Bibelstudium: Römer 3, 21-31

Bibelstudium

Wen spricht Gott von seiner Schuld frei?

21 Jetzt aber hat Gott eingegriffen und uns gezeigt, wie seine Gerechtigkeit aussieht, das heisst, wie wir - unabhängig vom Gesetz - vor ihm bestehen können. So bezeugt es die Heilige Schrift. 22 Gott spricht nämlich jeden von seiner Schuld frei und nimmt jeden an, der an Jesus Christus glaubt. Nur diese Gerechtigkeit lässt Gott gelten. 23 Denn darin sind die Menschen gleich: Alle sind Sünder und haben nichts aufzuweisen, was Gott gefallen könnte.11 24 Aber was sich keiner verdienen kann, schenkt Gott in seiner Güte: Er nimmt uns an, weil Jesus Christus uns erlöst hat. 25 Um unsere Schuld zu sühnen, hat Gott seinen Sohn am Kreuz für uns verbluten lassen. Das erkennen wir im Glauben, und darin zeigt sich, wie Gottes Gerechtigkeit aussieht. In seiner Geduld hatte Gott ja bis dahin die Sünden der Menschen ertragen, 26 um sie jetzt um Jesu willen zu vergeben und damit seine Gerechtigkeit zu erweisen. So steht fest, dass Gott allein gerecht ist und nur den von seiner Schuld freispricht, der an Jesus Christus glaubt. 27 Bleibt uns denn nichts, womit wir uns vor Gott rühmen können? - Nein, gar nichts! Woher wissen wir das? Durch das Gesetz, das unsere eigene Leistung verlangt? Nein! Nur durch den Glauben, der uns geschenkt ist.12 28 Also steht fest: Nicht wegen meiner guten Taten, die ich Gott vorweise, werde ich von meiner Schuld freigesprochen. Gott spricht mich erst dann frei, wenn ich mein Vertrauen allein auf Jesus Christus setze. 29 Gilt dies vielleicht nur für die Juden, weil Gott ein Gott der Juden ist? Oder gilt das auch für die anderen Völker13? Natürlich gilt das auch für sie, weil Gott für alle Menschen da ist. 30 Denn es ist ein und derselbe Gott14, der Juden wie Heiden durch den Glauben an Jesus von ihrer Schuld befreit und ihnen dadurch ein neues Leben mit Gott ermöglicht.15 31 Bedeutet das etwa, dass wir durch den Glauben das Gesetz Gottes abschaffen? Nein, im Gegenteil! Wir bringen es neu zur Geltung.

Übersetzung: Hoffnung für Alle

Kommentar

3,21 Wir kommen nun zum Kern des Römerbriefes, in dem Paulus die Frage beantwortet: Wie kann nach dem Evangelium ein gottloser Sünder von einem gerechten Gott gerechtfertigt werden?

Paulus beginnt, indem er sagt, dass "Gottes Gerechtigkeit" auch "ohne" das "Gesetz" offenbart worden ist. Das bedeutet, dass ein Plan oder Programm "geoffenbart" wurde, durch den Gott mit Recht ungerechte Sünder erlösen kann, und zwar nicht, indem er von den Menschen verlangt, das Gesetz zu erfüllen. Weil Gott heilig ist, kann er Sünde weder gutheissen noch übersehen. Er muss sie bestrafen, und die Strafe für Sünde lautet Tod. Und doch liebt Gott den Sünder und möchte ihn erretten: darin besteht das Problem. Die Gerechtigkeit Gottes verlangt den Tod des Sünders, doch seine Liebe wünscht ihm ewiges Glück. Das Evangelium offenbart, wie Gott Sünder erlösen kann, ohne seine Gerechtigkeit beiseitezusetzen.

Dieser gerechte Plan wurde "durch das Gesetz und die Propheten . . . bezeugt". In den Vorbildern und Schatten der Opfer, die Blutvergiessen erforderten, wurde dieser Plan vorausgesagt. Und ausserdem wurde er durch ausdrückliche Prophezeiungen offenbart (vergleiche z. B. Jes 51,5.6.8, 56,1; Dan 9,24).

