Rekonstruktion der Religionsgeschichte Israels in bibel­kritischer Sicht

Die Stiftshütte Gottes in der Wüste. Solange sein Volk keinen festen Wohnort hat­te, wollte Er ihn auch nicht haben (2. Samuel 7,1-7). In der Stiftshütte, die in ihrer Bauart, den Geräten und dem Opferdienst usw. prophetisch auf das Opfer Jesus Christus (er gab sich als vollkommenes Opfer) hinweist, stand auch die Bundeslade. Der Hohepriester sprenkelte auf ihren Deckel das Blut zur Sühnung. Es war der Ort wo Gott wohnte, der Thron Gottes im Allerheiligsten. In dieser Lade wurden u.a. die 10 Gebote aufbewahrt (2. Mose 25,16), die Worte, die Gott Mose gegeben hatte.

Schliesslich wollen wir noch in einem kurzen Überblick aufzeigen, auf welche phantasievolle und berechnende Art und Weise die Kritiker die Religionsgeschichte Israels "revidierten". Im Lichte der obengenannten allgemeinen Punkte wollen wir hier nur kleine Anmerkungen zu diesem oder jenem machen:

1. Die vorprophetische Periode (Abraham bis 760 v. Chr.):
a. Animismus: Steinanbetung (1. Mose 28,18; 31,17); Baumanbetung (l. Mose 12,6; 14,13); Aberglaube (2. Mose 20,25; 3. Mose 19,19); und so weiter. Reine Interpretationskunst!

b. Tieranbetung: Kälberkult in 2. Mose 32 (Die Kritiker behaupten seelenruhig, dass dieser nicht von Mose missbilligt wurde!) und in 1. Könige 12 ff. ("nicht von Elia verworfen!" siehe aber Amos 3,14) und die Kupferschlange (4. Mose 21,8+9; 2. Könige 18,14).

c. Kinderopfer (sieht man an 2. Mose 22,29!).

d. Die ältesten rituellen Gesetze sollen in 2. Mose 34,11-26 zu finden sein: Alle Israeliten konnten zu dieser Zeit noch Priester sein.

e. Vielgötterei; würde sich an der Mehrzahlform des Elohim zeigen (Gott, eigentlich: Götter), aus der Anerkennung anderer Götter (Richter 11,24; 1. Sam. 26,19; falsche Exegese!) und aus der Anerkennung geweihter Pfähle und Teraphim (= Hausgötzen): Hosea 3,4 sagt dieses aber nicht!

2. Die prophetische Periode (760-587 v. Chr.):
a. Die Idee des Monotheismus sei durch Amos eingeführt worden. Amos, der erste schreibende Prophet; seine begeisterten Anhänger seien: Hosea, Jesaja und Micha.

b. Ihr Monotheismus wäre dann zur Zeit Jeremias im 5. Buch Mose festgelegt worden, das aber ehrfurchtsvoll Mose zugeschrieben worden sei. (In Wirklichkeit aber weist schon allein die literarische Struktur des Buches darauf hin, dass es aus dem zweiten Jahrtausend v. Chr. stammt.)

c. In dieser Zeit habe die Priesterschaft sich schon auf den Stamm Levi beschränkt, aber noch nicht auf die Sippschaft Aarons (siehe aber 5. Mose 27,9+ 12; 1. Kön. 8,4).
d. Betonung eines sozialen Evangeliums (soziale Gerechtigkeit; Heil durch gute Werke).

e. Das Gottesbild wandle sich von einem hartherzigen, eifersüchtigen Geist, der aus einem Vulkan brüllte (Sinai) in eine erhabene Person voller Liebe und Barmherzigkeit (in Wirklichkeit rufen die Propheten auf zu einer Umkehr zu dem Gott, der Israel aus Ägypten führte - vgl. Hosea 11,1; 12,10+ 14; Arnos 2,10; 9,7; Micha 6,4; 7,15 - und kannten ihn immer noch als einen vergeltenden und richtenden Gott: vgl. Jesaja Kap. 24, Kap. 34 und Kap. 63!).

f. Abkehr von blutigen Opfern (Amos 5,21-26; Micha 6,6-8; Jesaja 1,11-17; Jeremia 7,22+23; in Wirklichkeit nur Abkehr von scheinheiligen Opfern); das "Mosaische" Gesetz noch immer gänzlich unbekannt (die Stiftshütte habe man später erdichtet).

3. Die priesterliche Periode (seit der babylonischen Gefangenschaft):
a. Nach dem Fall des Königtums und der Aufgabe politischer Bestrebungen zunehmende Wichtigkeit des Priesterstammes Levi.

b. Die Priesterschaft wird ab Hesekiel (vgl. 44,7-16) auf die Sippe Aarons beschränkt (Aaron selber soll eine erfundene Person sein!).

c. Opfer- und Gottesdienste werden nun erst allmählich in Regeln und schliesslich im P-Dokument festgelegt (für diese Behauptung mussten alle Gesetzregeln früherer Bücher wegargumentiert werden!). In Wirklichkeit gibt es Beweise im Überfluss dafür, dass gerade die P-Teile sehr alt sind! Die Archäologie hat aufgezeigt, dass die spezifische Terminologie des Opferdienstes auch bei anderen Völkern schon sehr früh bekannt war, und ausserdem gehören die P-Teile durch ihre Merkmale in eine viel frühere Zeit als die nach der Gefangenschaft. So finden wir in P viele Elemente, die nach der Gefangenschaft fehlen oder nicht mehr genannt werden, wie die Stiftshütte, die Bundeslade, die 10 Gebote, Urim und Thummim, den grossen Versöhnungstag, die Freistädte, die Hebopfer, die Beschneidung, die Bedeutung des Blutes, den Nasiräer (Gottgeweihten), während wichtige Elemente aus der Zeit nach der Gefangenschaft in P gänzlich fehlen, wie der Name "Jahwe der Heerscharen", Gesang und Musik bei den Gottesdiensten, Schriftgelehrte und der Name "Tempel".

Die alttestamentliche Kritik ist von einer verwerflichen Annahme ausgegangen, wurde auf untaugliche Fundamente aufgebaut, mit manchmal unwissenschaftlichen Methoden betrieben und hat zudem ein Durcheinander widersprüchlicher Resultate und Auffassungen hervorgebracht, die die Unsinnigkeit dieser Forschungsart aufgezeigt haben. Noch immer haben wir Grund genug, an der göttlichen Offenbarung und der historischen und geistlichen Glaubwürdigkeit der Schrift festzuhalten.

Datum: 18.06.2005
Autor: Willem J. Glashouwer
Quelle: Die Geschichte der Bibel

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