Offenbarung

Im Gegensatz zu den meisten anderen Büchern der Bibel nennt das Buch der Offenbarung seinen Titel selbst: »Offenbarung Jesu Christi« (1,1). Gott stellte sicher, dass am Ende der Bibel ein gewaltiges »Grande Finale« kommt. Die Ouvertüre begann im ersten Buch Mose und in der Offenbarung wird uns ein dramatisches Ende geschildert. Bei allen Vorkommen bezeichnet das Wort »Offenbarung« eine Sache oder Person, die vormals verborgen war, jetzt aber sichtbar geworden ist. Dieses Buch offenbart oder entschleiert Jesus Christus in seiner Herrlichkeit. Wahrheiten über ihn und seinen letztendlichen Sieg, die in der Bibel ansonsten nur angedeutet wurden, treten hier durch die Offenbarung über Jesus Christus klar erkennbar zutage. Autor und Abfassungszeit Verfasst vom Apostel Johannes ca. 94 bis 96 n.Chr. Der Autor bezeichnet sich viermal als Johannes (1,1.4.9; 22,8). Schon zu Beginn der christlichen Überlieferung wurde er einstimmig als Johannes der Apostel identifiziert, der Autor des vierten Evangeliums und der drei Briefe. Zu wichtigen Zeugen für die Autorschaft des Johannes zählen z.B. Justin der Märtyrer, Irenäus, Klemens von Alexandria und Tertullian, die allesamt Zeitzeugen des 2. Jh. waren. Zu Lebzeiten von Justin dem Märtyrer und Irenäus, die beide die apostolische Autorschaft bezeugten, lebten noch viele Leser des Originals dieses Buches.Die Offenbarung unterscheidet sich stilistisch von den anderen Schriften des Johannes, doch diese Unter schiede sind unbedeutend und widerlegen nicht, dass diese Dokumente von ein und derselben Person stammen. Und tatsächlich gibt es einige verblüffende Parallelen zwischen der Offenbarung und den anderen Werken des Johannes. Nur das Johannesevangelium und die Offenbarung bezeichnen Jesus Christus als das Wort Gottes (19,13; Joh 1,1). Die Offenbarung (1,7) und das Johannesevangelium (19,37) übersetzen Sacharja 12,10 anders als die LXX, doch miteinander übereinstimmend. Nur die Offenbarung und das Johannesevangelium beschreiben Jesus als »das Lamm« (5,6.8; Joh 1,29) und beide bezeichnen Jesus als »Zeugen« (vgl. 1,5; Joh 5,31.32). Die Offenbarung wurde im letzten Jahrzehnt des 1. Jh. geschrieben (ca. 94-96 n.Chr.), gegen Ende der Regierungszeit von Kaiser Domitian (81-96 n.Chr.). Zwar datieren manche die Offenbarung auf die Regierungs zeit Neros (54-68 n.Chr.), doch ihre Argumente überzeugen nicht und widersprechen der Auffassung, die in der Anfangszeit der Gemeinde vorherrschte. Irenäus zufolge, der im 2. Jh. schrieb, wurde die Offenbarung gegen Ende der Regierungszeit Domitians verfasst. Spätere Autoren wie z.B. Klemens von Alexandria, Origenes, Vikto rinus (der einen der ersten Kommentare zur Offenbarung schrieb), Eusebius und Hieronymus bestätigen diese Datierung. Der geistliche Verfall der sieben Gemeinden (Kap. 2 – 3) ist ebenfalls ein Argument zugunsten der späteren Datierung. Diese Gemeinden waren Mitte der 60er Jahre stark und geistlich gesund, als Paulus zum letzten Mal in Kleinasien wirkte. Die Zeitspanne zwischen dem Wirken von Paulus und dem Ende der Regierungszeit Neros war zu kurz, als dass ein derartiger Verfall realistisch wäre. Die längere Zeitspanne bis zum Ende des 1. Jh. erklärt ausserdem das Aufkommen der häretischen Sekte der Nikolaiten (2,6.15), die nicht in den Paulusbriefen erwähnt werden, nicht einmal in seinem Brief an die Gemeinde von Ephesus, wo diese Sekte später ihr Unwesen trieb. Und wäre die Offenbarung bereits zur Regierungszeit Neros geschrieben worden, dann wäre Johannes mit seinem Dienst in Kleinasien sicherlich noch nicht an einen Punkt gekommen, an dem die Autoritäten es für nötig befunden hätten, ihn ins Exil zu verbannen. Schlüsselpersonen im Buch der OffenbarungJohannes

