In Krankheit und in Gesundheit

Robertson McQuilken war Präsident des Columbia Bible College und des Seminars. Eine der größten Freuden in seinem Leben war, junge Menschen auszubilden, damit sie tatkräftige Diener des Herrn Jesus Christus würden. Unermüdlich arbeitete er auf dieses Ziel hin. Unter seiner Leitung hatte das College den Ruf gewonnen, eine außergewöhnlich gute geistliche und akademische Ausbildung zu vermitteln.

Dann schien alles zusammenzubrechen. Es fing damit an, dass seine Frau alles mehrmals erzählte. Dann konnte sie nicht mehr lesen und sie verlor ihre Geschicklichkeit. Sie musste jeden öffentlichen Dienst aufgeben. Es quälte Robertson zu sehen, wie sie »schrittweise verlosch«. Als schließlich ein Arzt sie bat, die vier Evangelien zu nennen und sie es nicht konnte, war die Diagnose bestätigt. Sie hatte Alzheimer.

Viele Jahre lang war sie Robertsons treue Gefährtin gewesen. Ohne sie hätte er den Dienst, der so fruchtbar gewesen war, nicht ausführen können. Was würde er jetzt tun? Sollte er Pflegepersonal einstellen, das sich um sie kümmerte, damit er weiter am College und Seminar arbeiten konnte? Oder sollte er sich zurückziehen und ihr ein wenig von der Fürsorge zurückgeben, die sie ihm so lange in reichem Maße hatte angedeihen lassen?
Für seine Kollegen lag die Entscheidung auf der Hand. Es gab viele Freunde, die die Lücke für ihn schließen und Muriel mit christlicher Liebe und Freundlichkeit überschütten konnten. Das würde ihm Freiraum geben, seine Leiterschaft in Columbia fortzuführen.

Aber hatte er nicht gelobt, seine Frau in Krankheit und Gesundheit zu begleiten, bis der Tod sie scheiden würde? Jetzt war sie unheilbar krank. Natürlich konnte Gott ein Wunder an Muriel tun, aber wenn nicht, konnte er doch in Robertson eines vollbringen. Was also würde er tun? Würde er sein Versprechen einlösen?

Ja, er hielt sein Versprechen. Zur Bestürzung der christlichen Gemeinde trat er als Präsident des College und Seminars zurück und pflegte Muriel in ihrem geistigen und körperlichen Verfall. »Als die Zeit kam, stand der Entschluss fest. Ich musste nicht mehr überlegen, Es ging um meine Treue … Es war jedoch keine belastende Pflicht, für die ich stoisch mein Amt niedergelegt hatte. Schließlich hat sie mich fast vierzig Jahre lang mit bewundernswerter Ergebenheit umsorgt; jetzt war ich an der Reihe. Und was war sie für ein Partner! Wenn ich sie 40 Jahre lang pflegen müsste, stände ich immer noch in ihrer Schuld.«

Siebzehn Jahre lang begleitete Robertson Muriel auf ihrer Reise in die Vergesslichkeit. Er schrieb:

»Jetzt ist es Mitternacht, wenigstens für sie, und manchmal frage ich mich, wann die Morgendämmerung anbricht. Man nimmt an, dass selbst die fürchterliche Alzheimer Krankheit nicht so früh ausbricht und einen so lange quält. Aber in ihrer stillen Welt ist Muriel so zufrieden und liebenswert. Wenn Jesus sie zu sich nehmen würde, würde ich ihre freundliche und liebliche Gegenwart vermissen. Ja, es gibt Zeiten, wo ich gereizt bin, aber nicht oft. Es hat keinen Sinn, sich zu ärgern. Und außerdem hat der Herr vielleicht das Gebet meiner Jugendzeit, mich geistig reifen zu lassen, hiermit beantwortet.«

»Aber eines Tages verlor ich die Fassung. In der Zeit, wo Muriel noch stehen und gehen konnte, benutzten wir noch keine Windeln, und manchmal gab es ›Unfälle‹. Ich kniete neben ihr und versuchte, die Bescherung zu entfernen, während sie verwirrt neben der Toilette stand. Es wäre leichter gewesen, wenn sie nicht so da-rauf bestanden hätte, zu helfen. Meine Frustration nahm immer mehr zu. Plötzlich schlug ich an ihr Bein, damit sie still stehen sollte – als ob das etwas genützt hätte. Es war kein fester Klaps, aber sie war erschrocken. Ich war es auch. Niemals in den ganzen 44 Jahren unserer Ehe hatte ich sie im Ärger oder in irgendeinem Tadel auch nur berührt. Niemals war ich dazu auch nur versucht. Aber jetzt, wo sie mich am meisten brauchte …

Schluchzend bat ich sie, mir zu vergeben – obwohl sie Worte weder verstand, noch sprechen konnte. So wandte ich mich an den Herrn und sagte Ihm, wie leid es mir tat. Es dauerte Tage, bis ich darüber hinwegkam. Vielleicht hat Gott diese Tränen eingesammelt, um das Feuer zu löschen, das sonst eines Tages entflammen könnte.«

So also gab Robertson das Amt des Präsidenten einer Bibelschule mit Seminar auf, das er 22 Jahre inne hatte, um für seine Frau zu sorgen, die in die Vergesslichkeit versank.

Diese Geschichte wurde in Christianity Today, einem christlichen Magazin, veröffentlicht. Ohne Scham kämpften die Leser mit den Tränen. Es führte dazu, dass einige Ehepaare, die den Herrn kannten, ihr Eheversprechen erneuerten. Andere entwickelten eine neue Wertschätzung der ehelichen Verbindung. Wieder andere erkannten, dass sie Jesus im Leben von Robertson McQuilken gesehen hatten.

Fortsetzung: Über dem Durchschnitt leben

Datum: 05.02.2008
Autor: William Mac Donald
Quelle: Leben über dem Durchschnitt

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