Dialog-Dilemma: Scheitert die Kommunikation zwischen Muslimen und Christen?

Papst Benedikt XVI

Die Papst-Zitat-Debatte lässt einen Begriff zur Hochform auflaufen: Der Dialog der Kulturen. Ein paar wenige jedoch üben Skepsis und pfeffern scharfe Kritik am naiven Westen. Sie glauben nicht an die ehrliche Kommunikation zwischen Islam und Christentum.

Die entflammte Entrüstung über das Mohammed-kritische Zitat von Papst Benedikt XVI glüht weiter: Mord-Drohungen, abgefackelte anglikanische Kirchen, protestierende Massen. Besänftigend spricht nun das katholische Oberhaupt vom Dialog der Kulturen. Das Magazin DIE WELT bezeichnet seine Reaktion als Treppenwitz der Geschichte.

„Ausgerechnet dieser Papst, der auf seiner Reise um Verständnis für die Ängste der Muslime warb, muss nun zu Kreuze kriechen vor fanatisierten Mullahs, die seine Rede nicht einmal gelesen haben und die taub sind für jede Erklärung – und wahrscheinlich auch für jede Entschuldigung“, so Journalist Alan Posener.

Schlachtfeld Propaganda

Moussa Afschar vermutet hinter dem Islamismus in Europa eine Taktik, die auf Dialog und Propaganda baut. Wie zu den Anfängen Mohammeds, als Muslime eine unterlegene Minderheit darstellten, setze man notgedrungen auf friedliche Mittel. Islamische Quellen besagen, dass es in solchen Situationen erlaubt sei, sich zu verstellen. „Während des Kriegs gilt es als tugendhaft listig zu handeln“, so der Islam-Experte.

Der Koran empfehle dafür während dieses „Waffenstillstands“ Ehen zu schliessen, Kinder zu kriegen und zur Übermacht heranzuwachsen. Bedenke man, dass der Westen nach islamischen Gelehrten zum „Haus des Krieges“ gehöre, bekämen friedfertige Stellungsnahmen im Lichte solcher Gebote eine andere Qualität.

Unfähig zum Dialog

Auch Theologe H. J. Körner zweifelt: „Wenn schon die Verwendung unbequemer historischer Zitate im Rahmen universitärer Vorträge als Beleidigung und Gotteslästerung aufgefasst werden, sind ernsthafte Zweifel am Dialogverständnis und an der Dialogfähigkeit des Gesprächspartners angepasst.“ Der Österreicher kritisiert die Unterwerfung des Gegenübers unter die Logik der jeweiligen Religion als Bedingung für den interreligiösen Dialog. Die Kultur der andauernden Blasphemie-Vorwürfe bezeichnet er als grundlegendes Defizit des Islams.

Noch deutlichere Worte findet DER SPIEGEL: Das Konzept vom Diaolog der Kulturen sei desaströs, verschleiere Ohnmacht und Feigheit. „Würde jemand vorschlagen, Kannibalen und Vegetarier ... sollten in einen Dialog miteinander eintreten, würde man ihm zur Ernüchterung kalte Fussbäder verordnen.“ Doch was tauge ein Dialog, der als eine Art von Notbremse dienen solle, nachdem die eine Seite erkannt habe, dass sie von der anderen an die Wand gedrückt werde.

Gegensatz Mohammed – Jesus

Die religiösen Unterschiede zeigen sich nicht zuletzt an den zwei Hauptcharakteren. Laut Körner wandte Mohammed selbst Gewalt an um seinen Glauben auszubreiten. Dies unterscheide ihn von Jesus, der gewaltlose Liebe praktizierte. „Darum hat sich das Christentum seit der Aufklärung in ganz anderer Weise selbstkritisch mit der eigenen – wahrlich unrühmlichen – Gewaltgeschichte auseinandersetzen können als der Islam“, so der Experte.

Dennoch warnt Insider Moussa Afschar davor, eine Milliarde Muslime zum potenziellen Gegner zu erklären. Das Problem sei der Islam selbst, nicht die Kultur der Muslime.

Pressespiegel:

„Wie sollen wir die kulturelle Identität der islamischen Länder mehr achten? Indem wir das schöne Ritual des freitagnachmittäglichen Handabhackens auch bei uns einführen? Indem wir unsere Frauen zuerst genital verstümmeln und dann unter Burkas und Tschadors verstecken? Indem wir Homosexuelle öffentlich hängen und Ehebrecherinnen steinigen?“
SPIEGEL ONLINE

„Welcher Protestant käme auf die Idee, aus Ratzingers kritischen Anmerkungen zur Reformation und zum Neuprotestantismus einen ökumenischen Skandal zu machen und nach einer Entschuldigung zu rufen?“
DER STANDARD

„Es wäre schade, wenn Benedikt aus dem Regensburger Fiasko nur den Schluss zöge, muslimische Befindlichkeiten in Zukunft zu schonen.“
DIE WELT

„Einst konnte nur der Kalif als oberster Glaubensführer des Islam den Dschihad ausrufen. Doch heute ist diese Führerschaft auf zahllose Imame und kleine Prediger übergegangen. Macht und Taktik spielen dabei eine immer grössere Rolle.“
DIE BILD-ZEITUNG

Weiterführende Links:
Sind andere Religionen toleranter als das Christentum?
"Islamische Fundamentalisten sind keine echten Muslime"
"Nicht alles, was ein Moslem tut, ist islamisch"

Datum: 23.09.2006
Autor: Monika Breidert
Quelle: Livenet.ch

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