Wie sich das Evangelium in iranischen Bussen verbreitete
Der christliche
Glaube wächst im Iran rapide. Je nach Schätzung bewegt sich die Anzahl Christen
zwischen 800'000 bis drei Millionen. Viele finden im einstigen Perserreich
durch Träume, Visionen und Wunder zu Jesus Christus.
Die Zahlen meinen
es nicht gut mit dem Iran: Auf dem Weltverfolgungsindex von «Open Doors» findet
sich der Iran auf Rang 10 – das heisst, nur in neun Ländern ist die Lage für
Christen noch schwieriger als im Reich der Ayatollahs. Und auch die «Reporter
ohne Grenzen» massen dem Iran wenig Freiheit bei, das Land liegt nur auf Rang
164, «Transparency International» setzt den Iran auf Rang 131 auf dem
Welt-Korruptions-Index. Ein Hort der Harmonie und Nächstenliebe sieht anders
aus.
Das Unheil begann
1979 durch die islamische Revolution, als Ayatollah Khomeini den Schah stürzte,
und der Iran eines der wenigen theokratischen islamischen Länder der Welt
wurde.
Aus 350
wurden bis zu drei Millionen
Umgehend wurden die
presbyterianischen Missionare aus dem Land geworfen, die seit 1830 vor Ort
waren. «Jeder dachte, dass die Kirchen geschlossen werden und die kleinen
christlichen Gemeinschaften aussterben», sagt Shadi Fatehi vom «PARS Theological
Center» in London.
«Damals lebten im
Iran nur 350 Christen mit muslimischem Hintergrund.» Doch heute, 40 Jahre
später, leben dort zwischen 800'000 bis drei Millionen Christen mit
muslimischem Hintergrund.
«Da geschieht etwas
ganz Besonderes und Historisches. Immer mehr Menschen fragen mich, weshalb so
viele zum Glauben kommen und wie sie die Frohe Botschaft erfahren.» Darauf gibt
es mehrere Antworten: Durch Technologie, die in früher unerreichbare Orte
vordringt, «und etwas, das unter Muslimen oft geschieht: dass sie Jesus durch
Träume und Visionen kennenlernen».
Evangelisation
im Bus
Die Familie eines
Studenten der PARS, der vor einigen Jahren Christ wurde, war verzweifelt und
verärgert, dass ihr ältester Sohn Christ geworden war. «Sie hielten ihn für
einen Abtrünnigen, einen Ungläubigen, und sie wussten nicht, was sie mit ihm
machen sollten.»
Gleichzeitig war er
sehr daran interessiert, seine Eltern für Christus zu gewinnen – besonders
seine Mutter, die sich über die Bekehrung ihres Sohnes sehr ärgerte. Seine
Mutter war Analphabetin und bereits alt, also beschloss er, ihr das Evangelium durch
Bibel-Kassetten und CDs weiterzugeben.
Fatehi: «Im Laufe
einiger Monate hörte sich die Mutter diese Bänder an und entschied sich, ihr
Leben Christus anzuvertrauen. Sie war so leidenschaftlich für Christus, dass
sie etwas für Gott tun wollte. Doch wie kann eine analphabetische ältere Frau
etwas Bedeutendes tun? Sie beschloss, einen Freund zu bitten, für sie «Die
Seligpreisungen» von Matthäus 5 auf ein Blatt Papier zu
schreiben. Auf ihrer regelmässigen Busfahrt suchte sie jeweils nach einem
jungen Mädchen oder Jungen und bat diese, ihr die Bibelworte vorzulesen, mit
der Begründung, dass sie nicht lesen könne.
Wer kann schon einer
älteren Dame einen Wunsch abschlagen? «Unter dem Vorwand schlecht zu hören, bat
die Mutter jeweils, etwas lauter zu lesen. So hörte nicht nur die
Person, die vorlas, die Worte, sondern auch der halbe Bus. Viele Male wandten
sich die Leute an sie und fragten: 'Woher hast du das? Wir haben noch nie zuvor
eine so schöne Botschaft gehört. Wer hat das gesagt, wir haben das nicht in
unseren Büchern? Wo können wir mehr Informationen finden? Wessen Worte sind
das, wir wollen mehr darüber wissen?' Natürlich beginnen und entwickeln sich
dann jeweils Gespräche. Die Frau hat viele Menschen zu Christus geführt, etliche
darunter auch in die Hauskirchenbewegung, der sie angehört.»
Freud und
Leid
Gleichzeitig ist
der Druck im Land gross. Noch immer gehört das Christentum im Iran zu jenen
Konfessionen, die am schnellsten wachsen. «Wir können im Moment keine
Ausbildungsprogramme im Iran durchführen. Die Kirche ist komplett
untergetaucht. Sie besteht heute aus Hauskirchen und Hauskirchennetzen. Es gibt
keine offiziellen Farsi-sprechenden, Farsi-geführten Kirchen, die im Iran
operieren dürfen.»
Der Bedarf an
christlichen Leitern, an Führungskräften mit theologischer Ausbildung, ist
gross. «Deshalb wurde für die junge und blühende Kirchenbewegung im Iran das
'PARS Theological Center' gegründet.» Es besteht aus einem überkonfessionellen Team von
30 Pastoren, Beratern und Mentoren. 2010 gegründet, wächst das Institut unter
anderem auch durch Online-Kurse. «Gott wirkt etwas Erstaunliches unter den
Muslimen. Ich denke, wir als Kirche müssen uns darauf einstellen und es uns zunutze machen.»