Davids erster Sieg

So war David, mit der Schleuder und mit dem Steine, stärker als der Philister, und er schlug den Philister und tötete ihn; und David hatte kein Schwert in der Hand.
1. Samuel 17,50

Eine sorgfältige Betrachtung des ganzen Kapitels wird euch für eure Mühe belohnen. Ich habe nur einen Vers ausgewählt, aber ich habe die ganze Geschichte zum Text nötig. Wenn ihr die Geschichte gut kennt, haben wir keine lange Vorrede nötig. So wollen wir denn sofort daran gehen, David in seinem Kampf mit Goliath und in seinem Sieg über ihn zuerst als ein Abbild von unserem Herrn Jesus Christus und zweitens als ein Vorbild für uns selbst zu betrachten.

Davids Kampf gegen Goliath ist ein Vorbild auf unseren Herrn Jesus Christus

Die alten Kirchenväter waren in der Entdeckung vorbildlicher Ähnlichkeiten sehr gross. Sie breiteten sich in ihren Erklärungen so aus und gingen so auf die Einzelheiten ein, dass sie manchmal zu weit gingen und in Spielereien ausarteten. So ging z. B. Origenes, indem er buchstäblichen Berichten einen geistlichen Sinn gab, weit über das hinaus, was man als eine weise Auslegung betrachten kann, und andere, welche es versucht haben, noch weiter zu gehen als dieser grosse Meister der dunklen Lehre, haben der Gemeinde Gottes dadurch, dass sie köstliche Wahrheiten in Misskredit brachten, grossen Schaden zugefügt.

Das Studium der Vorbilder des Alten Testamentes hat seit den Tagen, da diese Männer es durch ihren unklugen Eifer verdorben haben, kaum wieder seinen geeigneten Platz in der christlichen Gemeinde erhalten. Wir sind aber nicht bereit anzunehmen, dass etwas Gutes aufhört, gut zu sein, weil es in manchen Zeiten missbraucht worden und deshalb in Misskredit geraten ist. Wir denken, dass ein solches Studium doch vorteilhaft sein kann. Innerhalb gewisser Grenzen können also die Vorbilder und Allegorien der Heiligen Schrift als Handbuch gesunder Lehre gebraucht werden.

Nun wird von allen evangelischen Christen einmütig angenommen, dass David ein vorzügliches Vorbild auf den Herrn Jesus Christus war. Im Hinblick auf diese Tatsache lasst uns beachten, dass David, bevor er mit Goliath kämpfte, von Gott gesalbt worden war. Samuel war nach Bethlehem hinabgegangen und hatte das Öl aus seinem Horn auf sein Haupt gegossen. Die Parallele ist euch klar. So hat Gott, der Herr, einen Auserwählten aus dem Volk erhöht und ihn mit seinem heiligen Öl gesalbt. Auf Sauls Haupt war auch Öl gegossen worden, aber über Davids Haupt das ganze Horn voll. Das mag vielleicht den Gegensatz zwischen der Kürze und der dürftigen Berühmtheit der Regierung Sauls und der Länge, Macht und Vortrefflichkeit der Regierung Davids andeuten.

Geistlich gedeutet zeigt es, dass das Gesetz, der alte Judaismus, von dem Saul das Vorbild ist, nur ein beschränktes Mass von Segen hatte, während das Evangelium, durch David dargestellt, sich durch seine überschwengliche Fülle auszeichnet.

Jesus, das Gegenbild Davids, ist mit "Freudenöl" gesalbt worden. Gnade und Wahrheit ist durch Jesus Christus geworden. Ihm wurde der Geist nicht nach Mass gegeben. David wurde verschiedene Male gesalbt. Er wurde, wie ihr in 1. Samuel 10 lesen könnt, "inmitten seiner Brüder" gesalbt. Später wurde er (2. Sam. 2,4) von seinen Brüdern, den Männern von Juda, gesalbt. Schliesslich wurde er nach 2. Samuel 5,3 von allen Ältesten Israels gesalbt. Wir wollen darauf nicht weiter eingehen. Es genügt zu beachten, dass unser Herr von Gott gesalbt worden ist. Der Geist des Herrn war auf ihm und in der Kraft dieses Geistes ging er aus, um die grossen Kämpfe seiner Gemeinde zu führen. Als er nach seiner Taufe aus dem Jordan heraufstieg, wurde er von dem Geist gesalbt, der sich in Gestalt einer Taube auf ihn herabliess und auf ihm blieb. Alsbald ging er, vom Geist geführt, in die Wüste und hatte dort den denkwürdigen vierzigtägigen Kampf mit dem Erzfeind, unserem schauerlichen Widersacher.

