Rätselraten

König Davids Palast

David und sein Palast: «Die Funde werden täglich aus dem Boden gehoben», sagt der Archäologe Peter van der Veen. Neue Entdeckungen aus der Stadt Davids bestätigen alte Aussagen der Bibel.
Peter van der Veen bei einer Ausgrabung.
Eilat Mazar gräbt seit mehreren Jahren in Jerusalem.
Hier, südwestlich der Jerusalemer Altstadt, lag die Stadt Davids (Foto: BiblePlaces.com).
Das Kidrontal, in dieser Gegend lag die Stadt Davids (Foto: BiblePlaces.com).

Er gewann als Hirtenjunge den legendären Kampf gegen Goliath und führte Israel in sein Goldenes Zeitalter: König David. 1000 Jahre vor Christus eroberte er Jerusalem. Er führte Kriege gegen die Philister, Aramäer und Moabiter. Dann brachte für den Nahen Osten eine lange Periode des Friedens, von Ägypten bis an den Euphrat. Thronfolger wurde sein Sohn Salomo, genannt der Weise. Er führte diese ruhmreiche Epoche für Jahrzehnte weiter.

Salomo baute Jerusalem aus, errichtete den ersten Tempel, und gründete viele weitere Städte im ganzen Land.

Goliath und Benaja

Und hier kommt Archäologe Peter van der Veen ins Spiel. Bei seinen Forschungen im hebräischen Wüstensand hat er schon mehrere Kilogramm Staub eingeatmet. Van der Veen berichtet von Inschriften und anderen Funden, welche die Namen der biblischen Geschichtschreibung bestätigen. So stand auf einer Tonscherbe der Name «Goliath» oder auf einer Pfeilspitze «Benaja». «Das heisst noch nicht, dass mit die gleichnamigen Personen aus der Bibel gemeint waren; heute gibt es viele Peter und Harald. Aber es macht deutlich, dass die Namen geläufig waren», schildert van der Veen.

Der gleiche Architekt

Viele Forscher hätten, so van der Veen, früher mit der Bibel in der einen Hand und dem Spaten in der anderen gegraben: «Sie wollten entdecken, woran sie glaubten. Für sie war klar, dass Salomo etwas hinterlassen hat. Tatsächlich ist es beeindruckend, was er nach den biblischen Erzählungen in seinen 40 Jahren als König alles erbaut hat.»

Nach der Staatsgründung von Israel im Jahr 1948 nahmen einheimische Forscher die Schaufel in die Hand. Überall fanden sie Bauten nach dem gleichen Muster: Sechskammer-Tore und Kasematten-Mauern. «Sie vermuteten, dass dahinter auch der gleiche Architekt steckt.» Der Stil würde in Salomos Kultur passen, nur die Datierung stimme nicht.

Laut dem Archäologen Israel Finkelstein (Autor von: «Keine Posaunen vor Jericho – die archäologische Wahrheit über die Bibel ») stammen die Mauern erst aus der Zeit Omris und Ahabs ums Jahr 870 v. Chr., also erst hundert Jahre nach Salomo.

Peter van der Veen: «Wir haben sehr wenig Inschriften, die beweisen, dass Salomo tatsächlich der Baumeister all dieser Bauten war. Es sind keine Etiketten daran. Trotz seiner zahlreichen Bauten gibt es kaum Hinweise auf eine kulturelle Blütezeit. Es dürfte dort zwar Gold und Elfenbein gegeben haben, aber das wäre später von den Assyrern und Babyloniern geplündert worden. Aber womöglich waren das auch eher militärische Bauten.»

Kuhdorf oder Prunkstätte

Israel Finkelstein stellt auch das Jerusalem der Jahrtausendwende als ein wenig besiedeltes Kuhdorf dar, und David und Salomo waren auch nicht als mächtige Könige, sondern Lokalfürsten im judäischen Hügelland. Die biblische Geschichte eines „Grossreichs“ sei erst später erfunden worden.

