Im Schatten des Konflikts in Israel: Araber geben das Evangelium weiter

Hanspeter Obrist, Leiter der amzi
Kirche in Nazareth
Kinder in einer arabischen Freizeit

Israel hat sein Parlament gewählt, doch die Sieger werden Mühe haben, eine Regierung zu bilden, dies wegen der Zersplitterung der Parteien-Landschaft, die die tiefe Zerklüftung der israelischen Gesellschaft widerspiegelt.

In der neusten Nummer von ‚Messianisches Zeugnis‘, der Zeitschrift der ‚Arbeitsgemeinschaft für das messianische Zeugnis an Israel‘ (amzi, Reinach BL), findet sich der folgende Artikel. Hanspeter Obrist, der Leiter von amzi, gibt Einblick in den Alltag einer meist übersehenen Minderheit, der evangelischen Araber.

Wir hören immer wieder von den arabischen Christen in den besetzten Gebieten. Gibt es aber auch in Israel christliche Araber? Von den rund 1,2 Millionen Arabern in Israel sind rund 10% christlich. Davon sind zwischen vier- und fünftausend evangelikal, einschliesslich der Kinder. So gibt es in Israel etwa gleich viele evangelikale Araber wie messianische Juden. Im Verhältnis zur eigenen Volksgruppe gibt es vier Mal mehr Gläubige unter den Arabern (0,4%) als unter den Juden (0,1%). Von den evangelikalen arabischen Christen in Israel hört man kaum etwas. Ihre Situation wird wenig verstanden. Sie sind aber eine sehr aktive Bewegung und erhalten kaum Unterstützung aus dem Ausland.

Leben zwischen den politischen Fronten

Die arabischen Christen stehen oft zwischen den politischen und religiösen Fronten. Sie sind in der Regel gute Bürger, sind aber politisch nicht aktiv. Vom Staat erhalten sie kaum Schutz. Vor zwei Jahren, als ein christliches Dorf mit über 200 Molotowcocktails beworfen wurde, war nur eine Rabbinerorganisation bereit zu helfen. Die israelische Unabhängigkeitserklärung garantiert zwar den religiösen Frieden für alle Richtungen. In der Praxis sind aber nur die alteingesessenen und traditionellen Kirchen anerkannt.

Im Alltagsleben gibt es auch Hindernisse und Unterschiede zur jüdischen Bevölkerung. Die Araber in Israel müssen nicht in die Armee, können dann aber auch nicht studieren, weil der Dienst in der Armee die Voraussetzung dafür ist. So ist die Ausbildung für viele junge Araber ein Problem. Oft ist es für Christen schwierig Arbeitsstellen zu finden. Immer mehr werden in staatlichen Einrichtungen, zum Beispiel in Schulen, Muslime angestellt.

In Israel glauben die meisten evangelikalen arabischen Christen, dass Jesus sein Reich mit dem jüdischen Volk aufrichten wird. Sie integrieren sich deshalb gut. In den besetzten Gebieten ist ein viel grösserer Widerstand gegen den Staat Israel zu spüren. Viele können einfach nicht glauben, dass das, was sie durch Israelis erleben, die Erfüllung von Gottes Verheissungen sein soll. So gibt es im Heiligen Land zwei unterschiedliche arabisch-christliche Bewegungen.

Gemeinden

Zur christlich-arabischen Bewegung in Israel gehören Baptisten, offene und geschlossene Brüder, 3 Nazarenerkirchen, 3 anglikanische Kirchen und die Assembly of God (Pfingstbewegung). Lutheraner gibt es in Israel keine, denn sie leben alle in der Westbank. Baptisten und Brüdergemeinden sind am aktivsten. Die Baptisten sind sehr evangelistisch. Die Brüderbewegung zeichnet sich durch ein tiefes Wortverständnis aus. Unter ihnen gibt es die verschiedensten Ausrichtungen. Manche arabische Gemeinden zählen zu den schnellstwachsenden Gemeinden in Israel. Eine Gemeinde in Haifa tauft mehrmals jährlich im Jordan neue Mitglieder.

Evangelisation

In den letzten 2 bis 3 Jahren entstand in der arabischen Bevölkerung eine grosse Offenheit für das Evangelium. So kamen durch die Kinderarbeit im letzten Jahr 1000 Kinder zum Glauben und 700 wollten einen Bibelkorrespondenzkurs machen. Von September bis November 02 stiegen über 100 Kinder neu in den Kurs ein.

Es besteht zur Zeit eine grosse Offenheit unter den Muslimen. In der Weihnachtszeit unternahmen die Gemeinden deshalb eine Aktion unter den Drusen. Es gibt kein anderes Land, in dem die moslemische Bevölkerung zur Zeit so offen ist.