Seht, wie die Ähnlichkeit weiter geht. Unser Herr wurde von seinem Vater zu seinen Brüdern gesandt. Wie David von Isai mit nützlichen Gaben und tröstlichen Worten zu seinen Brüdern gesandt wurde, so wurde, als die Zeit erfüllt war, unser Herr beauftragt, seine Brüder zu besuchen. Er blieb eine Zeitlang in dem Haus seines Pflegevaters verborgen. Aber dann ging er hinaus und wurde als der von Gott Gesandte erkannt, der zahllose Gaben in seiner Hand hatte, der mit einer Gnaden- und Liebesbotschaft von Gott zu denen kam, die er seine Brüder nannte.

Wir haben gelesen, wie David behandelt wurde. Seine Brüder nahmen ihn nicht liebevoll auf. Sie erwiderten seine ungekünstelte Freundlichkeit mit unverdienter Roheit und legten ihm bittere Dinge zur Last. Wie getreu entspricht dies der Art und Weise, in welcher unser Herr, der Sohn Davids, behandelt wurde. Er kam in sein Eigentum, und die Seinen nahmen ihn nicht auf. Obwohl er mit liebevollen Worten zu ihnen kam, antworteten sie ihm mit höhnischem Spott. Für seine Segnungen boten sie ihm Flüche. Für das Brot vom Himmel gaben sie ihm Steine und für die Wohltaten des Himmels gaben sie ihm die Verwünschungen der Hölle. Nie wurde ein Bruder, "der Erstgeborene unter vielen Brüdern", von den übrigen Gliedern des Hauses so übel behandelt. Das Gleichnis von den bösen Weingärtnern erfüllte sich an ihm. Wir wissen, dass der Herr des Weinberges sagte: "Sie werden sich vor meinem Sohn scheuen." Aber im Gegensatz dazu sagten sie: "Dieser ist der Erbe; lasst uns ihn töten, dass das Erbe unser werde."

Jesus wurde von seinen Brüdern, die er segnen wollte, rauh behandelt. Ihr wisst, dass David seinen Brüdern sehr edel antwortete. Er vergalt nicht Scheltwort mit Scheltwort, sondern ertrug ihre Grobheit mit viel Sanftmut. Hierin ist er nur ein schwaches Bild von unserem geliebten Meister, welcher gescholten nicht wiederschalt. Seine einzige Antwort, selbst auf die Behandlung, die seinen Tod herbeiführte, war: "Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun." "Er war verachtet ... wie einer, vor dem man das Angesicht verbirgt. Er war verachtet und wir haben ihn für nichts geachtet." Doch trotz allem kam kein Wort des Zorns über seine Lippen. Er sagte wenig zu seiner Verteidigung. Er trieb vielmehr sein Lebenswerk so eifrig, als ob alle, die ihn sahen, ihm zugestimmt hätten. So wurde David in seiner Verwerfung durch seine Brüder ein Vorbild von Christus.

Wir gehen weiter und stellen fest, dass David von einer innigen Liebe zu seinem Volk erfüllt war. Er sah, wie sie von den Philistern herausgefordert wurden. Als er erkannte, wie sie sich von ihren grausamen Feinden fürchteten, wurde seine Seele von einem heiligen Unwillen ergriffen. Als er aber die spöttischen Ausdrücke hörte, fühlte er, dass der Gott Israels selber mit in diesen Streit verflochten wurde. Der Name Gottes wurde entehrt. Jener prahlerische Riese, welcher vor dem Heer daherschritt, forderte die Armeen des lebendigen Gottes heraus. Kein Wunder, dass das warme und hingebende Herz des tapferen jungen Hirten mächtig zu klopfen begann. Die Begeisterung eines Soldaten erwachte bei dem Ton der gottlosen Stimme des unbeschnittenen Philisters, welcher meinte, mit der Ehre dessen spielen zu können, der Himmel und Erde besitzt.

Aber da war ein weiterer Beweggrund, welcher seinen patriotischen Ehrgeiz anregte. Wie konnte es anders sein, als dass Davids Herz vor tiefer Bewegung erglühte, als ihm erzählt wurde, dass der Mann, welcher jenen Philister überwinden und töten würde, des Königs Tochter zur Frau haben sollte? Solch ein Preis konnte seinen Eifer nur beleben. Alle diese Beweggründe wirkten so auf ihn ein, dass er den Entschluss fasste, hervorzutreten und den Kampf mit dem Philister aufzunehmen.