3,22 Vers 21 hat uns aufgeklärt, dass diese Gerechtigkeit nicht durch das Halten des Gesetzes erlangt werden kann. Nun erklärt uns der Apostel, wie sie statt dessen erreicht wird - "durch Glauben an Jesus Christus". Glaube bedeutet hier, sich voll und ganz auf den lebendigen Herrn Jesus Christus als persönlichen Retter zu verlassen, der die Sünde getragen hat und die einzige Hoffnung auf den Himmel für den Betreffenden darstellt. Der Glaube basiert auf der Offenbarung der Person und des Werkes Christi, wie wir sie in der Bibel finden.

Glaube ist kein irrationaler Sprung ins Nichts. Er erfordert sichere Beweise und findet sie in der Unfehlbarkeit des Wortes Gottes. Der Glaube ist weder unlogisch noch unvernünftig. Was ist vernünftiger, als dass das Geschöpf seinem Schöpfer vertrauen sollte?

Glaube ist kein verdienstvolles Werk, durch das der Mensch sich seine Erlösung verdienen könnte. Er kann nicht damit angeben, an den Herrn zu glauben, denn er wäre ein Narr, wenn er nicht glauben würde. Glaube ist kein Versuch, sich die Erlösung zu verdienen, sondern die einfache Annahme der Erlösung, die uns Gott als Geschenk gibt.

Paulus fährt fort, dass diese Erlösung "zu allen und auf alle"6) (LU 1912) kommt, "die glauben". "Zu allen" kommt die Erlösung in dem Sinne, dass sie für alle Menschen erreichbar ist, allen angeboten wird und für alle ausreicht. Doch sie ist nur "auf" denen, "die glauben", d. h., sie hat nur im Leben der Menschen eine Wirkung, die den Herrn Jesus durch einen ausdrücklichen Glaubensakt annehmen. Die Vergebung ist für alle da, doch sie wird nur im Leben des Einzelnen gültig, wenn er sie annimmt.

Wenn Paulus sagt, dass die Erlösung für alle erreichbar ist, dann meint er damit sowohl Heiden als auch Juden, weil hier "kein Unterschied" mehr besteht. Weder hat der Jude einen Vorteil, noch der Heide einen Nachteil.

3,23 Die Verfügbarkeit des Evangeliums ist so allgemein wie der Bedarf, der dafür besteht. Und der Bedarf ist deshalb allgemein, weil "alle . . . gesündigt haben7) und . . . nicht die Herrlichkeit Gottes . . . erlangen". Jeder von uns hat in Adam "gesündigt". Als Adam sündigte, sündigte er stellvertretend für alle seine Nachkommen. Doch die Menschen sind nicht nur von Natur aus Sünder, sondern auch durch ihre Praxis. Sie "erlangen" so "nicht die Herrlichkeit Gottes".

Exkurs über die Sünde
Sünde ist jeder Gedanke, jedes Wort und jede Tat, die Gottes Massstab der Heiligkeit und Vollkommenheit nicht entsprechen. Es geht um eine Zielverfehlung. Jemand hat einmal gehört, dass ein Indianer, dessen Pfeil das Ziel nicht erreicht hatte, sagte: "Oh, ich habe gesündigt." In seiner Sprache 8) benutzt man dasselbe Wort für "sündigen" und "das Ziel nicht erreichen".

Sünde ist Gesetzlosigkeit (1. Joh 3,4), die Rebellion des eigenen Willen gegen den Willen Gottes. Es geht bei der Sünde nicht nur darum, dass man etwas Falsches tut, sondern auch um Unterlassung einer guten Tat (Jak 4,17). Was nicht im Glauben geschieht, ist Sünde (Röm 14,23). Das bedeutet, dass es immer falsch ist, irgend etwas zu tun, hinsichtlich dessen auch nur der geringste Zweifel besteht. Wenn man kein reines Gewissen in einer Sache hat und trotzdem gegen sein Gewissen handelt, dann sündigt man.

