Zuerst fielen die Haare aus

«Heute ist mein Leben meistens erträglich»

Die Vorfreude aufs Hochzeitsfest war bei Marc und Naïma getrübt. Gerade hatte Marc nämlich alle Haare verloren und niemand wusste, wie es weitergehen würde…
Marc Studer heute (Bild: zVg)
Marc im Jahr 2013
Marc und Naïma Studer bei ihrer Hochzeit (Bild: zVg)
Marc im Jahr 2014

Als er morgens einen Büschel Haare in den Händen hielt, dachte sich Marc Studer (*1987) aus Biel noch nichts dabei. Als er dann aber immer mehr Haare verlor, begann er sich doch Gedanken zu machen, ahnte jedoch nichts von den Problemen, die auf ihn zukommen würden.

Das Gesicht im Spiegel erschien ihm fremd

Nach Wochen des starken Haarausfalls suchte Marc einen Hautarzt auf. Dieser verschrieb ihm eine Kortisonsalbe. Da Marc diese schon oft gegen sein Ekzem angewendet hatte, glaubte er, die Sache damit schnell in den Griff zu kriegen. Es lief aber anders. Zwar schien das Kortison anfänglich tatsächlich zu wirken – doch dann befiel ihn erneut ein sehr starker Haarausfall. Möglicherweise begünstigte das Kortison den Haarausfall sogar.

Eine Zeitlang versuchte Marc, die kahlen Stellen zu verbergen. Als dies kaum mehr möglich war und er sich deswegen genierte, rasierte er sich kahl. Den Blick in den Spiegel liess ihn erschauern: Er blickte in ein «unbekanntes» Gesicht, mit bislang unbeachteten Makeln. Was würde nun Naïma, seine Verlobte, sagen? Die beiden standen ein paar Wochen vor ihrem Hochzeitsfest.

Wenn der Geliebte plötzlich anders aussieht

Tatsächlich stand Naïma vor einer grossen Herausforderung. «Für sie war es ganz und gar nicht einfach», blickt Marc zurück. «Wenn der, den du heiraten willst, in den paar Wochen vor der Hochzeit eine derartige Veränderung durchmacht, ist das schon heftig.»

Dass sich Naïma mit Entschiedenheit zu ihm stellte und ihn unabhängig der Äusserlichkeiten heiraten wollte, berührt Marc bis heute. «Obwohl mein Äusseres ihr bis heute wichtig ist, bin ich ihr als Person wichtiger als mein Aussehen.»
«Viele Leute in unserem Umfeld hätten es verstanden, wenn wir die Hochzeit abgesagt hätten.» Marc berichtet, dass einige sogar sagten, dass sie selbst dies wahrscheinlich getan hätten. Für Naïma war die Situation nicht einfach. «Ich glaubte und hoffte bis zum Tag der Hochzeit, dass ein Wunder passieren und Marc gesund und mit Haaren zur Hochzeit kommen würde.» Sie hatte jedoch ein tiefes «ja» zu ihm und stellte die Hochzeit nie in Frage.

An der Hochzeit schockierte Marc mit seinem Aussehen viele Gäste. Zum Traugelübde sagt Naïma heute: «Als ich sagte, dass ich in guten und in schlechten Zeiten zu Marc stehe, meinte ich das auch genauso.» Zu diesem Zeitpunkt ahnten die beiden noch immer nicht, dass das Schlimmste noch kommen würde.

Die «richtige» Ärztin gefunden

Inzwischen hatte Marc am gesamten Körper sämtliche Haare verloren. Der Juckreiz entwickelte sich zu Dauerschmerz, was seine Psyche arg strapazierte. Der Hautarzt hatte inzwischen fälschlicherweise eine Autoimmunerkrankung diagnostiziert. Erst nach der Untersuchung mehrerer Hautärzten und ausbleibendem Erfolg bei deren verordneter Behandlung stellte Dr. Riedl, eine Ärztin aus Zürich, die Fehldiagnose fest. Die Ärztin, welche Schulmedizin und Naturheilkunde kombiniert, diagnostizierte den Mangel des Entgiftungsgen GSTM1. Eine entsprechende Behandlung brachte die ersehnte Besserung.

Auch wenn die Therapie wirkte, ging dies nicht von einem Tag auf den anderen. Die Behandlung war heftig und zog sich über viele Monate hinweg. Regelmässige Fahrten von Biel nach Zürich, Darmaufbau, Entgiftung, Umstellung der Ernährung und vieles mehr wurde getan. Marc musste auch lernen, wie er sich selbst Infusionen legen konnte. Zum Arbeiten war er meistens in der Lage, obwohl sich monatelang alles nur noch darum drehte, das Leben einigermassen erträglich zu machen. Naïma war oft erstaunt, wie er trotz seines schlechten körperlichen Zustands überhaupt noch der Arbeit nachgehen konnte.