In diesen Begebenheiten bildete er deutlich unseren Herrn Jesus Christus vor. Er liebte die Seinen. Er war stets bereit, sein Leben für die Schafe zu lassen. Aber er liebte vor allem seinen Vater. "Der Eifer um dein Haus hat mich verzehrt." Und dann war ihm die Freude vorgestellt worden, dass er die Gemeinde zur Braut haben sollte, dass er sie um den Preis seines Lebens erwerben würde. Sie sollte zu seiner Königswürde erhoben werden und Teil an seiner Krone und an seinem Thron haben. Das neue Jerusalem sollte Gottes Gabe an ihn und sein Lohn sein. Dies inspirierte ihn, so dass er auszog und den Kampf um unseretwillen annahm. Lasst uns seinen Namen dafür erheben, dass er das Volk so liebte, dass der Eifer um das Haus Gottes ihn verzehrte, und dass er sich dieser grossen Aufgabe so ganz und völlig weihte. Vor allem lasst uns ihn demütig und dankbar dafür preisen, dass er uns geliebt und sich selbst für uns hingegeben hat. Als ein Teil seiner Gemeinde, der er sich auf ewig verbunden hat, sind wir alles dessen, das er getan hat, teilhaftig geworden. Er hat für uns den Kampf gekämpft, für uns den Sieg errungen und ist für uns in die Herrlichkeit eingegangen. Und er wird wiederkommen und uns zu sich nehmen, damit wir seine Herrlichkeit sehen und dort sein können, wo er ist. Während wir in David das Vorbild sehen, lasst uns dafür Sorge tragen, dass wir nicht vergessen, Jesus anzubeten, der unserem Geist hier vorgestellt wird als der, welcher uns unsere Seligkeit erstritten hat.

Ich möchte gern noch viel mehr Einzelheiten aufzeigen, in denen David ein Vorbild von unserem Herrn war. Die ganze Geschichte ist voll davon, aber es gibt noch einen Aspekt, den wir besonders beachten sollten.

Goliath wird im Hebräischen der "Mittelsmann" oder der "Mittler" genannt. Da ist das Heer der Philister auf der einen und das Heer Israels auf der anderen Seite. Ein Tal liegt zwischen ihnen. Goliath sagt: "Ich will Philistäa repräsentieren. Ich stehe da als der Mittler. Anstatt dass alle Soldaten persönlich zum Kampfe antreten, erscheine ich, der Mittler, als der Repräsentant meines Volkes. Erwählt ihr ebenfalls einen Mittler, welcher hervortritt und mit mir kämpft. Mögen dann die beiden Männer, welche die streitenden Heere darstellen, durch ein Duell die strittige Frage entscheiden." Nun, genau auf dieser Grundlage führte der Herr Jesus die Kämpfe seines Volkes. Wir fielen durch den Fall des ersten Adam und unser Heil wird uns durch einen anderen Vertreter, den zweiten Adam, vermittelt. Er ist der "Mittler zwischen Gott und den Menschen". Wir können ihn betrachten, wie er in seiner Liebe zu uns und in seinem Eifer für Gottes Ehre in die Mitte der Arena tritt, welche die Lager der Guten und der Bösen, Gottes und des Teufels, voneinander teilt. Indem er dem Widersacher gegenübertritt, steht er da, um unseretwegen zu kämpfen, damit er für uns den Streit entscheidet, der von uns niemals hätte entschieden werden können. Wir persönlich würden ohne Zweifel in die Flucht geschlagen worden sein. Aber sein Arm reichte aus, den Sieg für uns zu gewinnen und die Kämpfe zwischen Himmel und Hölle auf ewig zu beenden.

Beachtet unseren Streiter, wie er sich zum Kampf anschickt. Der Sohn Isais verwarf alle fleischlichen Waffen. Er hätte sie haben können. Man setzte ihm einen Helm aufs Haupt und legte ihm eine Rüstung an und war eben dabei, ein Schwert um seine Lenden zu gürten. Aber er sagte: "Ich kann nicht damit gehen, denn ich habe es nie versucht."

Ebenso lehnte der Sohn Davids jede irdische Waffenrüstung ab. Sie hätten gern unseren Herrn gewaltsam genommen und ihn zum König gemacht, aber er sagte: "Mein Reich ist nicht von dieser Welt." Auf seinen Befehl hätten genug Schwerter gezückt werden können. Es war nicht Petrus allein, dessen allzu hastiges Schwert dem Malchus das Ohr abhieb. Es fehlte nicht an Eiferern und Betrügern, welche vorgaben, von dem Allerhöchsten zur Rettung des Volkes Israel gesandt worden zu sein. Aber Jesus sagte: "Stecke dein Schwert an seinen Ort. Wer das Schwert nimmt, der wird durch das Schwert umkommen." Ohne Zweifel ging eine der Versuchungen in der Wüste nicht nur dahin, dass er alle Reiche der Welt haben könnte, sondern dass er sie haben könne, wenn er die ihm von Satan vorgeschlagenen Mittel benutzen würde. Er sollte niederfallen und den Satan anbeten. Er sollte die fleischliche Waffe gebrauchen und das war gleichbedeutend mit der Anbetung Satans. Jesus wollte das nicht.