Zu einem ganz anderen Schluss kommt die Archäologin Jane Cahill. Sie spricht von einem blühenden Zentrum, das dort schon in den Jahren 1200 bis 1000 v. Chr. bestand – inklusive eine Wehrburg am Osthang der Davidstadt, die die Herrscher der Jebusiter zu einer Palastanlage erweiterten.

Die Archäologin Eilat Mazar dagegen datiert die Wehranlage auf die Zeit Davids. Die Jerusalemer Archäologin stiess in den letzten Jahren vor Ort ebenfalls auf Überreste eines grossen Gebäudes, das sie auf David zurückführt. Sie hat auch Hinweise gefunden, dass das Gebäude, das sie mit dem Palast Königs Davids gleichsetzen möchte, zur selben Zeit entstanden war, und zwar als Wehranlage im Zuge eines umfangreichen Bauprojekts. Im Lauf dieses Jahres will Mazar ihre fünfte Grabungssaison durchführen.

Keramik war der Stolperstein

Die östliche Wehranlage sei nach ihrer Einschätzung mit dem biblische «Millo» aus 1. Könige 9,24 identisch, der von Salomo erbaut wurde; auch andere Gelehrten hatten das bereits vermutet. Nur habe man die Datierung irrtümlich um zwei Jahrhunderte zurückversetzt. Der Grund: Frühere Archäologen der Hebräischen Universität hatten unterhalb und in den Fundamenten der Wehranlage Keramik aus der Zeit um 1200 v. Chr. entdeckt. Das Bauwerk könne also nicht von jenen beiden biblischen Herrschern stammen.

Der «Palast Davids» wiederum, den Mazar ausgegraben hatte, steht auf einer dicken Schicht Keramik aus genau derselben Zeit wie die vermeintlich frühere Keramik in den Fundamenten der Wehranlage. Auch wenn die eigentlichen Böden des Palastes in späterer Zeit entfernt wurden, stammt die früheste Keramik unter dem Palast aus der Zeit um 1200 v. Chr. und nicht aus der Zeit Davids im 10. Jahrhundert v. Chr.

Peter van der Veen: «Heute nimmt Mazar an, dass die Keramik unter dem Palast älter sein muss als der Palast selbst, weil dieser auf dem bestehenden Boden erbaut wurde. Eilat Mazar muss nun ihre Theorie durch Grabungen beweisen. Siedler haben ihr dazu die Genehmigung erteilt.»

Kurzgefasst: Obwohl Mazar festgestellt hat, dass der Palast und die Wehranlage zur selben Zeit gebaut wurden, hat Cahill anhand der Keramik nachweisen können, dass die Wehrlage vor David gebaut wurde. – Wie kann nun dieser Widerspruch erklärt werden?

Fehler in der Chronologie

Peter van der Veen, der einerseits glaubt, dass die Wehranlage und der Palast aus der Zeit Davids und Salomos stammt, andererseits Cahill recht geben muss, dass die Keramik aus der Zeit um 1200 v. Chr. stammt, sieht die Lösung in einer fehlerhaften Zeitrechnungg.

«Die Chronologie müsste um 200 Jahre nach unten, also in Richtung Gegenwart, geschoben werden.» Davon seien inzwischen auch weitere Wissenschaftler überzeugt. Maßstab für die Bewertungen sind die Herrscher-Abfolgen der ägyptischen Pharaonen. Und dort wurde laut van der Veen ein erheblicher Fehler gemacht: Man reihte die Herrscher alle hintereinander. Doch im damals geteilten Ägypten regierten aber oft mindestens zwei Pharaonen nebeneinander. Somit wurde die Chronologie aus Versehen verlängert.

«Eine Revision ist nötig. Sie ist sehr komplex, aber es lohnt sich. Spätestens dann bliebe es auch den Skeptikern nicht erspart, sich eingestehen, dass Davids Palast tatsächlich in der Zeit Davids erbaut wurde, denn was um 1200 vor Christus gebaut wurde, entstand in Wirklichkeit um 1000 vor Christus, also 200 Jahre später.»

Datum: 05.03.2009
Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet.ch

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