Gott versteht dich

Ein Herz voller Chaos

Regula Nivergelt

Der Chrischonaberg ist verlassen. Die meisten Studenten sind in die Ferien gefahren. Eigentlich geniesse ich die Ruhe sehr. Doch Stille kann manchmal auch zur Konfrontation mit sich selbst führen. Gefühle und Gedanken drehen sich. Mit meinem Tagebuch sitze ich in meinem Zimmer. Ich versuche einen Durchblick in meine gerade chaotische innere Welt zu gewinnen. Ich schaffe es nicht. Wenn nur jemand da wäre, der mich jetzt verstehen würde! Ich denke an meinen Freundeskreis. Meine engsten Freunde sind nicht erreichbar. Bei den andern will ich mich nicht "outen". Ich schreie zum Herrn: "Wen soll ich anrufen? Ich muss mein Herz ausschütten können!" Wie gross wäre doch die Hilfe, jetzt einem Freund sagen zu können, was mich bewegt. Das Tagebuch auf den Knien, den Kopf in den Händen verborgen, drehen sich Gedanken und Gefühle... Verzweifelt...

Ein Lied klingt leise in meinem Hinterkopf: "Schick dein Gebet zum Himmel!" Nur dieser Ausschnitt ist da. Wieder und wieder kommt dieses Bruchstück. Es wird immer lauter. Plötzlich realisiere ich, dass da etwas abgeht. Zuvor hörte ich das Lied zwar, aber ich nahm es doch nicht ganz wahr. Der Liedteil verdrängt immer mehr meine chaotischen Gedanken und Gefühle. Jetzt nehme ich das Lied aktiv wahr: "Schick dein Gebet zum Himmel!" Da kommt ein zweites Bruchstück aus dem Lied dazu: "Er versteht." Gott berührt mein Herz. Er holt mich aus dem Chaos heraus. Da, wo ich meine Gedanken und Gefühle nicht mehr verstehe, ruft er mich zu sich und sagt: "Ich versteh dich!" Und wie er mich versteht! Keiner meiner Freunde, auch nicht meine engsten Freunde, hätten mich so tief verstanden wie er. Der Gott, der mich als sein Geschöpf geschaffen hat, der mich schon im Mutterleib kannte, nur er versteht mich durch und durch (Psalm 139)! Ich habe im Gebet um Lösungen gerungen. Gott solle mir doch Freunde zur Seite stellen. Er solle mir zeigen, wen ich anrufen könnte. Gott aber zeigt mir einmal mehr: "Schick dein Gebet zum Himmel! Schick all das, was dich niederdrückt, zu mir! All das, was du im Moment nicht verstehst, dein ganzes inneres Chaos - ich verstehe es."

Überwältigt vom Reden Gottes schaue ich auf zu ihm. Mein Durcheinander ist nicht vollständig gelöst, aber mein Blick strahlt voller Freude zu ihm hin. Er versteht!

Regula Nievergelt ist 28, Studentin des 3. Jahrgangs am TSC, früher Vermessungszeichnerin, leidet nach einem Sportunfall seit zwei Jahren unter einem Schleudertrauma.

Datum: 11.06.2002
Autor: Regula Nivergelt
Quelle: Chrischona Magazin

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