Noch bis auf den heutigen Tag wird der grosse Kampf Jesu Christi mit den Mächten der Finsternis nicht mit Schwert und Helm, sondern mit den glatten Steinen aus dem Bach geführt. Die einfache Predigt des Evangeliums mit dem Hirtenstab des grossen Hauptes der Gemeinde in unserer Mitte hochgehalten - das ist es, was den Goliath niederwirft und was ihn bis zum letzten Tag niederwerfen wird. Es ist nutzlos für die Gemeinde, auch nur zu denken, dass sie den Sieg durch Reichtum oder durch Ansehen oder durch weltliche Autorität erringen könne. Keine Regierung wird sie unterstützen. Sie muss allein auf Gottes Macht blicken. "Nicht durch Heer oder Macht, sondern durch meinen Geist, spricht der Herr der Heerscharen." Wohl der Gemeinde, wenn sie diese Lektion lernt. Die Predigt vom Kreuz, die "eine Torheit denen ist, die verloren gehen", ist uns, die wir an Christus glauben, "eine Gotteskraft".

Lasst nun unseren herrlichen Kämpfer mit den Waffen seiner eigenen Wahl zum Duell hervortreten. Es sind Waffen, die die menschliche Weisheit verachtet, weil sie zu dem Werk als ungeeignet erscheinen. Trotzdem trat er mit grosser Kraft und Macht hervor, denn er kam in dem Namen Gottes. "Du kommst zu mir", sagte David, "mit Schwert, Spiess und Schild, ich aber komme zu dir im Namen des Herrn der Heerscharen." Das ist auch der Charakter des biblischen Evangeliums. Christus ist Gottes Sühnopfer. Christus ist der von Gott Bestimmte, von Gott Gesalbte, von Gott Gesandte. Das Evangelium ist Gottes Botschaft, begleitet vom Geist Gottes. Wenn es das nicht ist, dann ist es schwach wie Wasser und muss versagen. Aber da der Herr es gesandt und verheissen hat, es zu segnen, dürfen wir gewiss sein, dass es den Zweck erreichen wird, zu welchem es verordnet ist.

"Ich komme zu dir im Namen des Herrn der Heerscharen!" Diese Worte können allen, die von Christus gesandt sind und die ihn in dem ernsten Kampf um wertvolle Seelen vertreten, als Motto dienen. Dies war die Losung Christi, als er um unseretwillen kam, um mit der Sünde zu kämpfen, den Zorn Gottes zu tragen und Tod und Hölle zu überwinden. Er kam im Namen Gottes.

Beachtet, dass David Goliath schlug und ihn traf - nicht an die Lenden, nicht auf die Hand oder auf den Fuss, sondern er richtete sein Geschoss auf den wichtigen Punkt und streckte ihn nieder. Er traf ihn an die Stirn seiner Vermessenheit, an die Stirn seines Stolzes. Ich nehme an, dass Goliath seinen Helm etwas gelüftet hatte, um sich seinen verächtlichen Widersacher anzusehen, als der Stein eindrang, und die prahlerische Seele auf ewig ausblies. Als unser Herr auftrat, um den Kampf mit der Sünde aufzunehmen, schleuderte er gleichsam sein Sühnopfer wie einen Stein und traf die Sünde und alle ihre Macht an der Stirn. So ist, Gott sei Dank, die Sünde gesühnt worden. Sie wurde nicht nur verwundet, sondern getötet durch die Kraft Christi.

Vergesst nicht, dass David Goliaths Haupt mit seinem eigenen Schwert abschlug. Augustinus führt in seiner Auslegung hier den Gedanken sehr schön aus, dass in der Geschichte Davids der Triumph unseres Heilandes dargestellt wird. Er hat durch den Tod dem die Macht genommen, der die Macht des Todes hatte, nämlich dem Teufel! Durch sein Sterben erschlug er den Tod, hieb mit des Riesen Schwert dem Riesen das Haupt ab. Das Kreuz, welches der Tod des Heilandes sein sollte, war der Tod der Sünde. Die Kreuzigung Jesu, von der man annahm, dass sie der Sieg des Satans sei, war die Vollendung des Sieges über den Satan. "Der Stachel des Todes aber ist die Sünde, die Kraft der Sünde aber das Gesetz. Gott aber sei Dank, der uns den Sieg gibt durch unseren Herrn Jesus Christus."