– Apostel Jesu Christi, dem die Offenbarung Jesu Christi von einem Engel überbracht wurde (1,1.4.9; 22,8)

Jesus – der offenbarte Sohn Gottes, der wiederkommt, um die Seinen zu sich zu holen (1,1 – 22,21)

Hintergrund und Umfeld

Zu Beginn der Offenbarung erfahren wir, dass Johannes, der letzte noch lebende Apostel, als alter Mann auf die kleine, karge Insel Patmos verbannt worden war, die südwestlich von Ephesus in der Ägäis liegt. Die römische Regierung hatte ihn dorthin ins Exil geschickt, weil er treu das Evangelium verkündete (1,9). Auf Patmos empfing Johannes eine Reihe von Visionen, die die Zukunft der Weltgeschichte vor seinen Augen entfalteten.

Als Johannes verhaftet wurde, hielt er sich in Ephesus auf und diente der dortigen Gemeinde, sowie den Gemeinden in den umliegenden Städten. Er wollte diese Versammlungen stärken, konnte ihnen nach seiner Verbannung aber nicht mehr persönlich dienen und befolgte daher den göttlichen Befehl (1,11), ihnen das Buch der Offenbarung zu schreiben und zu senden (1,4). Die Gemeinden bekamen allmählich die Auswirkungen der Verfolgung zu spüren, und ein Gläubiger – wahrscheinlich ein Gemeindehirte – hatte bereits den Märtyrertod erlitten (2,13); zudem war Johannes selbst verbannt worden. Doch die Verfolgung stand im Begriff, in vollem Ausmass über die sieben Gemeinden hereinzubrechen, die dem Apostel so sehr am Herzen lagen (2,10). Für diese Gemeinden war das Buch der Offenbarung eine Botschaft der Hoffnung: Gott ist souverän und hält alle Ereignisse der Weltgeschichte in seiner Hand. Auch wenn oft das Böse überhand zu nehmen scheint und schlechte Menschen die Macht in der Hand haben, so steht ihr letztes Schicksal doch fest. Christus wird in Herrlichkeit wiederkommen und richten und regieren.

Schlüssellehren im Buch der Offenbarung

Offenbarung – Jesu Christi wahre Identität und sein Erlösungswerk werden entschleiert (1,1 – 22,21; Jes 11,5; 53,1-11; Sach 9,9; Lk 1,35; Joh 1,1-14; 7,18; Apg 4,27; 2Kor 8,9; Phil 2,8; 1Th 5,24; Hebr 1,9; 1Joh 5,20)

Heiligkeit – die Gemeinde wird vor der Sünde gewarnt und zur Heiligkeit angehalten (22,11; 3Mo 11,45; 19,2; 20,7; Ps 24,3-4; Röm 8,29; 12,1; Eph 5,1.8; Kol 3,12; Hebr 12,14; 1Pt 1,15.16; 1Joh 2,6)

Anbetung – Gott ist würdig, von den Menschen Anbetung und Preis zu empfangen (4,10.11; 5,12; 2Sam 22,44; Ps 22,24; 50,23; 96,2; 145,3; Hes 3,12; Dan 2,20; Mt 2,1.2.11; 28,16.17; Joh 4,20-24; 9,30-38; Lk 1,68.69; Hebr 1,6; Jud V. 25)

