Hilferuf aus der Gletscherspalte

Wieviel Schicksal erträgt ein Mensch?

Alleine in einer Gletschterspalte gefangen, schliesst der damals 29-jährige Thomas Zurbrügg mit seinem Leben ab. Er wird wie durch ein Wunder gerettet. Ein weiterer Unfall zerstört drei Jahre später sein Gesicht und viele Zukunftspläne.
Thomas Zurbrügg (Foto: zVg)
Thomas Zurbrügg am Seil in der Gletscherspalte

An einem sonnigen Tag im März 2016 stürzte Thomas in einer Gletsscherspalte 25 Meter in die Tiefe. Minuten verstrichen – wo blieb nur das rettende Seil des Kameraden? Langsam wurde ihm klar: Mit einer schnellen Rettung wird es nichts. War sein Kamerad ebenfalls in die Spalte gestürzt? Oder rief er Rettungskräfte? Thomas Zurbrügg grub sich aus dem Schnee und versuchte, sich vor einem weiteren Fall zu sichern. An den glatten Eiswänden nach oben zu klettern, erschien aussichtslos. Einen weiteren Sturz konnte er nicht riskieren. Es war Wunder genug, den ersten überlebt zu haben. Unverletzt!

Er betete. Für sich, für seine Angehörigen. Dann erfüllte ihn ein übernatürlicher Friede. «Obwohl ich mein Überleben nicht beeinflussen konnte, ging es mir gut!» Die Gefahr, langsam zu erfrieren, beängstigte ihn; vor dem Tod selber hatte er hingegen keine Angst. «Der Tod ist für mich nichts Schlimmes. Ich glaube, dass danach etwas Besseres kommt.»

Egal was kommt: Gott hat es im Griff!

Sein Konfirmationsvers steht in den Sprüchen, Kapitel 3, Vers 5: «Vertraue auf den Herrn von ganzem Herzen. Und verlass dich nicht auf deinen Verstand.» Dort, in der Gletscherspalte, gewannen diese Worte neue Bedeutung. Die Rettung seines Lebens aus dieser unbehaglichen Situation lag in Gottes Hand. Doch egal, ob sein Leben ein Ende finden würde oder nicht: Thomas war sich Gottes Liebe gewiss. Eine Liebe, die selbst vom Tod nicht aufgehalten werden kann.

Gestärkter Glaube

Ein im Schnee verschütteter Mensch überlebt etwa 15 Minuten. Da der Kamerad ihn nicht sehen konnte, ging er davon aus, dass Thomas bereits erstickt war. Nach knapp zweieinhalb Stunden hörten die eingetroffenen Rettungskräfte sein Rufen. Entgegen ihrer Erwartung endete die Aktion nicht mit einem Toten. Ein unverletzter Thomas Zurbrügg wurde aus der Spalte gezogen und mit dem Hubschrauber ins Spital gebracht. «Noch nie ging ich so gesund ins Spital.» Die Beteiligten staunten nicht nur, dass Thomas den Sturz und die lange Zeit im Innern des Gletschers überlebt hatte. Auch die Ruhe, die er ausstrahlte, sprach Bände. Es war ein Wunder! Durch diese Erfahrung wurde Thomas' Glaube gestärkt. «Ich erfuhr, dass mein Glaube selbst Extremsituationen standhält.»

Die nächste Prüfung

Im Juni 2019 kam der nächste Schlag: ein Unfall mit den Inline-Skates. Der Sturz in eine Metallstange zertrümmerte sein Gesicht. Ein Auge wurde dabei herausgedrückt. Es folgten rund zwei Wochen auf der Intensivstation, in denen Thomas Zurbrügg nichts sah, nicht sprechen konnte und schlecht hörte. Stundenlange Operationen, in denen sein Gesicht repariert wurde. Dann kamen grosse Lungenprobleme dazu, später folgten Plattenbrüche und weitere Komplikationen. Die tiefe Gewissheit aber blieb: «Gott ist bei mir und meint es gut!»

Drei Wochen im Spital, weitere elf Wochen in der Reha-Klinik – als Thomas endlich nach Hause kam, war unklar, wieweit seine Gesichtsfunktionen wiederhergestellt wurden und ob er seinen Beruf als Flugbegleiter je wieder würde ausüben können. Bis heute weiss er das nicht...

Vertrauen in der Ungewissheit

Schmerzen, ein verlorenes und ein verletztes Auge, fehlender Geruchssinn, eingeschränkte Mundöffnung, ein asymmetrisches Gesicht, Sensibilitäts-, Durchblutungs- und Schweissstörungen auf der rechten Seite, Narben und Metall. Die ungewisse Zukunft ist für Thomas schwierig. «Oft bin ich niedergedrückt und kämpfe mit Zweifeln.» Und doch bleibt sein Glaube an Gott, der ihn schon in der Gletscherspalte getragen hat. «Er hat es im Griff!»

Das Bild vom rettenden Seil, das ihn aus der Gletscherspalte zog, begleitet Thomas. «Lass dich retten aus deiner Hoffnungslosigkeit», spricht er denen zu, die in Lebenskrisen festsitzen. «Gott hat einen Plan für dein Leben!» Doch was tut man in Krisen, die sich monatelang hinziehen und viele Fragen unbeantwortet lassen? Thomas hat für sich eine Antwort: «Ich bin mit meinem Schöpfer verbunden. Er kennt mich und weiss, welcher Weg der Beste ist. Auch wenn ich sein Handeln oft nicht verstehe, vertraue ich ihm, egal was passiert.»

Dieser Artikel erschien zuerst im Magazin Viertelstunde für den Glauben.

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Datum: 11.03.2020
Autor: Markus Richner-Mai
Quelle: viertelstunde für den Glauben

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