Als David Goliath erschlagen hatte, priesen ihn die Jungfrauen Israels mit fröhlichem Gesang: "Saul hat seine Tausende erschlagen und David seine Zehntausende." So hatte er seinen Triumph. Als die Heere Israels sahen, dass der Riese tot war, fassten sie Mut und drangen auf den Widersacher ein. Die Philister erschraken und flohen, und an diesem Tag wurde durch Davids Sieg jeder Israelit ein Sieger. Sie überwinden weit durch ihn, der sie geliebt und für sie den Sieg errungen hat.

Unser Herr hat den Sieg errungen. Er ist zu seiner Herrlichkeit zurückgekehrt als der Herr, mächtig im Streit, als der König der Ehren. Heute triumphiert der schwächste Gläubige in Christus - obwohl wir nie auf den Sieg hätten hoffen können, verjagen wir doch durch Jesus Christus, unseren Herrn, unsere Feinde. Wir treten die Sünde unter die Füsse und gehen durch seinen vollständigen Sieg von Kraft zu Kraft. Hier ist viel Stoff zum Nachdenken. Ich habe euch nur so eine Art Kohlenzeichnung, einen blossen Umriss gegeben. Malt selber das Gemälde aus und es wird sich als ein wertvolles Studium und als eine nützliche Betrachtung erweisen.

David als Vorbild eines jeden Gläubigen

Wenn wir jemals etwas für Gott und für seine Gemeinde tun wollen, so ist vor allen Dingen nötig, dass wir mit dem Heiligen Geist gesalbt werden. Wenn der Heilige Geist nicht auf uns ruht, haben wir in uns keine Kraft und von aussen keine Mittel, auf die wir uns verlassen können. Ihr könnt Davids Werk nicht verrichten, wenn ihr Davids Salbung nicht habt. Wenn ihr daran denkt, dass unser göttlicher Meister auf die himmlische Salbung wartete, könnt ihr schwerlich erwarten, etwas ohne sie ausrichten zu können. Seid nicht so töricht. Christus trat seine öffentliche Arbeit nicht an, bis der Geist Gottes sichtbar auf ihm ruhte. Die Apostel warteten in Jerusalem und gingen nicht aus zu predigen, bis ihnen Kraft aus der Höhe gegeben wurde. Die wichtigste Voraussetzung für uns ist, diese Kraft zu haben. Die Predigt des Evangeliums, die Sonntagsschularbeit, das Werk der inneren Mission, jede Art der Tätigkeit für Christus muss in dieser Kraft geschehen. Sucht sie auf euren Knien zum Fuss des Kreuzes, zu des Meisters Füssen. Harrt aus im Glauben und in der Hoffnung, bis er euch die Kraft gibt, die euch befähigt, des Meisters Werk, in des Meisters Weise, zu des Meisters Ruhm tun zu können.

David steht auch vor uns als ein Beispiel von der Tatsache, dass, wenn uns Kraft verliehen worden ist, unsere Gelegenheit kommen wird, ohne dass wir sie besonders suchen müssten. David fiel förmlich in seine Aufgabe hinein. Er wurde durch die Vorsehung berufen, den Platz, für den er sich eignete, als ein grosser Mann in Israel einzunehmen. Als er mit seiner Ladung Lebensmittel auf seiner Schulter zu seinen Brüdern ging, hatte er keine Ahnung davon, dass er in kurzer Zeit vor allen andern Menschen in Israel ausgezeichnet werden würde. Und doch war es so. Eilt nicht damit, Geliebte, nach eurem Wirkungskreis auszuschauen. Ich spreche zu vielen jüngeren Brüdern, die sich auf die Verkündigung des Evangeliums vorbereiten. Seid lieber zu jedem Werk bereit, als dass ihr nach einem besonderen Werk ausschaut. Gott hat seine Nische für euch. Eure Aufgabe ist bereit zu sein. Schärft eure Werkzeuge und lernt es, sie zu handhaben. Der beste Platz für euch wird euch werden, wenn ihr nicht so sehr nach dem ausschaut, was eurem Geschmack entspricht, als vielmehr danach, ein Gefäss zu sein, das dem Hausherrn nützlich ist.