Eschatologie – die Lehre der letzten Dinge (4,1 – 22,21)

Gottes Wesen im Buch der Offenbarung

Gott ist ewig – 4,8-10; 16,5 Gott ist herrlich – 21,11.23

Gott ist heilig – 4,8; 15,4; 21,27

Gott ist gerecht – 19,2

Gott ist mächtig – 4,11; 5,13; 11,17

Gott ist rechtschaffen – 16,5.7; 19,2

Gott ist wahrhaftig – 15,3; 16,7

Gott ist zornig – 6,17; 11,18; 16,6.7; 19,15

Christus im Buch der Offenbarung

Im letzten Buch der Bibel offenbart sich Jesus Christus triumphierend als der Allmächtige (1,8), das Alpha und das Omega (1,8; 21,6), der Anfang und das Ende (1,8; 21,6). Jesus wird auch als der Löwe aus dem Stamm Juda (5,5), die Wurzel Davids (5,5), Lamm Gottes (5,6 – 22,3), Wort Gottes (19,13) und König der Könige und Herr der Herren (19,16) bezeichnet.

Schlüsselworte im Buch der Offenbarung

Hades/Totenreich: Griechisch hades – 1,18; 6,8; 20,13.14 – wortwörtlich »der Ort der Nichtsichtbaren«. Dieses gr. Wort, hebräisch sheol, beschreibt die unsichtbare Welt der Toten. Alle Menschen, die sterben, gehen in den Hades, d.h. sie gehen von der sichtbaren in die unsichtbare Welt. Tod und Hades sind in diesem Sinne Synonyme. Unglücklicherweise verwechseln viele Leute den Hades mit der Hölle, dem Ort ewiger Bestrafung. Der gr. Ausdruck für Hölle lautet aber gehenna (s. Mk 9,43-45). Alle werden eines Tages in den Hades kommen, aber die Hölle können wir vermeiden, indem wir an das Erlösungswerk Christi glauben.

Allmächtig: Griechisch pantokrator – 1,8; 4,8; 11,17; 15,3; 16,7.14; 19,15; 21,22 – wortwörtlich »einer, der Macht über alles hat«, d.h. er beherrscht alles und hat alles unter Kontrolle. Gott gebietet allen Mächten und Gewalten im Himmel und auf der Erde und kein Feind kann ihm widerstehen. Der Titel »der Allmächtige« kommt in der Offenbarung häufig vor, denn gerade in diesem Buch wird Gottes Herrschaft über das gesamte Universum und den Verlauf der Geschichte eindrücklich geschildert.

Teufel/Satan: Griechisch diabolos – 2,10; 12,9.12; 20,2.10 – wortwörtlich »Verleumder« und gr. satanas – 20,2.7 – wortwörtlich »Widersacher/Feind«. Das Wort diabolos bezeichnet jemand, der andere anklagt. Darum wird er auch »der Verkläger der Brüder« genannt (12,10). Der Name Satan beschreibt, wie er jemandem auflauert oder sich jemandem widersetzt. Diese und andere Namen dieses gefallenen Engels verdeutlichen sein böses und teuflisches Wesen und seine dunkeln Machenschaften.

Neues Jerusalem: Griechisch kaine – 3,12; 21,2.10. Das Neue Jerusalem, das aus dem Himmel kommt, unterscheidet sich grundlegend vom irdischen Jerusalem, der einstigen Hauptstadt Israels. Nach dieser Stadt hielt Abraham Ausschau; die Stadt, deren Baumeister und Schöpfer Gott ist (Hebr 11,10). Diese Stadt existiert bereits jetzt im Himmel, denn Paulus nennt sie im Galaterbrief 4,26 »das obere Jerusalem«.

