Immer, wenn wir von religiös motivierten
Selbstmordattentaten oder terroristischen Gräueltaten hören, fallen Worte wie
«radikal» oder «extrem». Auch Christen wird das hierzulande oft vorgeworfen.
Was viele nicht wissen: Zwischen beiden Begriffen besteht ein himmelweiter
Unterschied.
Nicht wahr, solche
Begriffe lässt man sich nicht gern anhängen? Nach zwei Welt- und vielen
Religionskriegen ist es in unserer Gesellschaft eine ausgemachte Sache, dass man
Religion nicht radikal und extrem leben soll. Führt das nicht zu Intoleranz? Und trägt nicht Intoleranz schon den Samen der Gewalt in sich?
Die Tatsachen sind
bekannt: Der grösste Teil der Christen in Westeuropa (beschränken wir uns
mal auf den Kulturkreis, den wir kennen) ist weder radikal noch extrem, sondern abgeschliffen,
abgeklärt und relativ harmlos. Deshalb schrecken wir zurück vor Angehörigen anderer
Glaubensgemeinschaften, die zu uns kommen und eine radikale Religion mit sich bringen. Was
haben wir extremem Gedankengut entgegenzusetzen?
Eine Unterscheidung
kann hier sehr hilfreich sein. Extrem ist etwas völlig anderes als radikal.
An
die Grenzen…
«Extrem»
sein bedeutet, an die Grenzen zu gehen oder sie sogar zu überschreiten – denken
wir nur an Extremsportler, die in ein paar Stunden die Eiger-Nordwand hinaufkraxeln. Wenn uns Menschen im religiösen Sinne extrem vorkommen, haben sie
in der Regel einseitige Ansichten, die einen Punkt überzeichnen, meistens auf
Kosten anderer Seiten der Wahrheit. Extreme Christen betonen meistens einen
Aspekt des Glaubens auf Kosten eines anderen. Dabei lassen sie gern die Liebe aus
den Augen, wirken fanatisch und darum wenig anziehend.
…oder an die Wurzel?
Radikale Menschen hingegen
gehen nicht an die Grenzen, sondern an die Wurzel (das bedeutet das Wort
«Radix» – wir kennen z.B. das «Radieschen»). Radikale Menschen geben sich nicht
mit harmlosen Floskeln zufrieden, sondern gehen den Dingen auf den Grund. Jesus
war in diesem Sinne unbedingt «radikal». Er suchte immer radikal die Wahrheit
und blickte hinter die frommen Kulissen. Vor allem liebte er radikal und liess
sich bis zum Tod nicht davon abbringen. Er kam mit nichts weniger als dem
Anspruch, den wahren Willen des Schöpfers ans Tageslicht zu bringen. Radikale
Wahrheit und radikale Liebe sind in ihm auf einmalige Art verbunden.
Vor
der Krone die Wurzel
Menschen, die diesem Jesus
nachfolgen und in seiner Schule stehen, werden erleben, wie seine Haltung –
sein «Geist» - auf sie abfärbt. Er holt uns raus aus unseren komfortablen
Halbwahrheiten, deckt gnadenvoll unsere Entschuldigungen auf und verändert
Menschen in der Wurzel ihres Wesens – wenn sie es zulassen. In diesem Sinne ist
das Hoffnungsvollste, was wir zerstörerischen Einflüssen entgegensetzen können,
ein «radikales Christentum». Das ist nicht immer bequem, aber es lohnt sich immer.
Um es in Zahnarztsprache auszudrücken: bevor Jesus eine Krone aufsetzt, macht
er eine Wurzelbehandlung.
Wer sich Jesus aussetzt, wird
vor allem lernen, radikal zu lieben – bis hin zu Feinden und Gegnern. Wussten
Sie z.B., dass unsere westliche Toleranz aus dem Gebot der Nächstenliebe herrührt?
«Ich bin gar nicht deiner Meinung, aber ich werde mich bis zum Schluss dafür
einsetzen, dass du sie äussern darfst.»
Es sind nicht die Lauwarmen, die in unserer Gesellschaft heute etwas verändern. Die
Zeit einer allgemeinen bürgerlich-angenehmen «Christlichkeit» geht zu Ende. Was
Zukunft hat, sind entschlossene Nachfolger des Mannes, der wie kein anderer die
Welt verändert hat: freie Radikale, die keinem anderen ausser Jesus verpflichtet
sind und die sich von Gott in sein Programm zur Rettung der Welt einspannen
lassen.