Ich entnehme dem Beispiel Davids, dass wir, wenn wir einen Ruf von Gott bekommen, etwas für ihn oder für seine Gemeinde zu tun, nicht warten sollten, bis die, welche wir hoch achten, mit uns übereinstimmen. Wenn David gesagt hätte: "Gut, ich werde warten, bis Eliab und Abinadab und Schamma, meine älteren Brüder, darin übereinstimmen, dass ich der richtige Mann bin, um gegen Goliath zu kämpfen", er würde überhaupt nicht mit Goliath gekämpft haben. Wir haben das Urteil unserer älteren Brüder zu respektieren, aber mehr noch die Regungen des Heiligen Geistes in unseren Herzen. Wenn Gott dir seinen Willen gezeigt hat, so zögere nicht, ihm zu folgen. Wie, mit der Furcht Gottes in unseren Herzen und dem Auftrag von Gott in unseren Händen sollten wir schwanken und zögern und Knechte der Menschen werden? Ich wollte lieber sterben, als auf diese Kanzel zu steigen und eure Zustimmung zu dem erbitten, was ich predigen soll. Möchte diese Zunge lieber verstummen, als dass sie der Menschen Knecht wird. David wusste, dass er etwas zu tun hatte, und obwohl er hören mochte, was andere Leute zu sagen hatten, so waren sie doch nicht seine Herren. Er diente dem lebendigen Gott, und er ging unbeirrt durch irgendwelches Urteil, das andere sich über ihn bilden mochten, an die ihm anvertraute Aufgabe. Gehe du, wie David, an deines Meisters Arbeit, unerschrockenen Mutes, aber mit demütigem Sinn. Das wäre ein schlechter Knecht, welcher, nachdem er seines Meisters Anweisung erhalten hat, die Aufgabe unerfüllt lassen und sich damit entschuldigen wollte: "Ich begegnete einem meiner Mitknechte und er sagte, dass ich nach seiner Meinung zu kühn in meiner Arbeit wäre und dass ich besser täte, gar nicht erst anzufangen." Ihr steht und fallt eurem Herrn. Sorgt dafür, dass ihr gut mit ihm steht.

Lernt auch von Davids Klugheit, erprobte Waffen zu gebrauchen. Es sind oft Zweifel daran geäussert worden, dass David den Riesen mit einem Stein getötet hat. Ich denke, die so sprechen, irren sehr. Welches Wurfgeschoss konnte sich für diese Gelegenheit besser eignen? Es war die beste Waffe, die David gebrauchen konnte. Orientalische Hirten hatten genügend Zeit und Gelegenheit, sich im Schleudern von Steinen eine gute Geschicklichkeit anzueignen. Sie brachten manche Stunde damit zu, sich allein oder gemeinsam im Gebrauch der Schleuder zu üben. Ich zweifle nicht daran, dass David es gelernt hatte, einen Stein auf Haaresbreite zu schleudern, ohne sein Ziel zu verfehlen. Ein Schwert hatte er bis dahin wohl noch nicht gehabt, denn wie wir aus dem dreizehnten Kapitel ersehen, befand sich ausser bei Saul und seinem Sohn Jonathan in den Händen des Volkes weder Schwert noch Spiess. Die Philister hatten die Bevölkerung so vollständig entwaffnet, dass keine Waffen vorhanden waren. David konnte deshalb mit dem Gebrauch von Schwert und Spiess nicht vertraut sein. Und was nun den Panzer, diese unbehagliche, lästige Ausrüstung, betrifft, so wundere ich mich, dass die Ritter alter Zeiten überhaupt etwas darin ausrichten konnten. Kein Wunder, dass David das Ding ablehnte. Er fühlte sich in seinem Hirtengewand am wohlsten. Natürlich wollen wir daraus nicht den Schluss ziehen, dass unpassende Werkzeuge wünschenswert sind. Wir lehren nichts Romantisches oder Absurdes. Es ist vernünftig, die passendsten Werkzeuge zu gebrauchen, die wir finden können. Was die Steine aus dem Bach betrifft, so las David sie nicht aufs Geratewohl auf, sondern er wählte sorgfältig glatte Steine aus, die genau in seine Schleuder passten und die für seinen Zweck geeignet waren. Er vertraute nicht auf seine Schleuder. Er sagt uns, dass er Gott vertraute, aber er ging mit seiner Schleuder in den Kampf, wie einer, der sich seiner Verantwortung bewusst war.

Das, meine Brüder, ist die wahre Philosophie des Lebens eines Christen. Ihr müsst zu guten Werken so fleissig sein, als ob ihr durch eure guten Werke selig würdet, und ihr müsst den Verdiensten Christi so völlig vertrauen, als ob ihr überhaupt nichts tun könntet. So ist es auch im Dienst Gottes. Obwohl ihr für Gott zu arbeiten habt, als ob die Ausführung eurer Mission von euch abhängen würde, müsst ihr doch deutlich verstehen und fest glauben, dass nach allem doch alles von Anfang bis zu Ende von Gott abhängig ist. Ohne Ihn ist doch alles, was ihr je geplant oder getan habt, nutzlos. Tut euer Bestes und vertraut auf Gott.

