Erwählung (Prädestination)

Erwählung bedeutet meist: ewige oder vorzeitliche Bestimmung

Der Ausdruck »erwählen« wird manchmal im Neuen Testament gleichbedeutend mit »berufen« gebraucht. So ist von der Berufung der Apostel gesagt: Jesus rief seine Jünger zusammen und erwählte aus ihnen zwölf (Luk. 6,13).

In derselben Bedeutung findet sich das Wort an der bekannten Stelle: »Nicht ihr habt mich erwählt, sondern ich habe euch erwählt« (Joh. 15,16). In beiden Fällen ist die Rede davon, dass Menschen zu einem Dienst bestellt werden, und zwar geschieht das in einem bestimmten Augenblick in der Zeit.

In den meisten Fällen bedeutet Erwählung eine Bestimmung, die schon vor aller Zeit erfolgt ist: »Denn in ihm hat er uns erwählt, ehe der Welt Grund gelegt war« (Eph. 1,4). Vom Messias wird gesagt, er sei der Auserwählte Gottes (Luk. 23,35); gemeint ist hier auch die ewige Erwählung oder Vorherbestimmung (Prädestination) des Messias für sein Werk.

Erwählung ist oft Bestimmung zum Dienst

Im Neuen Testament wird oft gesprochen von einer Erwählung (oder Prädestination) zum Dienst.

Die Jünger sind erwählt, dass sie Frucht bringen (Joh. 15,16). Jesus ist der Auserwählte für das Werk des Messias (Luk. 23,35). Paulus ist auserwählt als Rüstzeug, den Namen Christi unter die Völker zu tragen (Apg. 9,15). Die Epheser sind auserwählt, dass sie heilig und unsträflich sein sollen in (dem Dienst) der Liebe (Eph. 1,4). Petrus schreibt seinen Gemeinden, sie seien auserwählt zum Werk des königlichen Priestertums (1. Petr. 2,9).

Der Sinn der Erwählung ist hier der, dass die Menschen, die im Dienst Gottes stehen, die Gewissheit haben: Ihre Aufgabe, ihre Bestimmung stammt nicht aus dem Bereich des Vergänglichen, sie wurzelt nicht in der Zeit. Der Dienst der Werkzeuge Gottes beruht auf einer Wahl, die vor aller Zeit erfolgte; er ankert in der Ewigkeit. Darum sind die Diener Christi unabhängig von den Wechselfällen der Geschichte, von den Launen der Zeit.

Es gibt aber auch die Erwählung zum Heil

Das Neue Testament spricht aber auch von einer Erwählung zur Rettung und zum ewigen Leben: »Gott hat euch als erste zur Seligkeit erwählt, in der Heiligung durch den Geist und im Glauben an die Wahrheit« (2. Thess. 2,13). »Wir wissen aber, dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Besten dienen, denen, die nach seinem Ratschluss berufen sind. Denn die er ausersehen hat, die hat er auch vorherbestimmt, dass sie gleich sein sollten dem Bild seines Sohnes« (Röm. 8,28f.).

»Spricht auch ein Werk zu seinem Meister: Warum machst du mich so? Hat nicht ein Töpfer Macht über den Ton, aus demselben Klumpen ein Gefäss zu ehrenvollem und ein anderes zu nicht ehrenvollem Gebrauch zu machen? Da Gott seinen Zorn erzeigen und seine Macht kundtun wollte, hat er mit grosser Geduld ertragen die Gefässe des Zorns, die zum Verderben bestimmt waren, damit er den Reichtum seiner Herrlichkeit kundtue an den Gefässen der Barmherzigkeit, die er zuvor bereitet hatte zur Herrlichkeit.« - Was wagst du dawider zu reden? (Röm. 9,20-23).

Solche und ähnliche Worte sind uns nicht zum Grübeln und Verzweifeln gegeben, sondern sie wollen die Christen zur Freude, aber auch zur Beugung unter Gott führen. Wo der Glaube in der Anfechtung des Leidens zu zerbrechen droht - zur Freude: unser Heil hat einen ewigen Ankergrund in Gott, der hält und trägt (Röm. 8,28f.). Wo aber die Christen wider Gott murren und Ansprüche stellen wollten - zur völligen Beugung unter Gottes Freiheit (Röm. 9,20ff.).

Gedanklich werden diese beiden Seiten in der Verkündigung nicht ausgeglichen. Auch gibt es im Neuen Testament keine starre philosophische Lehre einer Prädestination der einen zur Seligkeit, der anderen zur Verdammnis. Wohl deutet es Paulus in Römer 9,22 an, aber eben nur als eine Möglichkeit. Die Erwählung ist nicht einmal endgültig. Die Heiden sind erwählt und in den edlen Ölbaum eingepfropft; sie können aber wieder ausgebrochen werden, wenn sie nicht glauben (Röm. 11,21f.)! »Bemüht euch desto mehr, eure Berufung und Erwählung festzumachen. Denn wenn ihr dies tut, werdet ihr nicht straucheln« (2. Petr. 1,10).

Die Botschaft der Erwählung ist ein Mittel der Seelsorge und Zurechtweisung

So ist die Erwählungsbotschaft nicht starre Lehre, sondern ein Mittel der praktischen Seelsorge und Zurechtweisung der Christen. Denn von der Erwählung kann eigentlich nur der Erwählte reden; wer im Widerspruch zwischen Glauben an Gott und Furcht Gottes glaubt, nicht erwählt zu sein, steht damit doch schon in einer ganz bestimmten Beziehung zu Gott.

Der wirklich Nichterwählte dagegen weiss von seiner Nichterwählung gar nichts, und dem Erwählten steht ein Urteil darüber nicht zu. Deshalb darf sich die Erwählungslehre nie in den Vordergrund drängen und das klare Evangelium mit dem Anspruch auf persönliche Entscheidung und den Gehorsam des Glaubens verdrängen.

Datum: 10.12.2009
Autor: Ralf Luther
Quelle: Neutestamentliches Wörterbuch

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