"Jede Ungerechtigkeit ist Sünde"
(1. Joh 5,17). Und auch törichte Gedanken sind Sünde (Spr 24,9). Sünde beginnt im Verstand des Menschen. Wenn sie ermutigt und gehegt wird, dann wird sie zur Tat, und die Tat führt zum Tode. Sünde wirkt oft auf den ersten Blick sehr anziehend, doch schrecklich, wenn man daran zurückdenkt.

Manchmal unterscheidet Paulus zwischen "Sünde" und "Sünden". "Sünden" sind die einzelnen falschen Handlungen, die ein Mensch begangen hat. "Sünde" dagegen bezieht sich auf die menschliche böse Natur - d. h., auf unseren Zustand. Was wir sind, ist um einiges schlimmer als alles, was wir getan haben. Doch Christus starb sowohl für unsere bösen Taten, wie auch für unser verdorbenes Wesen. Gott vergibt unsere Sünden, doch die Bibel spricht nie davon, dass unsere Sünde vergeben wird. Statt dessen verurteilt oder verdammt Gott die Sünde im Fleisch (Kap. 8,3).

Es besteht auch ein Unterschied zwischen Sünde und Übertretung. Übertretung ist eine Verletzung eines bekannten Gesetzes. Stehlen z. B. ist sündig, d. h., an sich falsch. Doch Stehlen ist auch eine Übertretung, wenn ein Gesetz existiert, das Stehlen verbietet. "Wo kein Gesetz ist, da ist auch keine Übertretung" (Kap. 4,15).

Paulus hat nun bewiesen, dass alle Menschen gesündigt haben und die Herrlichkeit Gottes nicht erlangen. Nun fährt er fort, indem er uns die Lösung dieses Problems vorstellt.

3,24 Wir "werden umsonst gerechtfertigt durch seine Gnade". Das Evangelium erklärt, wie Gott Sünder geschenkweise rechtfertigt, indem er ihnen einen Akt unverdienter Gnade zukommen lässt. Doch was meinen wir, wenn wir von Rechtfertigung sprechen?

Rechtfertigen heisst, jemanden für gerecht erklären. Gott spricht einen Sünder
z. B. gerecht, wenn dieser Sünder an den Herrn Jesus Christus glaubt. So wird das Wort am häufigsten im Neuen Testament verwendet.

Doch auch ein Mensch kann Gott rechtfertigen (s. Lk 7,29), indem er Gottes Wort glaubt und ihm gehorcht. Mit anderen Worten, er erklärt, dass Gott gerecht ist in allem, was er sagt und tut.

Und natürlich kann ein Mensch sich selbst rechtfertigen, d. h., er kann seine eigene Gerechtigkeit einklagen (s. Lk 10,29). Doch das ist nichts als eine Form des Selbstbetruges.

Rechtfertigung heisst jedoch nicht, dass jemand wirklich an sich gerecht gemacht wird. Wir können Gott nicht gerecht machen, er ist es schon. Doch wir können erklären oder verkündigen, dass er gerecht ist. Gott macht den Sünder nicht an sich sündlos oder gerecht, sondern Gott schreibt die Gerechtigkeit praktisch seinem Konto gut. Wie A. T. Pierson es ausgedrückt hat: "Gott nennt Sünder, wenn er sie rechtfertigt, in Wirklichkeit nur gerecht, obwohl sie es nicht sind - er unterstellt keine Sünde, wo sie in Wirklichkeit vorhanden ist und unterstellt Gerechtigkeit, wo keine Gerechtigkeit vorhanden ist."9)

Eine einfache Definition von Rechtfertigung lautet: "Ein Zustand, als ob ich nie gesündigt hätte." Doch diese Definition geht gar nicht weit genug. Wenn Gott den glaubenden Sünder rechtfertigt, dann spricht er ihn nicht nur von der Schuld frei, sondern kleidet ihn in seine eigene Gerechtigkeit und macht ihn so völlig geeignet für ein Leben im Himmel. "Rechtfertigung geht über einen Freispruch hinaus - sie ist Anerkennung. Sie geht auch über Begnadigung hinaus - sie ist Beförderung."10) Freispruch bedeutet nur, dass man von einer Anklage freigesprochen wird. Rechtfertigung bedeutet, dass uns echte Gerechtigkeit zugesprochen wird.

