Als Kind schielte Tabitha Bühne und hatte unreine Haut. Sie
fand sich hässlich, wurde gemobbt und meinte, wenn sie schön wäre, würde sie
auch geliebt. In der Sendung «Fenster vom Sonntag» erzählt sie, wie sich ihre
Einstellung verändert hat.
«Es gab da einen Jungen, der sagte mir jeden Morgen, wenn
wir uns beim Schulbus trafen, ich sei hässlich und sollte besser nicht leben.» Tabitha ist schüchtern und ängstlich, erzählt niemandem davon. In ihrer Familie hat sie
gehört, dass Gott Kinder liebt und sie beschützt. Doch als ihre Freundin sich
gegen eine Vergewaltigung wehrt, wird sie ermordet. «Gott hat nicht auf sie
aufgepasst – was ist dann mit mir?» Sie redet auch darüber mit niemandem. Dafür
beginnt sie zu laufen, läuft ihrem Schmerz davon.
«Ich will nie wieder ausgelacht werden»
Mit dem Schulwechsel in die Oberstufe ändert Tabitha ihr
Erscheinungsbild. Sie will nie wieder ausgelacht werden für ihr Aussehen. «Ich
färbte mir die Haare, trug Kontaktlinsen und wurde die laute Blondine.»
Innerlich bewahrt sie jedoch ihr negatives Selbstbild.
Als sie als Assistentin
bei den Miss Germany-Wahlen selbst zum Modeln eingeladen wird, macht sie neue
Erfahrungen. «Ich traf da viele unglückliche Frauen», erinnert sie sich. «Das
Vergleichen macht unglücklich, alles dreht sich darum, wie du aussiehst und
wirkst.» Als ihr Freund, ein Leistungssportler, am Telefon mit ihr Schluss
macht, bricht sie zusammen. Sie sieht ihre Angst bestätigt: «Ich bin nicht
schön genug, nicht liebenswert.»
Weglaufen
Tabitha reagiert, indem sie ihrem Herzschmerz davonläuft
und Distanz hält zu Männern. In einem Jahr macht sie den Ironman, fängt an mit
Ultralauf, absolviert in einem Jahr zwölf Marathons. An eine glückliche Beziehung
glaubt sie nicht mehr. Ihr Vater gibt ihr jedoch Bücher von Markus Spieker, die
ihr sehr gefallen. Weil sie hört, dass Autoren kaum positives Feedback
bekommen, tut sie das. Sie selber schreibt ebenfalls, seit sie ein Kind ist.
«Das ist neben dem Laufen mein Ausgleich.»
Die beiden nehmen Kontakt auf, er
lebt als ARD-Korrespondent in Indien. Dort will sie nicht hin. «Da ist so viel,
was dich triggert, all die Menschen, die Gerüche, die Überfülle», erklärt sie.
«Ich bin ein Naturmensch, eine Läuferin, passe nicht in die Stadt.» Doch sie
spürt, dass Markus der richtige Mann für sie ist. Sie kündigt ihre Stelle und reist
erstmals nach Indien.
Yoga im Ashram
Sie versucht, mit den vielen Menschen, der neuen Mentalität
zurechtzukommen. Nach einer Weile hat sie den Eindruck, sie soll in einem
Ashram einen Yoga-Kurs besuchen. Hier bekommt sie immer wieder Anweisungen zur
Selbsterlösung: «Gott ist in allem und auch in uns», wird ihr gesagt. «Du bist
gut und alles ist gut.» Sie hat einige interessant Gespräche mit dem Guru,
spürt jedoch: «Das funktioniert nicht, sich selber zu erlösen und dann
aufzulösen.»
Sie macht bei allen Meditationen mit, auch wenn ihr alles weh tut.
Dann bekommt sie eine heftige Magen-Darm-Vergiftung. «Ich weiss, dass ich nicht
göttlich bin,» gibt sie zu. «Ich habe gemerkt, dass Jesus mich kennt, lieb hat
und erlösen will.» Man könne sich nicht selber retten, da braucht es jemand
anderen. «Das wusste ich vorher im Kopf, aber noch nicht mit dem Herzen. Und
die Inder wissen das nicht.»
Nicht alles ist gut
«Ich habe immer noch viele Fragen», gesteht Tabitha. «Wenn
du in Indien siehst, wie die Menschen sterben und Gott nicht eingreift, fragst
du dich schon, wo er ist.» Auf einer Wanderung durch den Himalaya mit Markus
sieht sie den schönsten Sternenhimmel und spürt dabei eisige Kälte. «Du erlebst
zur gleichen Zeit Schmerz und Freude», erkennt sie. «Du kannst gleichzeitig in
Schwierigkeiten stecken und Frieden haben.» Die Gewissheit wächst: «Mit Jesus
zusammen werde ich nicht untergehen, egal, was geschieht.» Sie suchte immer
Sicherheit, auch im Glauben. In Indien lernt sie, einfach Gott zu vertrauen. «Wenn
du nicht loslassen und vertrauen kannst, bleibst du gefangen in dir selbst.»
Den Schritt wagen
«Ich will aufhören, meinen Wert von dem abhängig zu machen,
was ich oder andere über mich denken», sagt Tabitha. «Ich habe gelernt, ich bin
klein und Gott ist gross, aber das ist gut.» Sie vertraut darauf, dass er einen
guten Plan hat für sie und macht das Beste aus dem, was ist.
Tabitha und Markus
sind nun verheiratet, leben wieder in Deutschland. Sie arbeitet als
Fitnesstrainerin und Redaktorin. «Ich kann lernen, meinen Fokus auf etwas
anderes zu richten als bisher», weiss sie. «Der Entschluss liegt in meiner
Hand, danach ist es ein Prozess.» Rückschläge gehören dazu, und es geht
manchmal in kleinen Schritten vorwärts: «Aber du kannst Frieden finden.»