Die Baptisten gewinnen neue Leute, indem sie evangelistische Abende anbieten oder von Tür zu Tür gehen. Oft laden sie Redner aus Ägypten ein. Ganz selten helfen ihnen ausländische Gruppen bei den Hausbesuchen. Das ist schade, denn die Araber sind gastfreundlich und würden es schätzen, wenn Ausländer nach Israel kämen, um sie zu besuchen. Es ist kein Problem ein Zeugnis für Jesus zu geben und ein Buch oder Video zu verschenken. Die Bücher werden von der Bibelgesellschaft zur Verfügung gestellt.

Was braucht diese Bewegung?

Als erstes brauchen die arabischen Gläubigen Ermutigung. Sie sind eine dreifache Minderheit: Als Araber sind sie eine Minderheit im israelischen Staat, als Christen eine Minderheit unter den Muslimen und als Evangelikale eine Minderheit unter den arabischen Christen. Es ist deshalb ein echter Segen, wenn Reisende im Heiligen Land auch einen arabisch-christlichen Gottesdienst besuchen. Damit wird nicht nur die Gemeinde ermutigt, sondern auch der persönliche Horizont erweitert. Für die arabischen Geschwister ist es sehr wichtig zu wissen, dass wir auch sie in unsere Gebete mit einschliessen.

Die arabischen Gemeinden brauchen auch ausgebildete Leiter, die ein Bibelseminar absolviert haben. Da es für arabische Christen in Israel schwierig ist nach Bethlehem zu reisen, eignet sich für sie das Jordan Evangelical Theological Seminary (JETS) in Jordanien am Besten. Dieses Seminar ist von der jordanischen Regierung akkreditiert. Hier werden Studenten aus dem Sudan, Ägypten, Jordanien, Libanon und Syrien ausgebildet. Der Gründer der Schule hatte eine grosse Liebe zum Alten Testament, was sich bis heute auswirkt. Ein Jahr Ausbildung kostet einen Studenten mitsamt dem Lebensunterhalt rund 16 000 CHF / 10 500 €. Das kann sich von den israelischen Arabern kaum jemand leisten und für die Gemeindeverbände ist der Betrag fast unerschwinglich. Deshalb wird versucht mit Abendkursen ein wenig Abhilfe zu schaffen. So bietet auch das Bethlehem Bible College einige Kurse in Nazareth an.

Ein anderes Bedürfnis ist die Unterstützung der Pastoren. Oft reicht das Geld der Gemeinde nicht aus um den Pastor zu bezahlen, denn viele Araber sind arbeitslos. So gibt es Pastorenfrauen, die berufstätig sind, um das notwendige Haushaltungsgeld zusammen zu bringen. Andere Gemeinden haben einen Kindergarten, aus dessen Einnahmen der Pastor bezahlt wird.

Das Reich Gottes im Nahen Osten

Wenn die arabischen und messianischen Gemeinden eine gemeinsame Sicht für das Reich Gottes in der Region entwickeln, dann werden die Menschen an ihrer Liebe untereinander erkennen, dass Jesus der Messias ist. Leider ist von dieser Gemeinsamkeit auf Gemeindeebene noch nicht viel zu spüren. Es gibt zwar einzelne Kontakte, doch man ist gegenseitig noch sehr zurückhaltend. Die Menschen in Israel sind derzeit generell verletzt, suchen kaum mehr Kontakte und ziehen sich voneinander zurück. Das wirkt sich bis in die Gemeinden hinein aus. Es gibt aber einige hoffnungsvolle Kontakte unter einzelnen Gruppen.

Wenn wir heute bereit wären die arabischen Christen in ihren evangelistischen Bemühungen zu unterstützen, könnte viel geschehen. Denn wenn ein Europäer nach Israel kommt, um einen Araber zu besuchen, trifft er auf grosse Offenheit. Wenn dann anschliessend die zum Glauben gekommenen ehemaligen Muslime zu den Juden gehen, haben sie wiederum eine wunderbare Möglichkeit das Evangelium weiterzusagen.

Jemand meinte einmal, dass ehemalige Muslime den besten Zugang zu den Juden hätten; denn es ist schon bemerkenswert, wenn ein Araber an den jüdischen Messias glaubt, der in Israel seine Herrschaft wieder aufrichten wird. Es fällt auf, dass in letzter Zeit relativ viele Muslime zum Glauben an Jesus fanden. Leider ist es aber zur Zeit nicht populär unter Muslimen in Israel zu arbeiten. Wir beten, dass Gott neue Wege öffnet für seine Gemeinde und sie beschützt und durchträgt.

Webseite: www.amzi.org

Autor: Hanspeter Obrist

Quelle: AmZI

Datum: 01.02.2003

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