Die Kindheit von Livia Hasler aus Arch gestaltete sich
nicht einfach. Nach Gotteserfahrungen als Teenager fand ihr Leben zu
ganz neuer Qualität. Heute weiss sie, dass Gott real ist und Menschen
verändert.
In Livias Familie ging es rau zu. Psychische und physische
Gewalt waren normal und öfters setzte sich ihr Vater auch mit
Faustschlägen durch. So suchten sie und ihre beiden älteren Brüder oft
Zuflucht bei den Grosseltern, die im selben Haus lebten.
Angst, Trost und Schüchternheit
«In meiner Kindheit hatte ich immer Angst, wenn irgendein Herr mit
meiner Mutter redete. Ich versuchte dann, mich hinter meiner Mutter zu
verstecken.» Livia war ein sehr schüchternes Kind, stets darauf bedacht,
Schwierigkeiten aus dem Weg zu gehen. Sie übernachtete oft bei ihrer
Grossmutter, wo Livia lernte zu Beten und Loblieder zu singen. Hier
lernte sie auch zum ersten Mal Gott kennen.
In der Schule beobachtete
sie den Umgang anderer Väter. «Wenn Väter ihre Kinder umarmten oder auf
den Schoss nahmen, berührte mich das sehr.» Das wünschte sie sich auch
für sich selbst. Lange glaubte sie, dass die meisten Familien perfekt
seien, die Eltern sich nur lieben und es keinen Streit gibt. Es kam ihr
vor, als wäre ihre Familie die seltene Ausnahme.
Ein einschneidendes Jahr
Im Herbst 2010, Livia war knapp neun Jahre alt, musste Grossmutter
eine schwierige Herzoperation über sich ergehen lassen und war
anschliessend auf Erholung angewiesen. Angesichts des Streits und Lärms
in Livias Familie im oberen Stockwerk war dies jedoch nicht möglich. So
erklärte sie, nur nach Hause zurückzukehren, wenn Livias Vater
auszieht. Diesen «Schubs» brauchte ihre Mutter. Mit Hilfe ihrer
Schwester warf sie ihren Mann raus. «Von da an kehrte Ruhe in unserer
Familie ein.» Der Vater zog in seine Herkunftsgegend, die Scheidung folgte.
Die Kinder blieben bei der Mutter.
Im selben Jahr, um Weihnachten, war die alleinerziehende Mutter so
überfordert, dass sie sich entschied, Livias älteren Bruder, der ADHS
hatte, in ein Heim zu schicken. Anfang des Jahres 2011 erlitt der
Grossvater den ersten Herzinfarkt. Dies alles waren einschneidende Ereignisse,
die Livia kaum verarbeiten konnte.
Lebensverändernde Jugendlager
Manchmal verbrachte Livia Ferien bei ihren Verwandten. Mit einer
Cousine hatte sie ein besonders gutes Verhältnis. 2012 gingen die
Mädchen gemeinsam in ein Jugendlager. «Dort erfuhr ich zum ersten Mal,
dass Gott ein Vater ist, der mich liebt.» Sie fühlte, dass Gott ein ganz
anderer Vater war als ihr leiblicher Vater. «Gott liebt mich!» Diese
Wahrheit berührte sie zutiefst. «Viele bezeichneten Gott als ihren
Vater. Für mich war dies damals befremdend.» Sie spürte aber die
Liebe Gottes ganz real. Eine Veränderung begann.
Nach dem Jugendlager war es für Livia schwer, ihren Glauben zu
pflegen und so verkümmerte dieser. Zwei Jahre später ging Livia erneut
in ein christliches Jugendlager – wieder zusammen mit ihrer Cousine.
Diesmal traf sie die Entscheidung, dass Jesus Teil ihres Lebens sein
sollte. Die Begeisterung blieb und im folgenden Jahr wollte sie
unbedingt wieder bei diesem Lager teilnehmen. Am 7. Juli 2015 machte
Livia dann eine tiefe Gotteserfahrung. «Gefühlte zwei Stunden konnte ich
nicht mehr aufhören zu lachen und gleichzeitig zu weinen.» Ihr
Innerstes wurde neu gemacht, Wunden geheilt und Defizite gestillt.
Gleichgesinnte gefunden
Jetzt wollte Livia unbedingt auch in der Region Biel Kontakt mit
jungen Christen knüpfen. So suchte sie eine Kirche mit Jugendlichen, die
dasselbe Leben mit Gott suchten wie sie selbst. «Als ich eine
Einladung für einen Jugendgottesdienst erhielt, fragte ich meinen
Bruder, ob er mich begleiten würde.» Damals war Livia sehr schüchtern –
wer sie heute kennt, kann sich dies kaum mehr vorstellen. Sie fand
schnell Freunde und in der Jugendgruppe ein Zuhause.
Irgendwann sagte sie zu ihrem Pastor: «Wenn du jemanden brauchst, der
in der Jugendarbeit mithilft, bin ich bereit.» So begann Livia
anzupacken und übernahm zunehmend Verantwortung. Nach Abschluss ihrer
Berufslehre zur Coiffeurin im Sommer 2020, machte sie ein einjähriges
Praktikum in ihrer Freikirche. «Dies half mir, um selbstständig zu
werden.» Jetzt plant sie, ein Theologiestudium in Angriff zu nehmen.
Verändertes Leben
Heute kann sich Livia nicht mehr vorstellen, wie ein Leben ohne Jesus
sein könnte. Durch ihn hatte sich ihr Leben verändert, ihre
Lebensfreude ist ansteckend. Einige Spuren aus der Vergangenheit spürt
sie aber auch heute noch. So passiert es beispielsweise, dass sie von
einem gewissen Typ Mann ohne ersichtlichen Grund eingeschüchtert wird.
Das kommt aber nur noch selten vor.
Vor mehreren Jahren fand auch Livias Vater zum Glauben an Jesus
Christus. «Er hat sich mega verändert und ich verstehe mich besser mit ihm.» Die Veränderung ihres Vaters zu beobachten, bestätigte Livia
zusätzlich, dass Gott tatsächlich jeden Menschen liebt und jedes Leben
verändern kann.