Gaben des Geistes

Der Sinn des griechischen Ausdrucks

Der griechische Ausdruck, den das Neue Testament hier braucht, ist: charisma, abgeleitet von charis (Gnade), verwandt mit chara (Freude).

»Charisma« ist eine Gabe, die erfreut; namentlich bezieht sich dieser Ausdruck auf Gaben, die von hochgestellten Menschen oder von höchster Stelle, vom König selbst, kommen. »Charisma« ist darum etwas, was überwältigt, was Staunen und freudige Überraschung erregt.

Ein Mensch, der ein »Charisma« hat, ruft einen Eindruck hervor, wie wir ihn haben, wenn wir von jemand sagen: Er ist ein gottbegnadeter Mensch! Zugleich ist unter »Charisma« immer eine grosse, reichliche Gabe zu verstehen, wie sie eines grossen Gebers würdig ist; etwas, was im Überfluss gegeben wird, so dass der damit Begabte aus dem Vollen schöpft.

Die Gaben des Geistes sind zum Dienst gegeben

An einigen Stellen wird das gottgegebene neue Leben das »Charisma« genannt (so Röm. 5,16). Meist aber wird darunter verstanden eine unmittelbar vom Geist gewirkte besondere Gabe oder Fähigkeit, die dem Christen gegeben ist zum Dienst an der Gemeinde.

Solche Gaben des Geistes sind nie dazu da, die einzelne Persönlichkeit vor anderen hervorzuheben - es wird mit ihnen immer auf das allgemeine Beste abgesehen (1. Kor. 12,7; 14,4ff.). Wo man solche Gaben nicht mit Hingabe und Ehrfurcht in den Dienst des Ganzen (oder des einzelnen) stellt, da sind auch die glänzendsten Gaben leer und bedeutungslos (1. Kor. 13,1ff.). Die Gabe verliert jeglichen Wert, sobald der damit Begabte sich vom Geber und dessen Willen loslöst.

Von den Gaben des Geistes werden besonders genannt:

  • die Weisheitsrede, das ist die Gabe, das zu sagen, was im gegebenen Augenblick ins Schwarze trifft, und es so zu sagen, dass dem Hörer die Möglichkeit genommen wird, der Wahrheit auszuweichen (vgl. die Rede des Stephanus);
  • die Erkenntnisrede, das ist die Fähigkeit, die Wahrheit »in ihrem inneren Zusammenhang darzulegen und in die Tiefen der göttlichen Geheimnisse einzudringen«;
  • der Glaube, damit ist gemeint »die besondere Glaubenskraft, die Berge versetzt (1. Kor. 13,2), die vor keinem Bedenken zurückweicht und durch die grössten Schwierigkeiten hindurch der ganzen Gemeinde Bahn bricht«;
  • die Gabe, Kranke zu heilen durch unmittelbare Mitteilung einer belebenden Kraft von oben (vgl. Apg. 3,6ff.);
  • die Gabe besonderer Kraftwirkungen (vgl. Apg. 9,36ff.; 28,1-6);
  • die Weissagung (Prophetie): gemeint ist nicht nur die Fähigkeit, Zukünftiges vorauszusagen, sondern die Gabe, Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft göttlich zu durchschauen (siehe »Weissagung«);
  • die Gabe der Geisterunterscheidung: »sie lehrt mit scharfem Blick unterscheiden zwischen göttlichen und dämonischen Geisteswirkungen«;
  • die Gabe des Zungenredens, das ist die Fähigkeit, zu Zeiten in unbekannten Sprachen (seien es menschliche Sprachen, sei es die Sprache der Engel, 1. Kor. 13,1) zu sprechen (vgl. auch Apg. 2,4ff.).

Genannt werden noch besondere Gaben fürs Lehren, für die Seelsorge, für die Leitung der Gemeinde, für den Dienst der Barmherzigkeit (vergleiche zum Ganzen 1. Kor. 12; Röm. 12).

Die Grenzen der Begabung sind Grenzen des Dienstes

Die Ämter (Dienste) in der Gemeinde waren verteilt nach den Geistesgaben, die jemand hatte, so dass Gabe und Aufgabe miteinander in Einklang standen.

Paulus ermahnt dringend, niemand solle in seinem Wirken in der Gemeinde seine Geistesgaben überschreiten. Jeder diene nach dem Mass seiner Gaben und überlasse die Gebiete, die ihm nicht liegen, anderen, die dafür das »Charisma« haben (Röm. 12,3-8).

Zu unterscheiden ist zwischen den Gaben des Geistes, die zu besonderem Dienst in der Gemeinde befähigen, und der Gabe des Heiligen Geistes, die überhaupt die Verbindung zwischen Christus und der Gemeinde herstellt (das hier Angeführte stammt aus den Randbemerkungen im »Neuen Testament« von Albrecht).

Datum: 10.12.2009
Autor: Ralf Luther
Quelle: Neutestamentliches Wörterbuch

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