Gott wollte nie, dass der Glaube an ihn wie Trägheit aussieht. Wenn in dem vorliegenden Fall alles nur Gottes Sache gewesen wäre, so war es für David nicht einmal nötig, eine Schleuder zu haben. Nein, es wäre kein David nötig gewesen. Er hätte dann zurücktreten, sich mitten auf dem Feld auf den Rücken legen und sagen können: "Gott wird sein Werk schon tun, er hat mich nicht nötig." So würden wohl Fatalisten sprechen, aber kein Christ würde so handeln. Wir sagen: "Gott will es und darum bin ich bereit, es zu tun", und nicht: "Gott tut es, und darum gibt es für mich nichts zu tun." Nein, weil Gott durch mich wirkt, darum will ich in seiner Kraft, die mit mir ist, arbeiten. Er teilt seinem armen Knecht seine Stärke mit und macht von mir, als seinem Werkzeug, Gebrauch, obwohl ich ohne ihn zu nichts zu gebrauchen bin. Nun will ich mit Fleiss in den Kampf eilen, und will meine Schleuder mit der möglichst besten Geschicklichkeit gebrauchen und ruhig und überlegt auf die Stirn dieses Ungeheuers zielen, weil ich glaube, dass Gott den Stein führen und dessen Zweck erreichen wird.

Wenn ihr Gott dienen wollt, so gebt ihm euer Bestes. Haltet weder Nerv noch Muskel, weder Geschicklichkeit noch Scharfsinn zurück, sondern widmet alles dieser Aufgabe. Sagt nicht: "Etwas will ich tun, Gott kann das Wenige ebenso segnen, als meine volle Kraft." Ohne Zweifel kann er das, aber jedenfalls wird er es nicht tun. Seid darauf bedacht, euer Bestes zu tun. David wollte in seinem hohen Alter und mit seiner Erfahrung Gott das nicht anbieten, was ihn nichts kostete. Versucht es nicht, Gott nachlässig zu dienen und schmeichelt euch nicht mit dem Gedanken, dass Gott das segnen werde. Er kann es segnen, aber das ist nicht die Weise, in welcher er gewöhnlich zu wirken pflegt. Obwohl er oft rohe Werkzeuge benutzt, so formt und poliert er sie doch zu seinem Gebrauch. Er kann ungeschickte Menschen in tüchtige, neutestamentliche Prediger verwandeln. Denkt jedoch nicht, dass seine Gnade eure Vermessenheit entschuldigen wird.

Arbeitet mit den Werkzeugen, die ihr als gut erprobt habt. Wenn jemand von euch Arbeitern versucht, das Evangelium von Jesus Christus zu predigen, so gebraucht nicht jene feinen Beweisgründe, die so oft gebraucht werden, um Ungläubige zu widerlegen. Ihr werdet diese Waffen nicht zu führen verstehen. Sie werden euch lästig werden. Erzählt euren Nachbarn und Kameraden, was ihr von dem Wort des Lebens erfahren und betastet habt. Verkündigt ihnen, was in der Heiligen Schrift geschrieben steht. Diese Texte sind die glatten Steine, die für eure Schleuder passen. Haltet euch daran. Man sagt uns heute, dass wir jene Beweisgründe aufnehmen, prüfen und studieren sollen, die von modernen Philosophen aufgestellt wurden. Wir sollten die historischen Forschungen studieren und allen logischen Scharfsinn anwenden, um die Verleumdungen der Ungläubigen zurückzuschlagen. Ach, Sauls Panzer passt uns nicht! Mögen ihn tragen, die Gefallen daran finden, aber Christus den Gekreuzigten predigen, die alte Geschichte von der ewigen Liebe und von dem Blut, das sie besiegelt hat, die Art und Weise der Erlösung, die Wahrheit der unveränderlichen Gnade zu erzählen: das bedeutet jene Steine und jene Schleuder zu gebrauchen, welche sicher die Stirn des Feindes treffen werden.

Beachtet weiter, dass David nicht aufhörte, bis er seine Aufgabe erfüllt hatte. Der Riese war zur Erde geworfen, aber er war nicht zufrieden, bis er ihm den Kopf abgeschlagen hatte. Ich wünschte, dass etliche, welche für Christus arbeiten, ebenso gründlich sein möchten, wie dieser junge Freiwillige es war. Hast du einem Kind den Heilsweg gezeigt? Lass nicht nach, bis dies Kind zur Gemeinschaft der Gläubigen gehört. Hast du vor einer Versammlung das Evangelium verkündigt? Fahre fort, sie zu belehren und zu ermutigen, bis du siehst, dass sie im Glauben gegründet sind. Oder wenn du einen Irrtum bekämpft oder ein Laster aufgedeckt hast, so wiederhole den Angriff, bis das Übel beseitigt ist. Töte nicht nur den Riesen, sondern schlage ihm auch den Kopf ab. Tue das Werk des Herrn nie halb. Schone nie mitleidig die Anschläge des Teufels. Schlechte Gewohnheiten und daranklebende Sünden sollten mit entschiedenen Schlägen niedergeworfen werden. Aber das darf nicht genügen. Gib ihnen keine Gelegenheit, ihre Kräfte wieder sammeln zu können. In demütiger Busse und fester Entschlossenheit, im Vertrauen auf Gott und in der richtigen Einschätzung des Feindes achte darauf, dass eben so, wie der Stein der Sünde in die Stirn gedrungen ist, ihr auch das Haupt abgeschlagen wird. Wenn du das tust, kannst du Hilfe erwarten, mit der du vorher nicht gerechnet hast. Du hast kein Schwert bei dir. Du hast dich mit einem solchen nicht belastet, wie auch David es nicht nötig hatte, ein Schwert bei sich zu tragen, denn Goliath hatte eins, und das genügte zu seiner eigenen Enthauptung.