Das Alpha und das Omega: Griechisch to Alpha kai to O – 1,8.11; 21,6; 22,13. Das Alpha und das Omega sind der erste und der letzte Buchstabe im griechischen Alphabet. Dieser Ausdruck wird sowohl für Gott den Vater als auch für Gott den Sohn benutzt. Gott in Christus schliesst alles mit ein, was zwischen dem Alpha und dem Omega liegt, er ist der Erste und der Letzte und auch der Anfänger und der Vollender. Dieser Begriff bringt Gottes Fülle, sein alles umfassendes Wesen sowie seine Allmacht und Souveränität zum Ausdruck. Er ist der Ursprung und die Quelle aller Dinge und er wird alles dem von ihm bestimmten Ende zuführen.

Gliederung

Was du gesehen hast (1,1-20)

  • Der Prolog (1,1-8)
  • Die Vision des verherrlichten Christus (1,9-18)
  • Die Beauftragung des Apostels zum Schreiben (1,19.20)

Was jetzt ist (2,1 – 3,22)

  • Der Brief an die Gemeinde in Ephesus (2,1-7)
  • Der Brief an die Gemeinde in Smyrna (2,8-11)
  • Der Brief an die Gemeinde in Pergamos (2,12-17)
  • Der Brief an die Gemeinde in Thyatira (2,18-29)
  • Der Brief an die Gemeinde in Sardes (3,1-6)
  • Der Brief an die Gemeinde in Philadelphia (3,7-13)
  • Der Brief an die Gemeinde in Laodizea (3,14-22)

Was nach diesem geschehen soll (4,1 – 22,21)

  • Anbetung im Himmel (4,1 – 5,14)
  • Die grosse Trübsalszeit (6,1 – 18,24)
  • Die Rückkehr des Königs (19,1-21)
  • Das Tausendjährige Reich (20,1-10)
  • Das Gericht am grossen weissen Thron (20,11-15)
  • Der ewige Zustand (21,1 – 22,21)

Zur gleichen Zeit an einem anderen Ort auf der Erde …

Klemens I. wird Bischof von Rom (88 bis 97 n.Chr.). Unter Kaiser Trajan (98 bis 117 n.Chr.) erreicht das Römische Reich seine grösste Ausdehnung.

Häufig auftauchende Fragen

1. Welche unterschiedlichen Auslegungsmöglichkeiten gibt es für das Buch der Offenbarung?

Kein anderes Buch des NT stellt den Ausleger vor mehr bedeutende und schwierige Herausforderungen als die Offenbarung. Die eindrückliche Bildersprache des Buches und sein reichhaltiger Symbolismus haben zu vier verschiedenen Auslegungsansätzen geführt:

