Offenbaren

Der Allmächtige kann nur erkannt werden, wenn er aus seiner Verborgenheit hervortritt

Für Offenbaren hat der griechische Text zwei Bezeichnungen: apokalyptein (eigentlich: enthüllen) und phanerùn (eigentlich: sichtbar werden).

Ohne dass der Allmächtige aus seiner Verborgenheit heraustritt, kann niemand ihn erkennen. Das ist eine der Grundwahrheiten des Neuen Testaments. Sie wird mit solchem Nachdruck hervorgehoben, dass man im Sinne des Neuen Testaments sagen muss: Die »Offenbarung Gottes« öffnet noch nicht die Augen, sondern nur das »Sich-Offenbaren« Gottes.

Das Vorhandensein von Urkunden früherer Offenbarung bietet noch keine Gewähr dafür, dass Gott heute offenbar ist

Das gilt nämlich da, wo man unter »Offenbarung« das versteht, was Gott in früheren Zeiten offenbart hat. Dass es Denkmäler oder Dokumente früherer Offenbarungen gibt, ist noch gar keine Gewähr dafür, dass Gott heute offenbar ist.

Wenn Gott spricht, kann man das nicht »aufschreiben und getrost nach Hause tragen«. Man kann es nicht in Lehrsätze, Glaubensbekenntnisse oder Systeme fassen. Oder wenn man das tut, kann es einem leicht so gehen, dass man die ihres Sinnes entleerten blossen Hülsen der Gotteswahrheit in Händen behält.

Nicht dadurch schon wird Gott erkannt, dass man ein Buch aufschlagen kann und sagen: So sprach Gott. Immer nur da ist wahre Erkenntnis aufgeleuchtet, wo wieder gesagt werden konnte: So spricht der Herr. Dann erst werden die sonst toten Schriftworte zu lebenden Gottesworten.

Es gibt Zeiten und Menschen, von denen es gilt: Gott hat es vor ihnen verborgen

Die Schriftkundigen und frommen Zeitgenossen Jesu haben wohl das Bibelwort, die Propheten und die ganze »Offenbarung.« Und doch sagt Jesus von ihnen ausdrücklich, dass die Wahrheit ihnen nicht offenbart ist. Im Gegenteil: Gott hat sie (absichtlich) vor ihnen verborgen (Matth. 11,25). »Niemand kennt den Vater als nur der Sohn, und wem es der Sohn offenbaren will« (Präsens, Matth. 11,27).

Alles früher Geoffenbarte bleibt verhüllt, wenn Christus es nicht heute enthüllt. Die grössten Forscher, die berühmtesten Theologen tappen im dunkeln, wenn der Geist es ihnen nicht offenbart (1. Kor. 2,7-10). Die eigentlichen Theologen werden von Christus gesandt (Matth. 23,34). Sie sind nicht bloss Schriftgelehrte, sondern auch Geistgelehrte.

Datum: 09.12.2009
Autor: Ralf Luther
Quelle: Neutestamentliches Wörterbuch

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