Die Papyrus-Rohre wurden enthäutet und in lange Streifen geschnitten, danach geglättet und in zwei Lagen (übereinander gelegt) zusammengepresst. Wenn das Material getrocknet war, wurde die weisse Oberfläche mit einem Stein glattpoliert. Wir begegnen dem Papyrus ("Rohr") im 2. Buch Mose 2,3; Hiob 8,11 und Jesaja 18,2 - jedoch nicht als Schreibmaterial. Wohl aber finden wir in 2. Johannes 12 das griechische Wort chartes (vgl. "charta"); damit wurde ein Blatt Papier bezeichnet, das aus Papyrus gemacht wurde. Man schrieb auf diesem "Papier" mit Tinte und einer Feder, die aus einem Stück Rohr hergestellt und mit einem Messer angespitzt wurde (vgl. Jeremia 8,8; 36,23 und 3. Johannes 13). Die Idee des Schreibens mit der Gänsefeder scheint von den Griechen im 3. Jahrhundert v. Chr. zu stammen. Beschriftete Papyrusblätter wurden aneinander geklebt und danach auf einen Stock gerollt. So entstand eine "Buchrolle", meistens einseitig, aber manchmal auch beidseitig beschrieben (Offenbarung 5,1). Im Durchschnitt war so eine Rolle etwa 6 bis 10 Meter lang, es sind uns aber auch Rollen mit einer Länge von mehr als 40 Metern bekannt! Bis zum 7. Jahrhundert nach Christus gebrauchte man den Papyrus; danach machte die Eroberung Ägyptens durch die Araber dem Gebrauch dieses Schreibmaterials ein Ende. Aber schon Jahrhunderte vorher war der Gebrauch eines anderen Materials üblich geworden, nämlich des Pergaments. Im Griechischen heisst es membrana (vgl. unser Wort "Membrane"), während das Wort "Pergament" von dem Namen des Ortes Pergamon in Kleinasien stammt (vgl. Offenbarung 2,12). Hier wurde dieses Material eine Zeitlang angefertigt. Pergament wurde aus den geschorenen und gegerbten Häuten der Schafe, Ziegen, Antilopen und anderer Tiere hergestellt. Pergament aus Kalbsleder nannte man vellum. Man färbte Vellum oft in Purpurfarbe, um darauf dann mit Gold oder Silber zu schreiben. Verschiedene solcher kostbaren Bibelhandschriften auf Vellum sind bekannt. Zur Zeit des Neuen Testaments gebrauchte man Pergament hauptsächlich für wertvolle Dokumente, weil es haltbarer und kostbarer als Papyrus war. In 2. Timotheus 4,13 bittet der Apostel Paulus den Timotheus, ihm seinen Mantel mitzubringen und auch die "Bücher", vor allem aber die "Pergamente". Es handelt sich hier also um Buchrollen, teils aus Papyrus, teils aus Pergament (vielleicht waren die letzteren kostbare Dokumententeile des Alten Testaments). Nicht lange nach der apostolischen Zeit, im 3. Jahrhundert nach Christus, kam eine ganz neue Buchform in Gebrauch (der Codex), ein Buch mit Seiten, so wie wir es kennen. Die Blätter aus Papyrus oder Pergament wurden nun beidseitig beschrieben und wie Blätter eines Buches zusammengefügt. Manche meinen, dass die schnelle Verbreitung des Christentums und der grosse Bedarf an Schrifttum zu der Entwicklung dieser handlichen Buchform führten. Ausser an der Art oder an dem Zustand des Schreibmaterials kann das richtige Alter einer Buchrolle oder eines Codex auch an der benutzten Schreibmethode gemessen werden, nämlich an der Grösse und Form der Buchstaben, den Lesezeichen, der Einteilung des Textes und dem Schreibschmuck. Hinsichtlich der benutzten Buchstabentypen unterscheidet man das Schreiben in Uniale oder Majuskel (Grossbuchstaben) und Min uskel (Kleinbuchstaben), oder aber in Druckschrift oder Schreibschrift. Die Manuskripte, in denen diese Buchstaben enthalten sind, nennt man auch Unzial- beziehungsweise Minuskelschriften. Seit dem neunten Jahrhundert wurden die Unzialschriften bald von den Minuskelschriften verdrängt. Ein anderes typisches Kennzeichen der Schreibweise auf den Manuskripten (oder "Handschriften") ist, dass sowohl die griechischen als auch die hebräischen Handschriften fortlaufend geschrieben wurden, also ohne Absätze zwischen den einzelnen Wörtern. Ausserdem wurden die hebräischen Handschriften bis ca. 900 n. Chr, ohne Selbstlaute (Vokale) geschrieben (s. Kap. 3).
Datum: 07.11.2005
Autor: Willem J. Glashouwer
Quelle: Die Geschichte der Bibel