Marie-Anne Gasser gelang, wovon viele nur träumen. In sechs
Jahren wurde sie 45 Kilogramm los – bleibend. Doch eigentlich war dies nur der
Nebeneffekt. Sie hatte Gott als Tröster kennengelernt und musste ihren inneren
Schmerz nicht mehr mit Süssigkeiten lindern.
Marie-Anne Gasser (Bild: zVg)
Süssigkeiten waren für
Marie-Anne Gasser (57) schon in ihrer Kindheit das wohltuende «Trösterli». In
schmerzvollen Momenten, bei Verlusten, erfahrener Ablehnung, Stress- oder
Drucksituationen – Süssigkeiten waren immer die «Lösung», damit es ihr etwas
besser ging. Heute ist ihr klar: «Schon als Kind litt ich an diesem Suchtverhalten.»
Schuldgefühle,
aber keine Veränderung
Marie-Anne war schon immer ein
ausgeprägter Bewegungsmensch. «Es ist meine grosse Leidenschaft, mich zu
bewegen.» Das war auch der Grund, weshalb ihr die viele Schokolade nicht
anzusehen war. Von Übergewicht gab es bei ihr keine Spur – jedenfalls lange
Zeit nicht. Trotzdem erkannte sie irgendwann, dass sie ein Problem mit ihrer
Essgewohnheit hatte. Schuldgefühle plagten sie. Die Kraft, ihr Verhalten dauerhaft
zu ändern, fand sie jedoch nicht. «Irgendwie hatte ich das Gefühl, mein Leben
ohne diesen Tröster nicht auf die Reihe zu kriegen.» So blieb das schlechte
Gewissen genauso wie die Schokolade ihr ständiger Begleiter.
Dann kamen
die Kilos
Nach dem dritten Kind
eskalierte die Situation äusserlich. «Ich fand kaum mehr Zeit, um Joggen zu
gehen.» Das Gewicht ging steil nach oben. Im Gegensatz zu vielen Frauen,
empfand sie ihre zusätzlichen Pfunde nicht als Schönheitsmakel. Mit 35 Jahren
war sie am Punkt angekommen, wo sie der Wahrheit direkt in die Augen blickte:
«Ich bin süchtig nach Süssigkeiten.» Sie versuchte abzunehmen, doch die Erfolge
waren bescheiden und die Rückschläge frustrierend.
Sie war nun 35 Jahre alt, 174 Zentimeter gross und 103 Kilogramm schwer. Und jedes «angefressene Kilo»
bezeugte, dass Süssigkeiten zu ihrem «Ersatz-Gott» geworden waren. Bei ihnen
suchte sie Trost und Kraft zum Leben und Gott liess sie nicht an ihren tiefen,
inneren Schmerz heran. «Ich brauchte Vergebung und schrie nach Veränderung.»
Kapitulation
und Gotteserfahrung
Es folgte die Kapitulation.
«Ich sah ein, dass ich mein Leben nicht auf die Reihe kriegte und war bereit,
mich Gott zu stellen.» Vor ihrem Mann, der seit ihrer Jugend an ihrer Seite
stand, musste sie sich nicht verstecken. Sie fürchtete sich aber davor, mit
Gott ihre Schmerzen zu teilen. «Ich glaubte, es nicht aushalten zu können, mit
meinem Schmerz ganz alleine vor Gott zu sein.»
In einer Seelsorgesitzung
wurde Marie-Anne durch traumatische Erfahrungen ihrer Kindheit geführt. Dabei erlebte
sie, wie Gott ihr in diesen Erinnerungen begegnete. «Es war eine tiefe
Berührung von Gott. Von diesem Moment an wusste ich, dass Gott meinem Schmerz
begegnet.»
Veränderter
Glaube, verändertes Körpergewicht
Innert sechs Jahren nahm sie 45
Kilogramm ab – problemlos. «Oft war ich mir überhaupt nicht bewusst, dass ich am
Abnehmen war.» Das Wesentliche ihrer Veränderung waren aber nicht die
verschwundenen Kilos, sondern ihre neue Gottesbeziehung. «Wann immer ich
verletzt wurde oder an meine Grenzen kam, wandte ich mich an Jesus!» Das
neugewonnene Vertrauen zu Gott machte Schokolade als ihren «Ersatz-Gott»
überflüssig.
Doch auch über Diät machte sie
sich ihre Gedanken. Da sie sich durch eine Sonderkost nicht zu sehr von ihrer
Familie abgrenzen wollte, war sie anfänglich etwas unsicher, wie sie die Sache
angehen sollte. «Dann hatte ich plötzlich eine Idee – ich glaube, es war ein
Impuls von Gott.» In der Folge ersetzte sie täglich eine Mahlzeit durch einen
Eiweissshake. Ansonsten lebte sie ihr Leben ohne Einschränkungen.
Die grosse
Prüfung
Im Alter von 54 Jahren verlor
Marie-Anne ihren geliebten Ehemann durch einen Unfall. «Das war ein harter
Schlag, der Verlustschmerz drohte mich zu zerreissen. Doch auch da begegnete
Gott meinen Kindern und mir als wunderbarer Tröster und Fürsorger.» In dieser
Zeit des Trauerns entschied sie sich, ganz auf Süssigkeiten zu verzichten. Als
ihr alter «Ersatz-Gott» anklopfte und seinen Trost versprach, war es an der
Zeit, diesem einen festen Tritt zu verpassen. Bis heute hält sie das so: keine
Süssigkeiten. Und für Marie-Anne ist das kein grosses Opfer. «Es ist vielleicht
vergleichbar mit einem Alkoholiker, der sagt: Ich bin froh, dass ich es lassen
kann und so keine inneren Kämpfe führen muss.»
Den besten
Tröster gefunden
«Das Gefühl, schutzlos zu
sein, hat mich viele Jahre begleitet. Und ich hatte in Süssigkeiten Trost
gesucht.» In den Essattacken glaubte sie, Schutz zu finden. Schliesslich hatte
sie es selbst in der Hand, sich zu trösten. «Wäre mein Gewicht nicht in die
Höhe gegangen, wäre ich vielleicht noch immer in meinem Verhalten gefangen.»
Doch sie hat die Lüge, Gott
würde sich nicht um ihren Schmerz kümmern, erkannt. Gott selbst offenbarte sich
ihr als überaus liebenden Vater. «Seit mehr als zwanzig Jahren lebe ich
befreit», sagt Marie-Anne. Damals hat sie den besten Tröster dieser Welt
gefunden. Und das ist weit mehr, als unnötige 45 Kilogramm loszuwerden.