Langsam aber beständig aufwärts

Zumindest ging es jetzt aufwärts. Die Schmerzen liessen nach und Marc konnte nachts zunehmend mehrere Stunden am Stück schlafen. So ging es ihm auch psychisch immer besser. «Es gab aber auch Rückfälle, welche mir jeweils stark auf die Psyche schlugen.»

Marc leidet bis heute unter seiner Krankheit und selbst in guten Zeiten schläft er nicht durch und muss sich mehrmals täglich komplett einsalben. «Für mich sind solche Zustände das Normale. Wenn ich Sport treiben kann und Zeiten für mich selbst habe, wenn ich mit Naïma und Freunden etwas unternehmen kann, dann geht es mir gut. Auch wenn ich arbeiten und kreativ sein kann, dann sage ich, dass es mir gut geht.» Wenn die Krankheit zwischendurch wieder schlimmer und Marc in besagten Bereichen stark einschränkt wird, dann kann das Stress auslösen.

Der Glaube hilft!

Marc ist in einer Freikirche aufgewachsen und der Glaube an Jesus ist ihm von Kindheit an wichtig. Eigentlich kann er sich ein Leben ohne Gott gar nicht vorstellen. «Durch den Glauben lernte ich zu vergeben und besser mit Menschen umzugehen. Auch in Bezug auf Schönheit und Kreativität hat Gott mich sehr inspiriert.» Marc liebt es, an sich selbst zu arbeiten und in der Bibel hat er hierfür eine hervorragende Hilfe gefunden. «Da finde ich so vieles, was ich auf mein Leben transferieren kann.»

Der Glaube hat Marc auch durch seine Krankheit begleitet. «Jeden Morgen habe ich mich auf Gott besonnen und in dem, was Jesus für mich getan hat, neue Hoffnung getankt.» Er hörte viele Predigten und christliche Musik. «Predigten, Musik und Gespräche waren für mich schon immer wichtige Zugänge zu Gott.» Gerade die Tatsache, dass Jesus für ihn unter grössten Schmerzen gestorben ist und damit alle Krankheiten überwunden hat, gibt Marc eine ganz reale Hoffnung auf eine schmerzfreies Leben. Zu erfahren, wie Gott ihm jeden Tag die nötige Kraft schenkt, stärkt seinen Glauben zusätzlich.

Die Haare sind nachgewachsen

Nachdem Marc seine Haare verloren hatte, wurde er auf der Strasse oft nicht mehr erkannt. So verzichtete er irgendwann darauf, ihm bekannte Menschen auf der Strasse zu grüssen – sie erkannten ihn ja ohnehin nicht. Inzwischen sind seine Haare – abgesehen von den Wimpern und Augenbrauen – aber wieder nachgewachsen und so muss er sich wieder daran gewöhnen, dass Altbekannten ihn auf der Strasse kennen. «Als ich zum ersten Mal wieder zum Coiffeur gehen musste, war das für mich ein Meilenstein.»

Obwohl Marc anfänglich sagte, dass es sich nur um seine Haare handle, ist das Zurückkehren seines Kopfschmucks für ihn heute ein Zeichen, dass auch sein altes Leben wieder zurückkommt. «Wenn ich heute erneut Haare verliere, kann mich das stressen. In diesen Situationen hilft mir das motivierende Zureden meiner Frau.» Auch in vielen anderen Bereichen ist Naïma für Marc eine grosse Unterstützung. Darüber, wie gut sie mit seiner Situation umgehen kann, ist er beeindruckt und äusserst dankbar. Das sei für ihn nicht selbstverständlich. Auch seine Familie hat ihn während der Krankheitszeit unterstützt und in seinem Freundeskreis ist er gut eingebettet.

«Die meisten Stresspunkte habe ich nicht mehr. Ich sehe wieder ähnlich aus wie früher und die Leute erkennen mich wieder. Auch sonst ist mein Leben meistens wieder erträglich und ich bin dankbar für meine zunehmend gute Gesundheit und mein gutes soziales Umfeld.» Letztlich nehme er dies alles als ein Geschenk aus Gottes Händen.

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Datum: 05.02.2022
Autor: Markus Richner-Mai
Quelle: Jesus.ch

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