Altes Testament taufrisch: Karriereknick

Bild von Ahab bei der Befragung der 400 Propheten.

Die Sache richtig anpacken und zum Erfolg kommen: Manche schaffen es. Doch nicht nur Spielernaturen passiert es, dass sie sich mit einem einzigen Entscheid um die Früchte ihrer Arbeit bringen. Drastisch illustriert dies die Karriere von Joschafat, von dem im Alten Testament der Bibel zu lesen ist.

Joschafat ist der Ururenkel von König David, mit 35 besteigt er den Thron des Kleinstaates Juda. Angesichts der alten Fehde mit dem grossen Nachbarn im Norden, dem Staat Israel, befestigt er die Städte im Grenzgebiet. Doch für die innere Stabilität von Juda sind religiöse Reformen wichtiger: Joschafat hält sich an den Gott Jahwe, der durch Mose dem Volk die Gesetze gegeben und mit dessen Hilfe sein Vorfahr David das Reich begründet hat. Die Kultorte der Baale und Ascheren, Gottheiten der kanaanitischen Urbevölkerung, meidet er konsequent.

Nur ein Gott

Die Popularität, die der grundsolide Herrscher zunehmend geniesst, mindert das Risiko des heiklen Vorhabens, das er nun umsetzt: Er lässt kanaanitische Kultorte im ganzen Land beseitigen. Die Leute sollen lernen, für ihre Gesundheit, das Wohl ihrer Familie und gute Ernten allein auf Jahwe zu setzen – so wie es Joschafat selbst vorlebt.

Volkshochschule

Die religiöse Flurbereinigung gelingt. Doch Verbote genügen nicht. Joschafats Untertanen sollen Gottes Gebote im Einzelnen kennen, sich individuell und als Gemeinwesen an ihm orientieren. Fünf Chefbeamte und elf Geistliche schickt er aus. In Teams legen sie in den Städten Judas die Rechtsordnung Jahwes dar und klären das Volk auf. Die erhöhte Rechtssicherheit ist ein weiterer Baustein des Erfolgs, der sich in Wirtschaftswachstum, in zunehmendem Wohlstand und auch im Prestige des Staats in der Region spiegelt. Die Nachbarstaaten verzichten seit Jahren auf Überfälle; nicht nur die Philister im Westen, sondern auch Araberstämme im Süden erkennen Joschafats Vorrang an.

Brückenschlag

Dass der Jerusalemer Herrscher die Städte im nördlichen Grenzgebiet weiter ausbaut, erklärt sich aus dem ungeklärten Verhältnis zum Nachbarn Israel, dessen Staatsreligion auf Betreiben der Königin Isebel immer mehr Elemente ihrer phönizischen Heimat enthält. Joschafat wäre nicht Joschafat, würde er nicht trotz diesen Differenzen eine Verständigung mit Israel suchen. Sein Ansehen macht es leichter, auf König Ahab von Samaria zuzugehen. Es gelingt! Das Bündnis wird mit einer glanzvollen Fürstenhochzeit besiegelt: Prinz Joram von Juda vermählt sich mit Prinzessin Atalja von Israel.

Jahre später kann sich Joschafat der Einladung aus Samaria nicht entziehen – obwohl ihm die religiöse Entwicklung in Israel unter Isebel gar nicht geheuer ist. Ahab empfängt ihn mit allen Ehren, doch bald erkennt der Gast, dass mehr ansteht als Festivitäten: Er soll mit Ahab in den Krieg ziehen, seine Truppen sind gefordert, die Stadt Ramoth in Gilead mit zurückzuerobern.

Unfrei, nicht feige

Ein Angriffskrieg? Joschafat will nicht als feiger Bundesgenosse gelten; dies würde seinem Ansehen schaden. Doch derartige Entscheide sollten erst getroffen werden, nachdem ein Prophet von Jahwe gesprochen hat. Ein Prophet von Jahwe? Ahab lacht: „Ich habe vierhundert Propheten an meinem Hof! Sie werden dir weissagen.“ Die Versammlung bestätigt – wie sollte sie anders? – Ahabs Vorhaben; einmütig verheissen ihm die Sprecher der Götter Erfolg. Doch eben dies verstärkt Joschafats Vorbehalte: Diese ‚Propheten’ reden dem Herrscherpaar (Isebel hat offensichtlich die Hosen an) nach dem Mund.

Widerwillig lässt Ahab einen Propheten holen, der nicht am Hof lebt. Und tatsächlich sagt dieser (nach einem Verwirrmanöver, das ein grelles Licht auf Ahabs Hof wirft) genau das Gegenteil voraus: Unheil für den König. Doch dieser lässt sich nicht mehr von seinem Plan abbringen.

Joschafat hängt mit drin. Er muss erkennen: Mit einem einzigen Entschluss (Heirat seines Sohnes) hat er einen Kurs eingeschlagen, der ihn nun in Lebensgefahr bringt, der ihn in einen Krieg geraten lässt, an dem ihm gar nichts liegt. Und wenn das Ahab prophezeite Unheil wirklich eintrifft, was wird dann aus dem Bündnis?


Datum: 04.07.2008
Autor: Peter Schmid
Quelle: Jesus.ch

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