Es ist nicht tragisch, Brüder, wenn wir in bezug auf wichtige Überzeugungen in der Minderheit sind. Wir sind es ohne Zweifel. Die Frage ist: Haben wir recht? Das Recht muss siegen. Habt ihr die Wahrheit auf eurer Seite? Habt ihr die Bibel auf eurer Seite? Habt ihr Christus auf eurer Seite? Nun, ihr mögt einer verachteten Gemeinschaft angehören, ihr mögt nur mit wenigen Leuten und mit sehr armen Leuten verbunden sein. Wanke nicht, lass dein Herz nicht zaghaft werden. Wenn du ausser der dir von Gott verheissenen Kraft nichts hast, den Widersacher zu überwinden, so hast du gerade genug. Aber da liegt im Hinterhalt, im Lager deines Feindes, ein Beistand und eine Hilfe der Wahrheit, an die du vielleicht noch nicht gedacht hast. Der alte Drachen sticht sich selbst tot. Wie das Laster die Lebenssäfte des Menschen verzehrt, der darin lebt, so wird der Irrtum im Lauf der Zeit sein eigener Zerstörer. Kämpfe deshalb mutig. Lass dich durch das schöne Angesicht, durch die fürstliche Gestalt oder durch die Waffenrüstung deines Gegners nicht einschüchtern. Lass dich durch seine prahlerischen Worte nicht erschrecken. Rufe den Namen Gottes an und gebrauche selbst in Gottes Kriegen die Waffen, die du erprobt hast. Aber trage Sorge dafür, dass du Gottes Werk ausführst. Tue es gründlich, indem du auf Jesus, den Anfänger und Vollender des Glaubens blickst. So können wir erwarten, von Kraft zu Kraft zu gehen und Gott zu ehren.

Ich wünschte, wir gehörten alle dem Herrn an und wären alle Soldaten Christi. Bekennt hier jemand, dass er es nicht ist? Ist jemand unter euch, der spürt, dass seine Sünde schwer auf ihm liegt und der doch gern durch die Verbindung mit Jesus Frieden mit Gott haben möchte?

Geliebte, Jesus hat nie jemand hinausgestossen, der zu ihm kam. Sein Blut hat Kraft, die schuldigste Seele zu reinigen. Geh zu ihm, du kannst ihm keine grössere Freude machen, als zu ihm zu kommen, ihm deine Sünde zu bekennen und seine Barmherzigkeit zu suchen. Er tötet die Sünde, aber er hat Mitleid mit Sündern. Er ist bereit, ihnen zu vergeben. Er ist der Feind Goliaths, aber er thront auf dem Berg Zion und freut sich, die Ärmsten der Armen willkommen zu heissen. Wenn du der schlechteste Sünder bist, der je gelebt hat, so kann er doch auch die Verlorensten erretten. Wenn du keine Hoffnung und kein Vertrauen hast, wenn es dir ist, als wäre dein Todesurteil bereits gesprochen - deine Befürchtungen machen Gott keine Schwierigkeiten. Er hat die bitteren Dinge, die du dir einbildest, nie gegen dich ausgesprochen. Höre auf das, was er gesagt hat: "Der Gottlose verlasse seinen Weg und der Mann der Bosheit seine Gedanken! Und er kehre um zu dem Herrn, so wird er sich über ihn erbarmen, und zu unserem Gott, denn er ist reich an Vergebung."

O, Christus anzugehören, das macht das Herz ruhig und erfüllt die Seele mit Freude, trotz der Schmerzen, die dich quälen mögen. Aber ein Feind Jesu sein, das ist ein Übel, welches alle gegenwärtigen Freuden verzehrt und das Vorzeichen eines zukünftigen schrecklichen Fluches ist. Der Herr gebe es einem jeden von euch, bei Zeiten weise zu werden, um seines Namens willen! Amen.

Datum: 25.01.2008
Autor: Charles H. Spurgeon
Quelle: Christus im Alten Testament

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