Der Grund für die Rechtfertigung gottloser Sünder durch Gott liegt darin, dass der Herr Jesus Christus die Schuld ihrer Sünden durch seinen Tod und seine Auferstehung voll beglichen hat. Wenn Sünder Christus im Glauben annehmen, sind sie gerechtfertigt.

Wenn Jakobus lehrt, dass die Rechtfertigung durch Werke geschieht (Jak 2,24), dann meint er damit nicht, dass wir allein durch gute Werke gerettet werden, oder durch den Glauben und gute Werke, sondern durch den Glauben, der sich in guten Werken auswirkt.

Es ist wichtig zu erkennen, dass Rechtfertigung eine Rechnung ist, die in Gottes Denken stattfindet. Sie ist kein Gefühl; und der Gläubige weiss, dass er gerechtfertigt ist, weil die Bibel es ihm sagt. C. I. Scofield hat das einmal so ausgedrückt: "Rechtfertigung ist der Akt Gottes, durch den er alle die für gerecht erklärt, die an Jesus glauben. Das findet in Gottes Gedanken statt, nicht im Nervensystem oder in der Gefühlswelt des Gläubigen."

In diesem Vers lehrt der Apostel, dass wir "umsonst gerechtfertigt" werden. Man kann die Rechtfertigung nicht erwerben oder gar kaufen, sondern sie wird uns als Geschenk dargereicht.

Als nächstes lernen wir, dass wir "durch" Gottes "Gnade" gerechtfertigt werden. Das bedeutet einfach, dass Rechtfertigung ohne irgendeinen Verdienst unsererseits geschieht. Wir haben sie weder verdient, gesucht noch erworben.

Um spätere Verwirrung zu vermeiden, sollten wir hier kurz unterbrechen, um sechs verschiedene Aspekte der Rechtfertigung zu erklären, die wir im Neuen Testament finden. Wir lesen im Neuen Testament, dass wir durch die Gnade, durch den Glauben, durch das Blut, durch die Macht, durch Gott und durch Werke gerechtfertigt werden, doch findet sich in diesen Aussagen weder ein Widerspruch noch ein Konflikt.

Wir werden durch die Gnade gerettet -das bedeutet, dass wir die Rechtfertigung nicht verdient haben.

Wir werden durch den Glauben gerechtfertigt (Kap. 5,1) - das bedeutet, dass wir die Rechtfertigung empfangen müssen, indem wir an den Herrn Jesus Christus glauben.

Wir werden durch das Blut gerechtfertigt (Kap. 5,9) - das bezieht sich auf den Preis, den der Erlöser zahlen musste, damit wir gerechtfertigt werden konnten.

Wir werden durch die Macht gerechtfertigt (Kap. 4,24.25) - dieselbe Macht, die den Herrn Jesus von den Toten auferweckte.

Wir werden von Gott gerechtfertigt (Kap. 8,33) - Er ist derjenige, der uns gerecht spricht.

Wir werden durch Werke gerechtfertigt (Jak 2,24) - womit nicht gemeint ist, dass wir durch gute Werke die Erlösung verdienen können, sondern dass sie der Beweis sind, dass wir gerechtfertigt worden sind.