  • Der präteristische Ansatz versteht die Offenbarung als eine Beschreibung der Ereignisse im Römischen Reich des 1. Jh. Diese Sichtweise widerspricht der wiederholten Aussage der Offenbarung, prophetisch zu sein (1,3; 22,7.10.18.19). Es ist unmöglich, alle Ereignisse der Offenbarung als be reits erfüllt zu betrachten. Beispielsweise ist Christus im 1. Jh. offensichtlich nicht wiedergekommen.
  • Der historische Ansatz betrachtet die Offenbarung als ein Panorama der Kirchengeschichte von apostolischer Zeit bis heute und sieht in den Symbolismen solche Ereignisse wie die Invasion der Barbaren in Rom, den Aufstieg der römisch-katholischen Kirche (sowie verschiedener Päpste), das Auftreten des Islam und die Französische Revolution. Diese Interpretationsmethode beraubt die Offenbarung jeglicher Bedeutung für ihre ursprünglichen Empfänger. Ausserdem missachtet dieser Ansatz die Zeitangaben, die das Buch für den Verlauf bestimmter Ereignisse anführt (vgl. 11,2; 12,6.14; 13,5). Der Historismus hat zu vielen verschiedenen – und häufig widersprüchlichen – Interpretationen geführt, um welche historischen Ereignisse es sich in den Beschreibungen der Offenbarung handeln solle.
  • Der idealistische Ansatz interpretiert die Offenbarung als zeitlose Beschreibung des kosmischen Kampfes zwischen den Mächten Gut und Böse. Dieser Ansicht zufolge enthält das Buch weder historische Andeutungen noch voraussagende Prophetie. Diese Sichtweise ignoriert ebenfalls den prophetischen Charakter der Offenba rung. Wenn man diesen Ansatz logisch konsequent bis zum Ende führt, wird die Offenbarung dadurch von jeder Verbindung zu tatsächlichen historischen Ereignissen losgelöst. Dann verbleibt von ihr nur noch eine Sammlung von Geschichten, die geistliche Wahrheiten vermitteln sollen.
  • Der futuristische Ansatz geht davon aus, dass die Ereignisse der Kap. 6 – 22 noch in der Zukunft liegen und dass diese Kapitel sowohl in buchstäblicher als auch in symbolischer Weise tatsächliche Personen und Ereignisse beschreiben, die zukünftig auf der Bühne der Weltgeschichte stattfinden werden. Demnach beschreibt die Offenbarung die Ereignisse um die Wiederkunft Jesu Christi (Kap. 6 – 19), das Tausendjährige Reich und das Endgericht (Kap. 20) und den Zustand in der Ewigkeit (Kap. 21 – 22). Allein diese Sichtweise wird dem prophetischen Anspruch der Offenbarung gerecht, da sie die Kap. 4 – 22 anhand derselben grammatisch-historischen Methode interpretiert wie Kap. 1 – 3 und den Rest der Bibel.

2. Was wissen wir über die sieben Gemeinden, an die Johannes diesen Brief schrieb?

Offenbarung 2,1 – 3,22 beinhaltet sieben Briefe an sieben Gemeinden, die Johannes direkt vom Herrn Jesus Christus diktiert wurden. Jede dieser Gemeinden spiegelt eine bestimmte Charaktereigenschaft wider, die vom Herrn entweder getadelt oder gelobt wird. Die Gemeinden wurden nach der jeweiligen Stadt benannt, wo sie sich befanden:

  • Ephesus, die lieblose Gemeinde
  • Smyrna, die verfolgte Gemeinde
  • Pergamos, die kompromissbereite Gemeinde
  • Thyatira, die korrupte Gemeinde
  • Sardes, die tote Gemeinde
  • Philadelphia, die treue Gemeinde
  • Laodizea, die lauwarme Gemeinde

Wenngleich diese sieben Gemeinden reale, historische Gemeinden in Kleinasien waren, repräsentieren sie bildhaft Gemeinden, die während der gesamten Gemeindezeit existieren. Was Christus diesen Gemeinden zu sagen hat, ist zu allen Zeiten gültig und aktuell.

3. Muss bzw. soll man Offb 3,20 so verstehen, dass Jesus an der Herzenstür jedes einzelnen Menschen steht und anklopft?

Im Gegensatz zur üblichen Interpretation, dass Christus hier an der Herzenstür einer Person klopfe, macht der Kontext vielmehr deutlich, dass der Herr versucht, in diese Gemeinde hineinzukommen, die seinen Namen trägt, in der es aber keinen einzigen wahren Gläubigen gibt. Er klopfte mit diesem scharfen Brief an. Wenn ein Gemeindeangehöriger seinen geistlichen Bankrott einsieht und mit rettendem Glauben reagiert, wird Christus in die Gemeinde hineinkommen.

4. Was ist die »Trübsal« und wo muss im Buch der Offenbarung angesiedelt werden?

Die Trübsal bezieht sich auf die sieben Jahre, die unmittelbar auf die Entrückung der Gemeinde folgen (Joh 14,1-3; 1Th 4,13-18). Dann werden die gerechten Gerichte über die Ungläubigen ausgegossen werden (Jer 30,7; Dan 9,27; 12,1; 2Th 2,7-12; Offb 16). Auf dem Höhepunkt dieser Gerichtszeit wird Christus in Herrlichkeit auf die Erde zurückkehren (Mt 24,27-31; 25,31-46; 2Th 2,7-12).

