Onkologe und Patientencoach

Gerd Nagel: «Patienten sollten mehr Fragen stellen»

Um eine Krankheit besser überwinden zu können, braucht es auch den «inneren Arzt». Patienten sollten lernen, ihre eigenen Ressourcen zu nutzen. Das meint Prof. Dr. med. Gerd Nagel. Der renommierte Krebsspezialist spricht auch als Betroffener. Er wurde von Blutkrebs geheilt. Dann erlebte er noch mehr: eine tiefe Bekehrung.
Gerd Nagel
Patientencoach Gerd Nagel

Der mehrfach ausgezeichnete Prof. Dr. med. Gerd Nagel hat sich im Laufe der Jahre vom Arzt zum Patientencoach entwickelt. Und vom Onkologen zum vorübergehenden Krebspatienten. Trotz seiner mittlerweile über 80 Jahren setzt er sich heute für Patientenkompetenz ein, wie in einem Interview im evangelischen Wochenmagazin ideaSpektrum 48/2018 zu lesen ist.

«Ich kannte mich nicht mehr»

Patientenkompetenz ist für Professor Nagel «die Fähigkeit, die eigenen Ressourcen zur Krankheits- oder Krisenbewältigung zu entdecken, zu stärken und zielgerichtet einzusetzen.»

Der Schock bei der Diagnose seiner eigenen Krebsdiagnose war nicht so sehr die Diagnose an sich. Er fragte sich: «Was kann ich nun selbst für mich tun? Wo liegen meine Ressourcen?» Und dann kam der Schock. «Ich kannte mich nicht mehr. Als Mensch, der in einem Hamsterrad der Karriereleiter drin war, hatte ich beruflich alles gewonnen, aber mich selbst verloren.» Er entschloss sich zur Therapie. Aber niemand in seiner Umgebung sollte merken, was eigentlich lief. Er wollte seine Karriere nicht aufs Spiel setzen. Nur zwei Kollegen wurden eingeweiht. Behandlungen fanden nur am Wochenende im Ausland statt. Am Montag war er wieder im Büro. «Ich war doch endlich jemand und wollte nicht demontiert werden in meiner Stellung, meinem Einfluss, meiner Macht, meinem Ansehen.» Und doch war er nicht nur in einer Krankheitskrise. «Ich war auch in einer Lebenskrise, einer Sinnkrise, einer Ehekrise, wahnsinnig gefordert im Beruf. Das alles kam zusammen zu einem Cocktail, der schwer erträglich war.»

Einen Vater erlebt

2005 hatte er ein tiefes, erschütterndes Bekehrungserlebnis. Sein Sohn Adrian lud ihn zu einem Männerwochenende in der «Schleife» in Winterthur ein. Sein Sohn hatte in eine sehr gläubige Familie hineingeheiratet. Es war ihm ein Herzensanliegen, dass sein Vater näher zu Gott fände. «Da ist es plötzlich passiert. Ich konnte gar nichts machen. Es hat mich einfach überwältigt.» Er, der früh seinen Vater verloren hatte, hatte plötzlich wieder einen Vater. Damit bekam sein Glauben ein ganz neues Fundament.

Dieses neue Erleben gab Professor Nagel eine neue Dimension für seine bereits begonnene Tätigkeit als Patientencoach. Er habe immer wieder erfahren, dass die Ressource Glaube eine sehr starke Kraft sei, manchmal sogar die stärkste Kraft, um in Krisen zu bestehen und zu genesen, sagt er im Interview mit idea. Und darum habe er nun die spirituelle Dimension mit jedem Patienten angesprochen.

«Gekonnt Patient sein»

Wenn man unter den von ihm geförderten Patienten-Kompetenzen die inneren Kräfte verstehe – man spreche auch vom «inneren Arzt» –, dann sei das Internet nicht hilfreich für den persönlichen Prozess. Professor Nagel ist überzeugt, dass es vielmehr das Gespräch mit Menschen brauche, die einem helfen, die eigenen Ressourcen zu erkennen. Oder moderner ausgedrückt: «Man braucht einen Patientencoach, der einem hilft, wenn schon Patient, dann auch gekonnt Patient zu sein.»

Lesen Sie das Interview mit Prof. Gerd Nagel im Wochenmagazin ideaSpektrum 48-18.

Zum Thema:
Heil und Heilung: Keine Evangelisation ohne das Übernatürliche
Wunder erlebt: «Ich konnte nicht glauben, dass Gott heute noch heilt»
Umgang mit Krebspatienten: Frieden bringen, der weiter reicht als einfache Heilung

Datum: 10.12.2018
Autor: Andrea Vonlanthe / David Gysel
Quelle: idea Schweiz

Verwandte News
Werbung
Werbung
Livenet Service