Wenn wir nun zu Vers 24 zurückkehren, so lesen wir, dass wir "durch die Erlösung, die in Christus Jesus ist", gerechtfertigt werden. "Erlösung" bedeutet hier das Auslösen einer Beute für einen Kaufpreis. Der Herr Jesus erkaufte uns vom Sklavenmarkt der Sünde. Sein kostbares Blut war der Kaufpreis, der gezahlt werden musste, um die Ansprüche des heiligen und gerechten Gottes zu befriedigen. Wenn man nun fragt, wem denn nun der Kaufpreis gezahlt werde, so hat man das Wesentliche hier nicht verstanden. Die Schrift deutet nirgends an, dass irgendwann einmal eine besondere Zahlung an Gott oder Satan ergangen sei. Der Kaufpreis wurde nicht wörtlich gezahlt, sondern war eine abstrakte Vereinbarung, aufgrund der Gott gerechterweise die Gottlosen erlösen konnte.

3,25 "Gott . . . hat" Jesus Christus "dargestellt zu einem Sühneort". Ein "Sühneort" ist ein Mittel, durch das der Gerechtigkeit Genugtuung widerfährt, Gottes Zorn abgewendet wird und dem Sünder aufgrund eines annehmbaren Opfers Gnade erwiesen werden kann.

Dreimal wird im Neuen Testament von Christus als dem "Sühneort" gesprochen. Hier in Römer 3,25 erfahren wir, dass diejenigen, die auf Christus vertrauen, durch sein vergossenes Blut Gnade finden können. In 1. Johannes 2,2 wird Christus als die Sühnung für unsere Sünden und die ganze Welt beschrieben. Sein Werk reicht für die ganze Welt aus, doch wirkt es nur für diejenigen, die ihr Vertrauen auf ihn setzen. Schliesslich finden wir in 1. Johannes 4,10, dass Gottes Liebe sich darin erweist, dass er seinen Sohn als Sühnung für unsere Sünden gesandt hat.

Das Wort Sühnung findet sich auch in Hebräer 2,17: "Daher musste er in allem den Brüdern gleich werden, damit er barmherzig und ein treuer Hoherpriester vor Gott werde, um die Sünden des Volkes zu sühnen." Hier bedeutet "sühnen" die Sünde wegtun, indem die Strafe gezahlt wird.

Das entsprechende Wort im Alten Testament für Sühnung lautet "Gnadenstuhl" (LU 1912) oder "Sühneplatte" (Anmerkung Elberfelder Bibel). Die Sühneplatte war der Deckel der Bundeslade. Am grossen Versöhnungstag besprengte der Hohepriester diesen Deckel mit dem Blut eines Opfertieres. Dadurch wurden die Vergehen des Hohenpriesters und des Volkes gesühnt oder bedeckt.

Als Christus für uns zur "Sühneplatte" wurde, ging er wesentlich weiter. Er bedeckte die Sünde nicht nur, sondern trug sie vollkommen hinweg.

Nun sagt uns Paulus hier, dass Gott Christus "zu einem Sühnort durch den Glauben an sein Blut . . . dargestellt" hat. Uns wird nicht gesagt, dass wir an sein Blut glauben sollen, sondern wir sollen an Christus selbst glauben. Nur ein auferstandener und lebendiger Jesus Christus kann uns erretten. Er ist die Sühnung. "Glaube" an ihn ist die Bedingung, durch die wir selbst die Sühnung erlangen. "Sein Blut" ist der Preis, der gezahlt wurde.

Das vollendete Werk Christi verkündigt Gottes "Gerechtigkeit" zur Vergebung der "Sünden", die der Vergangenheit angehören. Das bezieht sich auf die Sünden, die vor dem Tode Christi begangen wurden. Von Adam bis Christus erlöste Gott die Menschen, die an ihn glaubten, auf der Grundlage der Offenbarung, die er ihnen jeweils gegeben hat. Abraham z. B. glaubte Gott, und das wurde ihm zur Gerechtigkeit angerechnet (1. Mose 15,6). Doch wie konnte Gott das gerechterweise tun? Für ihn war doch kein sündloses Opfer geschlachtet worden. Das Blut eines vollkommenen Opfers war noch nicht vergossen worden. Mit anderen Worten, Christus war noch gar nicht gestorben. Die Schuld war nicht beglichen. Gottes gerechte Ansprüche waren nicht befriedigt worden. Wie konnte dann Gott die gläubigen Sünder des AT erlösen?