Der lange Abschnitt von Offb 6,1 – 19,21 liefert eine detaillierte Beschreibung der Gerichte und Ereignisse in der Trübsalszeit, beginnend mit dem Öffnen der sieben Siegel, den Trompeten, den Gerichtsschalen Gottes bis hin zur Wiederkunft Christi, um die Gottlosen zu vernichten (19,11-21). Genaue Zeitangaben dazu finden wir in Offenbarung Kapitel 11,2-3; 12,6.14; 13,5. Die zweite Hälfte dieser sieben Jahre dauernden Trübsal wird in Offb 7,14 auch »die grosse Trübsal« genannt.

5. Warum wird der Zahl 666 so viel Beachtung geschenkt?

Zahlen spielen in der Bibel in zweifacher Hinsicht ein Rolle: 1) sie zeugen von Gottes Genauigkeit; 2) weisen sie uns wiederkehrende Ideen oder Gedanken hin. Die Zahl 666 kommt in Offb 13,18 vor. Die Bedeutung der Zahl wird nicht betont, folglich müssen wir sehr vorsichtig sein und unsere Spekulationen im Zaum halten.

Ihrem Wesen nach handelt es sich um die Zahl eines Menschen. Der Zahl 6 fehlt nur ein einziger Zähler zur 7, zur vollkomme nen Zahl Gottes, und somit repräsentiert die 6 menschliche Unvollkom menheit. Der Antichrist, der mächtigste Mann der Weltgeschichte, wird immer noch ein Mensch sein, d.h. eine 6. Das Höchste, was Menschen und Dämonen mit ihrer Macht erreichen können, ist eine 6, und nicht die Vollkommenheit Gottes. Die 3-fache Nennung der Zahl wiederholt und unterstreicht die Identität des Menschen. Die Betonung liegt ausdrücklich auf seiner Unvollkommenheit und nicht auf seiner Beinahe-Vollkommenheit. Wenn schliesslich der Antichrist offenbart wird, wird es irgendwie möglich sein, ihn anhand dieser »Zahl eines Menschen« zu erkennen, oder sein Name entspricht womöglich der Summe 666. (In vielen Sprachen, wie z.B. Hebr. Gr. und Lat. haben die Buchstaben auch Zahlenwerte.) Da dieser Text nur wenig über die Bedeutung der Zahl 666 offenbart, ist es unweise, über die Aussagen des Textes hinaus zu spekulieren.

6. Warum ruft die grosse Volksmenge (Offb 19,1-6) ununterbrochen »Halleluja«?

Der Begriff ist eine buchstabengetreue Umsetzung des entsprechenden hebräischen Wortes und kommt nur an vier Stellen im NT vor, die alle in diesem Kapitel zu finden sind (19,1.3-4.6). Dieser Ausruf »preist den Herrn« kommt im AT häufig vor (Ps 104,35; 105,45; 106,1; 111,1; 112,1; 113,1; 117,1; 135,1; 146,1). Die grosse im Himmel versammelte Volksmenge hat fünf Gründe, warum sie ununterbrochen »Halleluja – preist den Herrn« ruft:

  • Sie preisen Gott, weil er sie von ihren Feinden befreit hat (19,1-2)
  • Sie preisen Gott, weil er Gerechtigkeit übt (19,2)
  • Sie preisen Gott, weil er den Aufstand der Menschen endgültig niedergeworfen hat (19,3)
  • Sie preisen Gott für seine Souveränität (19,6)
  • Sie preisen Gott, weil er Gemeinschaft hat mit seinem Volk hat (19,7)

