslimen als islamische Praxis geduldet wird. All das sieht nicht nach festen Fronten aus, sondern nach einem Präsidenten, der auf der Suche nach Verbündeten ist. Die Frage ist: Wo wird er sie finden?

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Datum: 23.02.2016
Autor: Hauke Burgarth
Quelle: Livenet

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