Die Antwort lautet, dass Christus zwar noch nicht gestorben war, doch Gott schon wusste, dass er sterben würde. So erlöste er die Menschen auf der Grundlage des noch zukünftigen Werkes Christi. Auch wenn die Heiligen des AT noch nichts von Golgatha gehört hatten, schrieb er ihnen den Wert des Werkes Christi gut, wenn sie an Gott glaubten. In einem ganz realen Sinne wurden die Gläubigen des AT "auf Kredit" erlöst. Sie wurden aufgrund eines Kaufpreises erlöst, der noch zu zahlen war. Sie sahen auf das zukünftige Golgatha, auf das wir heute zurückblicken können.

Das meint Paulus, wenn er sagt, dass die Sühne Christi Gottes "Gerechtigkeit" erweist, "wegen des Hingehenlassens der vorher geschehenen Sünden unter der Nachsicht Gottes". Er spricht nicht von Sünden, wie einige fälschlich annehmen, die jemand vor seiner Bekehrung begangen haben mag. Damit wäre impliziert, dass das Werk Christi die Sünden vor der Bekehrung gesühnt hat, dass man danach jedoch auf sich selbst angewiesen ist. Nein, Paulus geht es hier um die scheinbare Laxheit Gottes, der jedoch nur scheinbar die Sünden derer übersehen hat, die vor dem Kreuz erlöst worden sind. Es mag scheinen, dass Gott diese Sünden entschuldigt habe oder vorgegeben habe, sie nicht zu sehen. Doch das ist nicht der Fall, sagt Paulus. Der Herr wusste, dass Christus die volle Sühnung erringen würde, und deshalb hat er Menschen auf dieser Basis erlöst.

Daher war die Zeit des AT die Zeit der "Nachsicht" Gottes. Mindestens 4000 Jahre lang hielt er sein Gericht über die Sünde zurück. Als dann die Zeit erfüllt war, sandte er seinen Sohn, dass er diese Sünden tragen sollte. Als der Herr Jesus unsere Sünden auf sich nahm, schüttete Gott den vollen Zorn seines gerechten und heiligen Wesens über seinen geliebten Sohn aus.

3,26 So verkündigt also der Tod Christi die "Gerechtigkeit" Gottes. Gott ist gerecht, weil er die volle Begleichung der Schuld der Sünde verlangt hat. Und er kann die Gottlosen rechtfertigen, ohne ihre Sünden gutzuheissen oder Kompromisse mit seiner eigenen Gerechtigkeit einzugehen, weil der vollkommene Stellvertreter gestorben und wieder auferstanden ist. Albert Midlane hat diese Wahrheit in Verse gegossen:

Die vollkommene Gerechtigkeit Gottes wird im Blut des Erlösers bezeugt, Grad' in diesem Kreuze Christi sehen wir seine Gerechtigkeit, und doch seine wunderbare Gnade. Gott konnte den Sünder nicht laufen lassen, seine Sünde verlangt seinen Tod. Doch im Kreuz Christi sehen wir wie Gott erlösen kann, und doch gerecht bleibt.
Die Sünde wurde dem Erlöser aufgelegt, in seinem Blut ist die Schuld der Sünde beglichen. Härteste Gerechtigkeit darf nicht mehr fordern und die Gnade kann ihre Gabenm ausschütten.
Der Sünder, der glaubt, ist frei, kann sagen: "Der Erlöser starb für mich", kann auf das sühnende Blut weisen und sagen: "Das schuf mir Friede mit Gott."