7. Was ist das Millennium und wo ist es in der Offenbarung anzusiedeln?

In Offenbarung 20 wird sechs Mal von einem Tausendjährigen Reich gesprochen (20,2-7). Es gibt drei verschiedene Hauptsichtweisen bezüglich der Dauer und des Wesens dieses Zeitalters:

  1. Der »Prämillennialismus« versteht diese Zeit als eine buchstäblich 1000 Jahre dauernde Periode, während der Jesus Christus auf der Erde regiert. Dadurch werden zahlreiche Prophezeiun gen aus dem AT erfüllt (z.B. 2Sam 7,12-16; Ps 2; Jes 11,6-12; 24,23; Hos 3,4.5; Joel 4,9-21; Am 9,8-15; Mi 4,1-8; Zeph 3,14-20; Sach 14,1-11) sowie Jesu Voraussagen (Mt 24,29-31.36-44). Wendet man dieselben allgemeinen Prinzipien der Schriftauslegung sowohl auf prophetische als auch auf nichtprophetische Abschnitte an, gelangt man damit ganz natürlich zum Prämillennialismus. Ein weiteres gewichtiges Argument zugunsten dieser Sichtweise besteht darin, dass bereits so viele biblische Prophezeiungen buchstäblich erfüllt worden sind, was nahe legt, dass noch ausstehende Prophezeiungen ebenfalls buchstäblich in Erfüllung gehen werden.
  2. Der »Postmillennialismus« versteht die erwähnten 1000 Jahre lediglich als Symbol für ein goldenes Zeitalter der Gerechtigkeit und des geistlichen Wohlergehens. Dieses Zeitalter wird eingeleitet durch die Ausbreitung des Evangeliums während des gegenwärtigen Gemeindezeitalters und wird vollendet, wenn Christus wiederkommt. Dieser Sichtweise zufolge beschreiben die Aussagen über Christi Herrschaft auf der Erde seine geistliche Herrschaft in den Herzen der Gläubigen der Gemeinde.
  3. Der »Amillennialismus« versteht die 1000 Jahre lediglich als Symbol für eine lange Zeitperiode. Diese Sichtweise interpretiert atl. Prophezeiungen eines messianischen Reiches dahingehend, dass sie jetzt in der Gemeinde geistlich erfüllt seien (entweder auf der Erde oder im Himmel) oder als Aussagen über den ewigen Zustand. Wenn man dieselben wörtlichen, historisch-grammatischen Prinzipien der Schriftauslegung so anwendet wie beim Bestimmen der normalen Bedeutung von Sprache, kommt man unausweichlich zu der Schlussfolgerung, dass Christus wiederkommen und 1000 Jahre über ein reales irdisches Reich herrschen wird. Alles spricht also für den »Prämillennialismus«. Nichts in diesem Text veranlasst zu dem Schluss, dass »tausend Jahre« symbolisch gemeint sind. Wenn der Begriff »Jahr« in der Bibel in Verbindung mit einer Zahl benutzt wird, ist er immer wörtlich gemeint.

Kurzstudium zum Buch der Offenbarung/einige Fragen

  • Im Buch der Offenbarung wird der Zweck des Buches beschrieben. Warum wurde das Buch der Offenbarung geschrieben?
  • Welches sind die sieben Gemeinden, an die Johannes seinen Brief richtet und wie werden sie von Jesus beurteilt?
  • Wie veranschaulicht die Offenbarung Gottes Souveränität?
  • Was geschieht im Verlauf der Offenbarung mit Menschen, die ihrem Glauben an Jesus Christus treu bleiben?
  • Was wird laut Kapitel 20 am Tag des letzten Gerichts stattfinden?
  • Wessen Namen stehen im Buch des Lebens geschrieben?
Fortsetzung: Übersicht zur Theologie

Datum: 15.08.2005
Autor: John MacArthur
Quelle: Basisinformationen zur Bibel

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