3,27 "Wo bleibt nun der Ruhm" in diesem wunderbaren Erlösungsplan? "Er ist ausgeschlossen", verbannt, hinausgetan. "Durch" welches Prinzip ist der Ruhm "ausgeschlossen"? Durch das Prinzip "der Werke"? "Nein." Wenn man die Erlösung durch Werke verdienen könnte, dann wäre hier noch viel Raum, sich selbst zu beglückwünschen. Doch wenn die Erlösung allein auf dem Römer 3 und 4
Grundsatz "des Glaubens" gewährt wird, dann ist kein Platz mehr für Selbstverherrlichung. Der Gerechtfertigte sagt: "Ich habe die ganzen Sünden vollbracht; Jesus hat die ganze Erlösung vollbracht." Echter Glaube schliesst jede Möglichkeit der Selbsterlösung, der Selbsthilfe und der Selbstverbesserung aus und erwartet alles von Christus, dem Erlöser. Echter Glaube spricht so:

Ich bringe keine Gabe in meinen Händen ich klamm're mich nur an Dein Kreuz, Ich komme unbekleidet, damit du mich kleidest, Hilflos, damit du mich begnadigst Verdorben fliehe ich zu deiner Quelle, Reinige mich, Heiland, oder ich sterbe.
Augustus M. Toplady

3,28 Da es nun keinen Grund zum Auftrumpfen gibt, wiederholt Paulus, "dass ein Mensch durch Glauben gerechtfertigt wird, ohne Gesetzeswerke".

3,29 Wie stellt uns das Evangelium nun Gott vor? Ist er ausschliesslich "der Gott der Juden"? Nein, sondern "auch der Nationen". Der Herr Jesus Christus starb nicht für eine einzige Rasse der Menschheit, sondern für eine ganze Welt von Sündern. Und das Angebot der vollen und geschenkweisen Erlösung ergeht an alle, die es annehmen wollen, ob Jude oder Heide.

3,30 Es gibt keine zwei Götter - einen für die Juden und einen für die Nationen. Es gibt nur einen einzigen Gott und nur einen Weg der Erlösung für alle Menschen. Gott rechtfertigt "die Beschneidung aus Glauben und das Unbeschnittensein durch den Glauben". Was immer der Grund hier für den unterschiedlichen Gebrauch der Präpositionen sein mag ("aus" und "durch"11), es gibt keinen Unterschied in dem Mittel, das zur Erlösung führt: in beiden Fällen führt der "Glaube" zur Erlösung.

3,31 Eine wichtige Frage bleibt bestehen: Wenn wir sagen, dass die Erlösung durch den Glauben erlangt wird und nicht durch das Halten des Gesetzes, sind wir dann gleichzeitig der Ansicht, dass das Gesetz wertlos sei und nicht beachtet werden müsse? Drängt das Evangelium das Gesetz beiseite, so dass es keine Aufgabe mehr besitzt? "Das sei ferne", sondern das Evangelium "bestätigt das Gesetz", und zwar folgendermassen:

Das Gesetz verlangt vollkommenen Gehorsam. Die Strafe für das Brechen des Gesetzes muss bezahlt werden. Die Strafe ist der Tod. Wenn ein Gesetzesbrecher diese Strafe bezahlen muss, dann ist er für alle Ewigkeit verloren. Das Evangelium sagt uns, wie Christus starb, um die Strafe für das Brechen des Gesetzes zu tragen. Er war nicht der Meinung, dass das Gesetz zu ignorieren sei. Er hat die ganze Schuld beglichen. Nun kann jeder, der das Gesetz gebrochen hat, für sich in Anspruch nehmen, dass Christus für ihn die Schuld beglichen hat. So hält das Evangelium von der Errettung durch den Glauben das Gesetz aufrecht, indem es darauf besteht, dass die Forderungen des Gesetzes ganz erfüllt werden.

Datum: 21.01.2007
Quelle: Kommentar zum Neuen Testament - William McDonald

Verwandte News
Werbung
Werbung
Livenet Service